Ferien mit Kindern: So gelingt der Urlaub ohne Gemaule

2.8.2020, 05:50 Uhr
Eine Wohltat, wenn alle zufrieden sind. Aber die Vorstellungen von guter Freizeitgestaltung stimmen bei Eltern und Kindern selten so überein, wie auf diesem Bild.

© dpa Eine Wohltat, wenn alle zufrieden sind. Aber die Vorstellungen von guter Freizeitgestaltung stimmen bei Eltern und Kindern selten so überein, wie auf diesem Bild.

Achtung! Das Bild, das Sie da oben von der fröhlichen Familie im Grünen sehen – es lügt. Zwar war die Situation absolut authentisch, als die Aufnahme gemacht wurde. Aber das Foto zeigt nur einen Augenblick. Um fotografisch präzise zu sein: eine 125stel Sekunde. So lange kann man schon mal zufrieden drein schauen.

Gerade bei Wanderungen und Ausflügen kommt es jedoch vor, dass dieser 125stel Sekunde quälende drei Stunden Gequängel gegenüber stehen. Deshalb haben meine Frau und ich in den Sommerferien des vergangenen Jahres das #NoMecker Projekt ins Leben gerufen. Bei aller hier gebotenen Bescheidenheit: eine Wahnsinns-Idee von uns!


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Das Problem

Ferien Zuhause. Da lässt sich vielleicht eine Menge unternehmen. Nur was? Wenn man die Kinder (7 und 10 Jahre) fragt, fallen die Antworten immer gleich aus: Schloss Thurn, Playmobil-Fun-Park. Die Eltern hingegen wollen wandern in der Fränkischen Schweiz. Oder sich mal wieder an der Kultur berauschen.

All das haben wir schon oft durchgezogen. Als sei das Leben eben doch ein Wunschkonzert. Ich wünsche, du wünschst, sie wünscht . . . Die Konjugation des Sommer-Glücks, so dachten wir. Wer jedoch ein oder mehrere Kinder bei sich zu Hause hält, ahnt bereits das Problem: Du kannst die lauschigste Landschaft durchlaufen - wenn ein Dauersoddern deine Ohren drangsaliert, sinkt dein Spaßlevel schnell auf Minus 10.

Dann schwörst du Rache: Direkt am nächsten Tag schlorchst du also grießgrämigen Blickes durch den Event-Erlebnis-Park und vergeigst zum Ausgleich den Kindern den Tag. Am Ende der Ferien haben dann zwar alle bekommen, was sie wollten – aber niemand das, was er sich wirklich gewünscht hat.

 

Die Lösung

Ein Gemaul-Gesetz musste her. Auf dass jetzt endlich mal alle glücklich werden. #No-Mecker tauften wir das spontan aus der Taufe gehobene Projekt. Weil alles, was halb Englisch und halb Deutsch ist und dann noch so eine topmodernen Wäscheklammer (#) vorweg bekommt, muss ja irgendwie erfolgreich sein.

Die Spielregeln

Jeder bekommt ein Budget von 50 Euro. Für einen kompletten Tag, den er selbst plant und gestaltet. Alle müssen mitmachen. Klaglos, versteht sich. Sobald jemand nölt, wird das Projekt beerdigt und keiner macht mehr irgendwas.

Die Vorbereitung

50 Euro. Viel Geld. Aber bei einer Familienunternehmung schmilzt es dahin wie Calippo-Eis im Freibad. Die Kinder tuschelten. Fast-Food-Restaurant, Spaßbad und am Abend noch bisschen Kino. Großes Erstaunen darüber, dass der Fuffi das nicht hergibt. Doch endlich hatten alle angemessene Pläne gemacht und die Zeit war reif für den ersten #NoMecker-Tag. Vorfreude wie an Weihnachten.

