Angriff in Syrien: Menschen erstickten an Nervengift

5.4.2017, 14:30 Uhr
Ein von der "Syria Civil Defence" (Weißhelme) zur Verfügung gestelltes Foto zeigt einen freiwilligen Helfer, der ein Opfer eines mutmaßlichen Giftgasangriffs in Chan Scheichun versorgt.

© Syria Civil Defence/ZUMA/dpa Ein von der "Syria Civil Defence" (Weißhelme) zur Verfügung gestelltes Foto zeigt einen freiwilligen Helfer, der ein Opfer eines mutmaßlichen Giftgasangriffs in Chan Scheichun versorgt.

Wie die WHO in Genf mitteilte, zeigten die Opfer typische Symptome, die bei Kontakt mit Chemiewaffen auftreten. Bei einigen Opfern deuten die Symptome demnach auf den Einsatz "phosphororganischer Chemikalien" hin, zu denen auch die sogenannten Nervenkampfstoffe gehören.

Für den Einsatz von Chemiewaffen spricht nach Angaben der WHO auch, dass die verletzten und getöteten Menschen keine äußerlichen Verletzungen aufwiesen. Stattdessen seien bei den Betroffenen schnell ähnliche Symptome aufgetreten. Die häufigste Todesursache sei akute Atemnot gewesen. Viele der Verletzten hatten geweitete Pupillen, Schaum vor dem Mund und Krämpfe.

Bei dem Luftangriff auf die Stadt Chan Scheichun habe die syrische Luftwaffe ein von Rebellen genutztes Lager mit Giftstoffen getroffen, erklärte das russische Verteidigungsministerium. Aus "objektiven Daten" der russischen Luftraumkontrolle gehe hervor, dass die syrische Luftwaffe ein "großes Lager von Terroristen" in der Nähe der Stadt bombardiert habe. In dem Lager habe sich eine "Werkstatt zum Bau von Bomben" befunden. Dort seien Giftstoffe gelagert worden.

Die syrische Armee wies jegliche Verantwortung "kategorisch" zurück. Sie habe niemals Giftgas eingesetzt und werde dies auch künftig nicht tun. Vielmehr seien "terroristische Gruppen" verantwortlich.


Kommentar: Wem nutzt der Giftgasangriff in Syrien?


Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, stieg die Zahl der Todesopfer inzwischen auf mindestens 72. Bislang war von 58 Toten die Rede gewesen. Nach Angaben der Beobachtungsstelle gibt es auch noch Vermisste. Sie vermutet daher, dass die Opferzahl weiter steigen könnte.

Westen will Angriff als Kriegsverbrechen ahnden

Der Westen will den mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien als Kriegsverbrechen ahnden: Die „schrecklichen Ereignisse“ seien ein Beleg für anhaltende Kriegsverbrechen in Syrien, sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg verurteilte die "schrecklichen Angriffe".  Es sei bereits das dritte Mal im vergangenen Monat, dass in Syrien über die Nutzung von Giftgas berichtet werde, erklärte Stoltenberg in Brüssel.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte, "die Verantwortlichen vor ein internationales Gericht zu bringen". Er stellte außerdem für die humanitäre Hilfe in Syrien und den Nachbarländern weitere rund 1,3 Milliarden Euro in Aussicht,  "einfach weil die Lage vor allem in den Nachbarstaaten dramatisch ist".

Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA machten die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad für den Angriff verantwortlich. Russland bestreitet, dass die Assad-Truppen das Giftgas selbst eingesetzt haben.

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