Die neue Carla Bruni

5.4.2013, 00:00 Uhr
Die neue Carla Bruni

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Sie wirkt befreit und gelöst und sieht verblüffend jung aus für ihre 45 Jahre: Vorbei die Zeiten, wo Carla Bruni-Sarkozy beim Staatsbesuch im züchtigen Kostüm einen Knicks vor der britischen Queen machte und sich von der kolumbianischen Diplomatie einen Rüffel einholte, weil sie in ihrem sinnlich gehauchten Chanson "Tu es ma came" ("Du bist mein Stoff") ihren Liebhaber politisch unkorrekt als "tödlicher als afghanisches Heroin, gefährlicher als kolumbianisches Kokain" bezeichnet hatte.Aus Sicherheits- und Schicklichkeitsgründen verzichtete sie schließlich auf Bühnenauftritte und komponierte nur noch privat.

Knapp ein Jahr nach der Niederlage ihres Mannes Nicolas Sarkozy bei der französischen Präsidentschaftswahl kann Carla Bruni wieder tun und lassen, anziehen und singen, was sie will, frei von Protokollzwängen. Und das tut sie. Zum Erscheinen ihres vierten Albums "Little French Songs" geht das frühere Topmodel, das aufgrund heftiger Anfeindungen immer medienscheuer wurde, wieder in die Offensive. Fröhlich plaudert sie in Interviews über ihre Musik, ihr bisweilen sehr dünnes Stimmchen, an dem sie gearbeitet habe und die Schwierigkeit, in ihrer Rolle als Première Dame ihre musikalische Karriere zu verfolgen.

Die Arbeit an der Gesangstechnik hört man ihren elf "kleinen französischen Songs" zwischen Folk und Chanson an: Sie haben nicht nur mehr Power und Rhythmik als die vorherigen. Während sie 2002 auf ihrem mit zwei Millionen verkauften Exemplaren sehr erfolgreichen Debütalbum "Quelqu`un m`a dit" die Lieder in Begleitung einer akustischen Gitarre mehr hauchte als sang, scheint auch ihre Stimme stärker geworden, ohne die typisch raue Zerbrechlichkeit zu verlieren. Geschrieben wurden die Stücke bereits 2011, doch durch die Geburt der Tochter Giulia verzögerte sich die Fertigstellung des Albums.

"Mein Raymond ist ein Pirat"

Galten die Texte der Franko-Italienerin früher als melancholisch-nonchalantes Geplänkel, so versucht das interessierte Publikum heute, politische oder persönliche Botschaften zu entschlüsseln. Schwer fällt das nicht beim Lied "Mon Raymond", das sie bei der "Echo"-Preisverleihung in Berlin vorstellte und das eine Hymne an ihren Mann, den Ex-Präsidenten, und dessen unvergleichliche Dynamik ist. "Mein Raymond schmeißt den Laden", singt sie. "Und selbst wenn er eine Krawatte trägt, mein Raymond ist ein Pirat."

Inzwischen sage die ganze Familie "Raymond" zu Nicolas, kichert die Sängerin im TV-Interview: "Der Ärmste!" Wortkarg wird sie lediglich, wenn die Sprache auf das Verfahren gegen Sarkozy wegen des Verdachts auf Ausnutzen der geistigen Altersschwäche der Milliardärin Liliane Bettencourt kommt, um illegale Parteispenden einzuheimsen: "Mein Mann hat alles dazu gesagt." Lieber spricht sie über ihre Musik, die Hommage an das französische Chanson von Piaf bis Gainsbourg sein soll oder an Frankreich ("Douce France", auf Italienisch gesungen).

Und dann gibt es da noch diesen "unschuldigen Abzählreim", wie Bruni das Lied "Der Pinguin" nennt, in dem sie den faden Pinguin beschreibt, "weder hässlich noch schön, weder kalt noch heiß", dem sie schon noch Manieren beibringen werde. Jenen, die darin eine Verunglimpfung von Präsident François Hollande sehen, erwidert sie erstaunt, sie habe keine spezielle Person anvisiert, sondern singe ganz allgemein über stillose Rüpel, von denen es doch tausende gebe. "Jeder hat seinen Pinguin", erklärt sie. "Sehen Sie, was ich sagen will?" Ein neckisches Lächeln, ein leichtes Schulterzucken: Carla Bruni ist wieder ganz sie selbst. Im Herbst will sie eine Tournee beginnen.

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