Die Große

Das Projekt begann mit einem Stresstest für die Erziehungsberechtigten: Zu unserer aller Überraschung fanden wir uns gleich am
ersten Tag in einem 1-Euro-Shop
wieder. Eine Konsumart, um die wir sonst einen ausladenden Bogen machen. Meine Frau, die kaum etwas so sehr verachtet wie Krimskrams, disqualifizierte sich beinahe mit der gut gemeinten Frage: "Weißt du, wie viel das Spiel hier kostet?" – "Äh, Mama, wir sind vielleicht im 1-Euro-Shop?!"

Später bastelten, malten und spielten wir mit den erworbenen Schätzen. Ach ja: Ich habe ein schönes Ladekabel fürs Handy geschenkt bekommen, dass sogar drei Tage lang fast störungsfrei funktionierte.

Die Kleine

Was gibt es schöneres, als bei 32 Grad im Schatten einen Indoor-Spielplatz aufzusuchen? Nun ja. Die Frau an der Kasse jedenfalls war sichtlich überrascht, dass an so einem Tag doch noch jemand kommt. Die Kinder genossen es, Alleinherrscherinnen über Hüpfburg, Riesenrutsche und Kletterturm zu sein. Gemeinsam mit den schwitzend am Tisch sitzenden Eltern ergötzten sie sich an Würstchen nach Art der Wiener, angereichert durch würzige Tomatenmarksauce mit Zuckerzusatz. Immerhin konnten Papa und Mama dann auch mal auf die Riesenrutsche. Und in die Hüpfburg. Und auf den Kletterturm. Hey, gar nicht mal so unspaßig das Ganze!

Die Mutter

"Schön, dass ihr mich in meinem Haus besucht", begrüßte uns Agnes Dürer. Meine Frau hatte mit ihr ein Date ausgemacht. "Dürers Mutter schaut aber motzig", flüsterten die Kinder, erfuhren dann im Dürer-Haus aber auch, dass sie es nicht leicht hatte. Und: Wie ihr Sohn den Türöffner erfunden hat. "Schade nur, dass der Albrecht nicht da war", meinte die Kleine, als wir nach einem kurzweiligen Nachmittag auf der Flucht vor dem Regen das nächste Café ansteuerten. Aber ein richtiges Maulen war das nicht.

Der Vater

Ferien mit Kindern: So gelingt der Urlaub ohne Gemaule

© Foto: Stefan Hippel

Das Planen liegt ihm nicht so, weswegen er selbst gespannt war, was sie an "seinem" Tag so unternehmen werden. Und dann war es raus: Eine Radtour zum . . . ach ja, zum Birkensee. Bei Kilometer 11 wäre die Stimmung fast gekippt und ein Anflug von Mauligkeit machte sich breit. "Das ist ja mal echt eine . . .", setzten die in der Mittagssonne strampelnden Kinder an, doch ein Blick genügte: " . . . eine super Idee von dir, Papa." Für Aufsehen sorgten die überraschend vielen textilfreien Menschen am Ziel. "Interessant, was du dir so wünschst", lautete hier der Kommentar der Kinder.

Das Fazit

Gerade mal vier Tage. Und? "War das jetzt spektakulär?", kann man fragen. "Ja", kann man sagen. Allein dadurch, dass die Kinder frei entscheiden konnten, haben die #No-Mecker-Tage eine große Bedeutung erreicht. Möglicherweise hat der Nachwuchs auch ein wenig gelernt, wie schwierig es doch ist, für alle mitzudenken, und wie viel die Dinge so kosten. Am Abend gab es daher oft noch umsonstige Unterhaltung, wie Video-Clips, Filme auf DVD sowie Spiele.

Und wir Eltern übten, Vertrauen zu haben und konnten zugleich mal diese lästige Entertainer-Rolle ablegen. Vier qualitativ hochwertige Tage, so stellten wir fest, können erfüllender sein als zwei dahinschlumpfende Wochen.

Gern blättern wir im Fotoalbum die Bilder dieses Urlaubs durch. Ja, schon klar. Jeweils wieder nur der Bruchteil einer Sekunde. Aber alles in allem doch viele gute Stunden.

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