"Stopcovid": Kettenbrief verbreitet Falschinformationen über Corona-Warn-App

18.6.2020, 14:56 Uhr
Seit dem 16. Juni ist die Corona-Warn-App von Bundesregierung zum Download in App-Store und Play-Store erhältlich. Sicherheitsbedenken konnten bisher auf Berufung diverser Experten entkräftigt werden.

© imago images/Jan Huebner Seit dem 16. Juni ist die Corona-Warn-App von Bundesregierung zum Download in App-Store und Play-Store erhältlich. Sicherheitsbedenken konnten bisher auf Berufung diverser Experten entkräftigt werden.

Bereits seit Mai kursiert in verschiedenen Messenger-Diensten ein Kettenbrief, der erst jetzt Aufmerksamkeit erlangt. Der Brief greift eben diese Bedenken auf, die radikale Datenschützer aber auch Menschen bewegen, die noch mit sich am hadern sind, ob sie sich die App herunterladen sollen. Der Brief im Wortlaut:

"Moin, es ist soweit, gestern, 16. Juni 2020 ging es los; die Corona-Warn-App ist da. Ich möchte erneute eine Bitte aussprechen an alle meine Kontakte, Freunde und Bekannte, die die neue App STOPCOVID nutzen wollen. Nimm es nicht persönlich, aber bitte streiche mich von Deiner Telefonkontaktliste und allen Social Media-Plattformen, die Du verwendest, bevor Du die App auf Deinem Smartphone installierst, oder sie installieren lässt ohne sie wieder zu entfernen. Du hast NICHT meine Zustimmung, meine Telefonnummer in Verbindung mit der Stopcovid App zur Identifizierung, Tracking oder Standortbestimmung meiner Person zu verwenden, denn wenn Du diese App hast, kann auf alle Deine Kontakte via App zugegriffen werden. Zu diesem Dossier hast Du nicht meine Zustimmung, mich in Deine persönliche Wahl mit einzubeziehen diese App zu nutzen, und ich ziehe jede Zustimmung zurück, meine Kontaktdaten in Verbindung mit der Stopcovid App zu nutzen bzw zu speichern. Ich weise an dieser Stelle auf die Datenschutzgrundverordnung DSGVO hin, die untersagt, dass ohne Zustimmung keine persönliche Daten wie z.b. Telefonnummern oder Adressen gespeichert werden dürfen. Wenn Du die APP nicht nutzt oder nutzen willst, kannst Du das gern kopieren und weiter geben Ich respektiere Deine Wahl. Danke, dass Du meine auch respektierst."

Greift die App auf die Kontakte zu?

Gleich vorab: Die App greift nicht auf Kontakte zu. Das größte Bedenken des Verfassers ist zugleich die Schwachstelle in der Argumentation. Denn: Die jeweiligen Messengerdienste, über die der besagte Brief an die Empfänger gelangt, haben nämlich bereits Zugriff auf die Kontaktdaten des jeweiligen Smartphones.

Bereits vor dem Release der App konnten Experten den Quellcode prüfen, die Funktionsweise nachvollziehen und sogar Verbesserungsvorschläge einreichen. Diese Transparenz erntete viel Lob. Selbst der 'Chaos Computer Club' bescheinigt der App "keine nennenswerten Mängel" zu haben. Andernfalls würde er vor einer Installation warnen.


Download, Sicherheit, Nutzen: Antworten zur Corona-Warn-App


Die Benachrichtigung im Falle einer Infektion werden auch nicht an die privaten Kontakte im Adressbuch verschickt, sondern nur an die anderen App-Nutzer, die dem Infizierten in den letzten 14 Tagen zu nahe gekommen sind. Das geschieht allerdings völlig anonym mithilfe verschlüsselter Zahlencodes, welche die Smartphones über Bluetooth austauschen sobald sich die Nutzer zu nahe kommen.

Trackt die App den Standort?

Grundsätzlich heißt es bei den Fragen und Antworten der Bundesregierung zur App: "Daten, die eine Person identifizierbar machen, insbesondere Positionsdaten, werden nicht ausgelesen, verwendet oder gespeichert." Die App nutzt Bluetooth und kein GPS-Signal und Geodaten sowie Bewegungsprofile werden demnach nicht ausgewertet.

Dennoch müssen speziell Android-Nutzer bei der Installation der App den Zugriff auf den Standort erlauben. Android-Hersteller Google äußerte dem "Spiegel" gegenüber, dass dies mit dem Datenschutz zusammenhänge. Bluetooth könne prinzipiell mit bestimmten Apps dazu genutzt werden, um den Standort zu ermitteln. Google will deshalb für alle Apps und nicht nur für die Corona-Warn-App sicherstellen, dass Nutzer kontrollieren könnten, wann ihr Standort ermittelt werden könnte.


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Ohne Aktivierung des Standorts könnten also keine anderen Geräte mit Bluetooth erkannt werden. Die App und Rückverfolgung der Kontakte würde also nicht funktionieren, weil die Smartphones keine Zahlencodes via Bluetooth austauschen könnten. Im gleichen Zusammenhang haben jedoch bereits mehrere Experten bestätigt, dass hierdurch keine Standortdaten gespeichert oder genutzt werden. Weder von der Bundesregierung, noch vom Robert-Koch-Institut.

Wozu die Kamera-Berechtigung?

Die Zugriffserlaubnis der App auf die Kamera des Handys hat folgenden Grund. Wird ein Nutzer positiv getestet, kann er das Ergebnis in die App eintragen. Die Kontakte der letzen zwei Wochen bekommen dadurch eine Nachricht, dass sie einer mit dem Coronavirus infizierten Person nahe gekommen sind. Um einen Missbrauch dieser Funktion zu verhindern, gibt es eine Schranke zur Sicherung. Mit dem positiven Testergebnis erhält der Nutzer vom Arzt oder Testlabor eine TAN oder auch einen QR-Code. Nur mit deren Eingabe kann die Benachrichtigungsfunktion freigeschaltet werden. Um den QR-Code einzuscannen, benötigt die App Zugriff auf die Handykamera.


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