Pandemie

Bayern und drei weitere Bundesländer kippen Corona-Isolationspflicht

11.11.2022, 14:14 Uhr
Wer ab dem 16. November positiv auf das Corona-Virus getestet wird, muss in Bayern und drei weiteren Bundesländern nicht mehr zu Hause bleiben.

© IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON Wer ab dem 16. November positiv auf das Corona-Virus getestet wird, muss in Bayern und drei weiteren Bundesländern nicht mehr zu Hause bleiben.

Vier Bundesländer haben sich darauf verständigt, die Isolationspflicht für Corona-Infizierte abzuschaffen. Es handelt sich um Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein, wie das baden-württembergische Gesundheitsministerium am Freitag in Stuttgart mitteilte. In diesen Ländern sollen bald neue Regelungen in Kraft treten, in Bayern fällt die Isolationspflicht bereits ab Mittwoch (16. November) weg.

Wer positiv auf das Coronavirus getestet wurde, dürfe künftig seine eigene Wohnung verlassen, müsse außerhalb aber eine Maske aufsetzen, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Freitag. Es gelte aber weiter der Grundsatz: "Wer krank ist, bleibt zu Hause."

Holetschek kritisierte in diesem Zusammenhang die Bundesregierung, die sich "bislang einer gemeinsamen Lösung in der Isolationsfrage verweigert" habe. Grundlage für die Veränderungen bei der Isolationspflicht in Bayern - die im Einklang mit Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Hessen getroffen wurde - sei "eine wissenschaftliche Bewertung des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie vieler Experten", erläuterte der bayerische Minister weiter.

Aufhebung der Isolationspflicht "fachlich vertretbar"

Laut Professor Christian Weidner, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, habe sich die Corona-Lage geändert. "Die Immunitätslage in der Bevölkerung ist inzwischen gut", betonte er. Infektionen mit Omikron führten zwar häufig zu symptomatischen, aber in der Regel nicht zu schweren Verläufen. Der Virologe Professor Oliver Keppler von der Uni München sagte, die Aufhebung der allgemeinen Isolationspflicht sei "fachlich vertretbar".

Vulnerable Personengruppen, die keinen ausreichenden Immunschutz aufbauen konnten, würden weiterhin geschützt, hieß es. So blieben Tätigkeits- und Betretungsverbote für Corona-Infizierte dort, wo sich vulnerable Gruppen befinden, wie etwa auf onkologischen Stationen im Krankenhaus, weiterhin bestehen.

Lauterbach warnt vor Flickenteppich

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Pläne der Länder kritisiert. "Das kommt jetzt zur Unzeit und findet nicht die Billigung der Bundesregierung", sagte der SPD-Politiker. Er sprach von einem Fehler und warnte vor einem "Flickenteppich" mit verschiedenen Isolationsregeln in den Bundesländern.

"Es gibt auch keinen medizinischen Grund, jetzt auf die Isolationspflicht zu verzichten", sagte Lauterbach. Es gebe etwa 1000 Todesfälle durch Covid pro Woche, man stehe vor einer "wahrscheinlich schweren Winterwelle" und sei "am Vorabend einer ansteckenderen Variante". Er fügte hinzu, der Arbeitsplatz müsse sicher bleiben und es müsse verhindert werden, dass Menschen infiziert zur Arbeit gedrängt würden.

Auch Deutsche Stiftung Patientenschutz hat das geplante Ende der Isolationspflicht kritisiert. Die Isolationspflicht verhindere die ungehinderte Ausbreitung des Virus, sagte Vorstand Eugen Brysch. "Das schützt vor Leiden und Sterben", betonte er. "Darüber hinaus werden infizierte Arbeitnehmer geschützt, einem Beschäftigungsdruck nachzugeben. Diese Fakten wischen Bundesländer vom Tisch, die die Isolationspflicht beerdigen."

Die Bundesländer berufen sich den Stuttgarter Angaben zufolge "unter anderem auf Erfahrungen aus Nachbarländern wie Österreich, wo es seit Sommer 2022 absonderungsersetzende Schutzmaßnahmen gibt". Aus diesen Ländern seien keine negativen Erkenntnisse bekannt.

"Zurückgehende Infektionszahlen, eine wirksame Schutzimpfung, eine Basisimmunität innerhalb der Bevölkerung von mehr als 90 Prozent, in der Regel keine schweren Krankheitsverläufe sowie wirksame antivirale Medikamente rechtfertigen aus Sicht der Länder, diesen Schritt zeitnah zu gehen."

Der Mitteilung zufolge verständigten sich die Länder auf gemeinsame Empfehlungen als Grundlage für ihre neuen Regelungen. Neben der abgeschafften Isolationspflicht ist demnach vorgesehen, dass positiv Getestete medizinische und pflegerische Einrichtungen nicht als Besucher betreten dürfen.

Länder können sich über RKI hinwegsetzen

Die vier Bundesländer, die nun gemeinsam die Aufhebung der Isolationspflicht angekündigt haben, hatten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Ende September in einem gemeinsamen Schreiben aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das Robert Koch-Institut (RKI) seine Isolationsempfehlungen für Corona-Infizierte ändert.

Lauterbach hatte dies damals umgehend zurückgewiesen. Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte aber bereits darauf hingewiesen, dass die Länder sich über die RKI-Empfehlung hinwegsetzen können.

Das RKI empfiehlt den Ländern, für Infizierte fünf Tage Isolation anzuordnen. Angeraten wird eine dringende Empfehlung, die Selbstisolation danach erst dann zu beenden, wenn ein (Selbst-)Test negativ ausfällt. Beschäftigte des Gesundheits- und Pflegewesens sollen zudem 48 Stunden vor der Testabnahme symptomfrei gewesen sein.

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