Weiter heftige Diskussionen
"Deutsche Arroganz zum Ko…!": Gabriel verteidigt Fußball-WM - und sorgt für Aufregung
30.10.2022, 13:16 Uhr„Die deutsche Arroganz gegenüber Qatar ist zum Ko…!“ – mit diesen Worten leitet der 63-Jährige einen Post auf Twitter ein, der auf das in Kürze startende Fußball-Turnier im Wüstenstaat eingeht. „Wie vergesslich sind wir eigentlich?“, geht Gabriel weiter in die verbale Offensive. Homosexualität sei bis 1994 „in D“ strafbar gewesen, führt er weiter aus. „Meine Mutter brauchte noch die Erlaubnis des Ehemanns, um zu arbeiten“, „Gastarbeiter“ habe man „beschissen behandelt und miserabel untergebracht“.
Ich bin mal gespannt, was wir zur Fußball WM in México sagen. In diesem Land werden pro Jahr etwa 1.000 Frauen ermordet und die Dunkelziffer liegt weit höher. Mal sehen, ob wir mit einem christlich geprägten Land genauso hart ins Gericht gehen wie mit einem muslimischen.
— Sigmar Gabriel (@sigmargabriel) October 29, 2022
Auch wir haben Jahrzehnte gebraucht, um ein liberales Land zu werden. Fortschritt kommt nicht über Nacht, sondern Schritt für Schritt. Das galt für D und gilt auch jetzt für Qatar. Die UNO, die ILO loben das Land für seine Reformen. Nur wir Deutschen beleidigen es jeden Tag.
— Sigmar Gabriel (@sigmargabriel) October 29, 2022
Mit diesen Zeilen feuert Gabriel die Debatte um die umstrittene Austragung der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 erneut an. In wenigen Tagen – am 20. November – wird das Turnier offiziell eröffnet werden. Eine WM im Winter mit Glühwein kurz vor Heiligabend, statt Public Viewing im Sommer – Wettbewerbe wie die Bundesliga oder die Champions League werden dafür erstmals während der Saison unterbrochen.
Aber auch sonst sehen sich die Veranstalter seit Jahren im Kreuzfeuer der internationalen Kritik. Unterdrückung von Frauen und der LGBT-Bewegung, schlechte Behandlung bis hin zu Todesfällen von Bauarbeitern während der Arbeiten für Stadien – immer wieder erhoben Persönlichkeiten aus Sport, Politik, Wirtschaft oder anderen Bereichen ihre Stimme gegen die Vergabe des Turniers.
Der Tweet von Gabriel geht im Netz direkt viral. Die Reaktionen - buchstäblich alle Positionen mit dabei. So schreibt der sozialdemokratische Jungpolitiker Dario Schramm beispielsweise:
Dieser Tweet verharmlost die Tausenden Tote, die ihr Leben aufgrund dieser gekauften WM verloren haben.
— Dario Schramm (@darioschramm) October 29, 2022
Kein Sozialdemokrat würde so twittern.
Der Künstler Florian Hacke konnte sich eine Antwort per Twitter ebenfalls nicht verkneifen:
Lustigerweise ist DAS arrogant gegenüber Qatar, weil "die sind halt noch nicht so weit wie wir, da können wir mit unseren ganzen Menschenrechten und so schonmal ein Äuglein zudrücken, weil sonst macht die WM nicht soviel Spaß!"
— Florian Hacke (@monstre78) October 29, 2022
Von SPD-Politiker Henning Tillmann gab es ebenfalls eine Reaktion auf dem Kurznachrichtendienst:
Kann mich nicht erinnern, dass 1993 Homosexuelle Angst vor Peitschenhieben haben mussten. Oder dass „Gastarbeiter“ in Deutschland massenhaft gestorben sind.
— Henning Tillmann (@henningtillmann) October 29, 2022
Sigmar, ernsthaft, du kannst doch nicht ernst meinen was für einen Stuss du da in dem Tweet schreibst?
Mit Sigmar Gabriel bekommen die Verantwortlichen des Turniers nun quasi indirekt Zuspruch von einem ehemaligen deutschen Spitzenpolitiker. Unmittelbar vor Beginn des Turniers wird die Debatte damit heißer denn je also fortgesetzt…