Asylstreit: Ministerpräsident Söder setzt auf Österreich

20.6.2018, 18:51 Uhr
Asylstreit: Ministerpräsident Söder setzt auf Österreich

© Peter Kneffel/dpa

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat im Asylstreit mit der CDU Kanzlerin Angela Merkel vor finanziellen Zugeständnissen gegenüber anderen EU-Ländern gewarnt. "Wir können jetzt nicht zusätzliche Schattenhaushalte auf den Weg bringen oder versuchen, die Stabilität der Währung aufzuweichen. Oder gar am Ende mit deutschen Zahlungen versuchen, irgendwelche Lösungen zu erreichen", sagte der CSU-Politiker am Mittwoch am Rande eines Treffens mit dem österreichischen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Linz. Mit Blick auf die von Merkel angestrebte europäische Einigung in der Frage forderte Söder eine rasche Wirkung.

Finanz- und Asylpolitik unterschiedliche Bereiche

Die Finanz- und Asylpolitik seien zwei unterschiedliche Bereiche, sagte Söder. "Es braucht ein klares Rechtsstaatsprinzip. Und man braucht eine klare Auffassung zur Finanzstabilität." Die CSU verlange die Einberufung des Koalitionsausschusses. Zuvor hatte die Bild-Zeitung über diese Forderung berichtet. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) räumte im ZDF-Morgenmagazin ein, dass er in seinen 13 Jahren im Amt eine solch schwierige Lage im Verhältnis zwischen den Schwesterparteien noch nicht erlebt habe.

Statt Zahlungen unter den EU-Staaten solle besser Geld für "Schutzzonen in Afrika" ausgegeben werden. Das Abschließen entsprechender Verträge sei eine Schlüsselaufgabe europäischer Politik, sagte Söder. Es gehe darum, der Bevölkerung zu signalisieren, dass es keinesfalls wieder zu einer Situation wie beim bisherigen Höhepunkt der Migrationskrise im Herbst 2015 komme werde.

Ziel: Euro krisenfester machen

Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatten bei ihrem Treffen am Dienstag ein solches Eurozonen-Budget im Rahmen der bisherigen Haushaltstrukturen und ohne Angaben zur Höhe für 2021 vereinbart. Ziel von Merkel und Macron ist es, den Euro krisenfester zu machen und eine milliardenschwere Investitionsoffensive zu starten. Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD vereinbart, die Eurozone finanziell stabilisieren und die Grundlage für einen eigenen Investitionshaushalt schaffen zu wollen.

Zur Begrenzung der Zuwanderung setzt Söder auf die von Österreich geforderte Verstärkung des Schutzes der EU-Außengrenzen. "Bayern und Österreich haben eine gemeinsame Überzeugung und Haltung", sagte Söder. Europa sei ein weltoffener Kontinent, brauche aber einen besseren Schutz der Außengrenzen und eine Begrenzung der Zuwanderung. "Wir erreichen europäische Maßnahmen auch dadurch, indem wir auch mit nationalen Vorgaben ein gutes Konzept anbieten können."

Eine europäische Regelung, wie sie Merkel bis zum großen EU-Gipfel Ende des Monats anstrebt, sei wünschenswert, jedoch dürfe dies nicht dazu führen, dass die geforderte Zurückweisung von bereits in anderen europäischen Ländern registrierten Flüchtlingen dadurch auf die lange Bank geschoben werde. "Man kann in Europa nur was bewegen, wenn man die eigene Bevölkerung hinter sich hat", sagte Söder.

Keine Lösung bis Ende des Monats - wohl Ende der GroKo

Sollte Merkel bis Ende des Monats keine europäische Lösung in dieser Frage präsentieren, droht CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer offen mit einem politschen Alleingang, der das Ende der großen Koalition in Berlin wohl zwangsläufig zur Folge haben dürfte.

Kurz betonte, dass er den Schutz der EU-Außengrenzen in den Mittelpunkt der im Juli startenden Ratspräsidentschaft seines Landes stellen wolle. Söder hofft, dass dies der Zuwanderungsfrage neuen Schwung geben wird. Wiederholt machte der ÖVP-Chef deutlich, dass die deutsche Asylpolitik von 2015 für die Kontrollen an innereuropäischen Grenzen verantwortlich sei. Diejenigen, die damals die Grenzen geöffnet hätten, "haben es verschuldet, dass es heute Grenzkontrollen gibt zwischen Österreich und Bayern, Ungarn und Österreich, Italien und Österreich, und die Situation vielleicht noch schlimmer wird", sagte Kurz.

Kritik an Blockabfertigung auf Straßen Richtung Tirol

Keine Einigung erzielen konnten die beiden Nachbarländer in den Streitfragen im Bereich Transit. Bayern und Deutschland kritisieren schon lange die Blockabfertigung von Lastwagen auf den Fernstraßen in Richtung Tirol. Erst vor wenigen Tagen hatten Vertreter aus Deutschland, Italien und Österreich beim Brennergipfel weitgehend erfolglos verhandelt. Laut Bayerns Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU) hat Deutschland mittlerweile eine Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen die Blockabfertigung eingebracht.

Die Blockabfertigung sei auf Dauer nicht vertretbar, betonte auch Söder. Umgekehrt monierte Kurz, dass Bayern gegen eine Erweiterung des Flughafens Salzburg ist. Laut Söder und Kurz belastet der Dissens aber keinesfalls die generelle Beziehung. "Die Grundhaltung zwischen den Regierungen in Wien und München stimmt." Welche Bedeutung Kurz für Söder und die CSU bei der wichtigen Landtagswahl am 14. Oktober hat, zeigt diese Absprache: Der Österreicher wird im Wahlkampf den Franken bei der Schlusskundgebung in München unterstützen.


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