Ekelhaft oder Delikatesse

Pferdefleisch essen: Leckere Alternative oder absolutes No-Go?

Stefan Besner

Online-Redaktion

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1.4.2024, 14:30 Uhr
Pferdefleisch zählt zu den ältesten Nahrungsmitteln unserer Geschichte.

© IMAGO Pferdefleisch zählt zu den ältesten Nahrungsmitteln unserer Geschichte.

Einst kam Pferd auf den Tisch. Nein, natürlich nicht als blinder Passagier in der Lasagne, sondern absichtlich, freiwillig - weil man es wollte. Diese noch nicht allzu fernen Zeiten scheinen lange vorbei - zumindest in Deutschland.

In Japan gilt Pferdefleisch hingegen als Delikatesse, die Franzosen können es im Supermarkt kaufen und in Italien steckt es sogar im Babybrei. Was spricht dafür, was gegen den Konsum? Und warum gibt es hierzulande nur noch wenig Angebot?

Wie schmeckt Pferdefleisch?

Pferdefleisch zählt zu den ältesten Nahrungsmitteln unserer Geschichte. Höhlenmalereien weisen darauf hin, dass Pferde schon in der vergangenen Eiszeit eine beliebte Beute unserer Vorfahren waren. Pferdefleisch hat äußerlich starke Ähnlichkeit mit Rindfleisch. Es ist rot und besitzt eine feste, zarte Konsistenz. Das Fleisch junger Pferde schmeckt zudem ähnlich wie Rind, das älterer Tiere ist leicht säuerlich und wird als besonders zart geschätzt.

Ist Pferdefleisch gesund?

Pferdefleisch enthält im Vergleich zu Rind nur halb so viel Fett, liefert unserem Körper laut "Geo" doppelt so viel lebensnotwendiges Eisen und fast dreimal so viel Kalzium, ist demnach also gesünder als andere Fleischsorten. Auch in puncto Tierwohl schneiden Pferde besser ab als andere Nutztiere. Viele Pferde verbringen einen Großteil ihres Lebens auf der Weide und fristen ihr Dasein nicht in dunklen, engen Ställen wie Millionen Rinder, Schweine oder Hühner, die ausschließlich zum Verspeisen gezüchtet werden.

In Deutschland darf zudem kein Pferd ohne Equidenpass geschlachtet werden. Darin notieren Tierärzte, ob das Tier schon einmal krank war oder mit Medikamenten behandelt wurde. Darin ist ebenso vermerkt, ob der Besitzer das Tier zur Schlachtung freigibt. Gerade alte und lahme Pferde können so als Fleischlieferanten noch sinnvoll verwertet werden.

Immer weniger Pferde werden geschlachtet

In Deutschland sinkt der Konsum von Pferdefleisch dennoch kontinuierlich. 1993 wurden nach Informationen der "Tagesschau" deutschlandweit fast 16.000 Pferde geschlachtet, im Jahr 2023 waren es nur noch rund 3.000, in Bayern lediglich knapp 500. Um die Größenordnung einschätzen zu können: Vergangenes Jahr wurden mehr als 42 Millionen Schweine und fast drei Millionen Rinder in Deutschland geschlachtet.

Pferdefleisch ist inzwischen ein Nischenprodukt. Das liegt vor allem daran, dass Landwirte oder Reitschulen früher viele Tiere besaßen und diese auch zur Schlachtung freigaben. Heute werden Pferde meist von Privatleuten gehalten, die sehr an ihren Tieren hängen. Wie der "BR" berichtet, gibt es in Deutschland inzwischen sogar Pferdekrematorien, in denen man sein Tier "würdevoll" bestatten lassen kann.

Nachfrage nach Pferdefleisch vorhanden

Das Angebot richtet sich laut "BR" nicht zwangsläufig nach der Nachfrage. Wie Kaspar Wörle, der letzte Pferdemetzger Münchens, in einer Reportage erklärt, ginge das Fleisch "sehr gut" unter den Kunden. In seinem Geschäft am Viktualienmarkt verkauft er Pferde-Spezialitäten wie Schinken, Lende oder vor allem Wurst. Aus maximal 100 Kilometern rund um München kommen die Pferde. Sie werden von Wörle abgeholt, geschlachtet und selbst verarbeitet. Seine Kunden reichen eigenen Angaben zufolge vom Ottonormalverbraucher bis in die Prominenz.

"Die beste Wurst.", schwärmt ein Kunde und führt weiter aus: "Da weiß man wenigstens, wo's herkommt."

Warum hat Pferdefleisch einen derart schlechten Ruf?

Der miserable Ruf des Pferdefleischs hat nach Informationen des "Spiegel" unter anderem auch einen geschichtlichen Hintergrund: 732 verbot Papst Gregor III., Pferde zu essen - womöglich aus ganz profanen Gründen. Damals gab es angeblich einen Engpass an Streitrössern und der Papst, als weltlicher Kriegsherr, wollte verhindern, dass sie in Kochtöpfen landeten. Erst mit der Reformation wurde das Fleisch wieder beliebter, blieb aber das Nahrungsmittel der Armen und wurde nur in Notzeiten von der breiten Bevölkerung gegessen. Im Zweiten Weltkrieg litten Soldaten so großen Hunger, dass sie verendete Pferde zerlegten und aßen. Auch in der Nachkriegszeit gab es bei vielen Familien Pferdesuppe.

Der entscheidende Grund, warum viele Menschen bei Pferdefleisch angewidert den Mundwinkel verziehen, während anderes Fleisch, zum Beispiel Kalb, ohne mit der Wimper zu zucken verspeist wird, ist ganz einfach unser verändertes Verhältnis zu den Tieren. Sie sind häufig keine Nutztiere mehr, sondern Sportkameraden, Gefährten, Prestigeobjekte oder gar Freunde. Ebenso wenig würden die meisten wohl ihren Hund oder ihre Katze essen.