Aung San Suu Kyis Triumph

26.3.2012, 11:56 Uhr
Aung San Suu Kyis Triumph

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Es ist "nur" eine Nachwahl in 45 Wahlkreisen, doch für Birma ist der Wahlgang am Sonntag (1. April) ein Quantensprung: Während Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi mit dem erwarteten Einzug ins Parlament einen Triumph im jahrelangen Freiheitskampf feiert, hofft die Regierung auf nichts weniger als den Startschuss in eine blühende Zukunft.

Sie will die Wirtschaftssanktionen loswerden. Washington und Brüssel haben freie, faire Wahlen zur Bedingung gemacht. Die Zeichen stehen gut: "Wir gehen aus heutiger Sicht davon aus, dass die Wahlen fair und frei ablaufen werden", sagte der deutsche Botschafter in Rangun, Christian-Ludwig Weber-Lortsch, Anfang März. "Ich habe keinen Zweifel am Reformwillen der Regierung. Es ist mutig, dass sie die politische Öffnung begonnen hat, und wir sollten sowohl
die politische als auch die wirtschaftliche Entwicklung unterstützen."

Die Birmanen verfolgen den Wahlkampf mit großer Spannung. Die "Lady", wie Suu Kyi (66) überall genannt wird, hat Hunderttausende begeisterte Menschen auf die Straßen gebracht. "Es wird ein großartiger Tag für uns", sagt ein Betelnuss-Verkäufer in ihrem Wahlkreis Kawhmu stolz. Diese Wahlkampfplakate, Auftritte und Reden - das ist neu in einem Land, das fast 50 Jahre unter der Knute des
Militärs stand.

Suu Kyis Sieg in Kawhmu gilt als sicher. "Die Regierung weiß, dass sie mehr gewinnt, wenn sie verliert", meint Kyaw San Wai, birmanischer Gast-Politologe an der Nanyang Technological-Universität in Singapur. Denn Suu Kyis Urteil über die Fairness der Wahlen wird ausschlaggebend sein, wenn die westlichen Länder demnächst über die Sanktionen beraten.

Die Investoren machen Druck. Sie sehen enormes Wirtschaftspotenzial in dem fruchtbaren und rohstoffreichen Land. "Wenn man die großen Investitionsvorhaben wie spezielle Wirtschaftszonen und Öl- und Gasindustrie mit einbezieht, sehen wir
Potenzial für mehr als 25 Milliarden Dollar Investment in den nächsten fünf Jahren", sagt Evelin Petkov, Geschäftspartner der eigens für Birma gegründeten Investmentberatungsfirma Bagancapital. Es tummeln sich schon jede Menge Geschäftsleute in Birma: aus China, Thailand, Singapur und anderen asiatischen Nachbarländern. "Mit den Sanktionen haben wir das Land ja praktisch den Chinesen ausgeliefert", meint ein europäischer Geschäftsmann in Rangun.

Steuerfreie Jahre in Aussicht

"Die Sanktionen müssen weg", sagt ein Diplomat. "Wir müssen hier mitspielen, in unserem ureigensten Interesse. Es gibt doch einen Systemwettbewerb – und der Westen hat dabei nicht die Nase vorn." Industrieminister U Soe Thale lockte Investoren beim Weltwirtschaftsforum im Januar im Davos: "Wir öffnen die Türen." Er stellte acht steuerfreie Jahre in Aussicht.

Bei aller Euphorie warnen Menschenrechtler aber vor einem zu schnellen Schmusekurs mit der Regierung. "Nur, weil es in Birma überhaupt keine Freiheit gab, können wir die Regierung jetzt nicht schon loben, wenn sie ein kleines bisschen Freiheit gewährt", sagt Brad Adams, Asien-Direktor von Human Rights Watch. Er prangert unter anderem den nach wie vor brutalen Militäreinsatz gegen die Minderheit der Kachin an.

Eigentlich hätten zur jüngsten Abstimmung 48 Parlamentssitze neu besetzt werden müssen, doch setzte die Regierung die Wahl in drei Wahlkreisen im Kachin-Gebiet an der Grenze zu China wegen der Kämpfe aus. Das Demonstrationsverbot sei zwar aufgehoben, die Auflagen für friedliche Proteste seien aber immer noch viel zu hoch. "Wir sehen erste positive Schritte im Menschenrechtsbereich, doch ist es noch zu früh, die Sanktionen vollständig aufzuheben", sagte die ehemalige Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, die Grünen-Abgeordnete im Europaparlament, Barbara Lochbihler gerade bei einem Besuch in Rangun. "Ich würde vorschlagen: stufenweiser Abbau der Sanktionen."

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