Anflüge von Separatismus: Nürnberg präsentiert sich in München

1.5.2019, 15:42 Uhr
Der Franke sei tief von Optimismus beseelt, überraschte Ministerpräsident Söder bei der Abendveranstaltung im Landtag seine Zuhörer, "aber wir drängen ihn niemals auf".

© Rolf Poss Der Franke sei tief von Optimismus beseelt, überraschte Ministerpräsident Söder bei der Abendveranstaltung im Landtag seine Zuhörer, "aber wir drängen ihn niemals auf".

Seine Aussage hatte Söder während der Präsentation der Metropolregion Nürnberg in der Landeshauptstadt getroffen. Dabei stellte eine etwa 100 Personen zählende Delegation aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur Themen und Projekte der Region einzelnen Ressorts der Staatsregierung vor. Die "Europäische Metropolregion Nürnberg" umfasst mit 3,5 Millionen Einwohnern beinahe ein Drittel der Bevölkerung Bayerns und reicht vom thüringischen Landkreis Sonneberg bis Gunzenhausen an der Grenze zu Oberbayern im Süden und vom unterfränkischen Landkreis Kitzingen bis nach Weiden in der Oberpfalz. Würzburg war am Anfang mit dabei, verließ dann aber die vor allem von Nürnberg vorangetriebene Metropolregion und wird seither als "Metropolprovinz" verspottet.

Ministerpräsident Söder lobte gleichwohl die fränkische Zusammenarbeit und konnte sich einen Seitenhieb auf die kommunalpolitische Atmosphäre im Großraum München nicht verkneifen. Im Süden des Freistaats habe der Ministerpräsident bei der Weiterentwicklung des ÖPNV die "Sprachlosigkeit" zwischen München und den Nachbar-Landkreisen überbrücken müssen, in der Metropolregion Nürnberg laufe die Zusammenarbeit ohne Eingriffe von oben. Neben Nürnberg, Fürth und Erlangen sind die Städte Ansbach, Schwabach, Amberg, Weiden, Bamberg, Bayreuth, Coburg und Hof nebst den dazugehörigen Landkreisen Mitglieder der Metropolregion.

Die Akquisitionswaffe von Siemens

1,9 Millionen Erwerbstätigen erwirtschafteten 2018 ein Bruttoinlandsprodukt von 134 Milliarden Euro. Und - was besonders hervorgehoben wurde - 96 Prozent der Metropolregionsbewohner bewerten ihre Lebensqualität als "hoch". In München trafen sich die Vertreter der Metropolregion nicht nur mit einem fränkischen Ministerpräsidenten, sondern auch auf die Staatsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler, Wirtschaft), Thorsten Glauber (Freie Wähler, Umwelt), Michael Piazolo (Freie Wähler, Kultus), Bernd Sibler (CSU, Wissenschaft) und Kerstin Schreyer (CSU, Soziales), sondern auch mit Landtagsvizepräsident Karl Freller (CSU) aus Schwabach. Der listete im Schnelldurchgang auf, was die Region in den letzten Jahrhunderten alles an Innovationen hervorgebracht hatte, unter anderem das erste E-Mobil, die Papiermühle, die Schuko-Steckdose, die Soziale Marktwirtschaft, das MP3-Format, Jeans und Tempo-Taschentücher: "Innovativer geht's nicht mehr".

Der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) war die treibende Kraft beim Zustandekommen der Metropolregion. In seinem vorletzten Regierungsjahr rechnete er - "zuständig für Völkerverständigung und Ethnologie" - ironisch mit der oberbayerischen Überheblichkeit, maßgeblich transportiert durch eine süddeutsche Zeitung, ab. "Einen Franken sollte man zum Freund haben, aber nicht zum Nachbarn", drohte Maly: "Liebe Freunde aus Oberbayern, es grüßen euch eure Nachbarn aus dem Norden".

Für den Siemens-Konzern würdigte dessen Finanzvorstand Ralf Thomas die besonderen Vorzüge des Standorts Erlangen. Die ultimative "Akquisitionswaffe" sei die Entführung potenzieller Kunden auf die Erlanger Bergkirchweih. Der in München geborene Datev-Vorstandsvorsitzende Robert Mayr bekundete, er fühle sich wegen der "außergewöhnlichen Menschlichkeit der Franken" in Nürnberg "sauwohl".

Einblicke in die fränkische Seele

Der Franke sei tief von Optimismus beseelt, überraschte Ministerpräsident Söder in der Abendveranstaltung im Landtag seine Zuhörer, "aber wir drängen ihn niemals auf". OB Maly wurde etwas konkreter: Die Franken rechneten immer mit dem Schlimmsten, seien aber nicht wirklich froh, wenn es nicht eintreffe, denn es werde wahrscheinlich nichts Besseres nachkommen. Diese Einstellung sei Voraussetzung, "Club-Fan" zu werden, so das Nürnberger Stadtoberhaupt. Ein wenig hinderlich sei diese Einstellung schon, meinte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und Wahl-Nürnberger Dieter Kempf. Die Franken seien stolz auf das, was sie können, aber nicht herzeigen wollen, um gelegentlich "in tiefer Eigenbrötelei zu versinken".

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