Fracking: Zeitbombe oder Energiereserve?

1.4.2015, 20:42 Uhr
Fracking: Zeitbombe oder Energiereserve?

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Kaum steht der erste Entwurf für ein überarbeitetes Fracking-Gesetz, schon gibt es Knatsch: Opposition und Umweltverbänden ist es nicht streng genug, die Industrie kritisiert unnötige Auflagen und die Bundes-SPD wirft der CDU/CSU eine „Aufweichung“ der ursprünglichen Version von Umweltministerin Barbara Hendricks und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (beide SPD) vor. Und auch in der Union selbst sind nicht alle mit dem vorläufigen Ergebnis zufrieden.

Das Tauziehen der Gegner und Befürworter um die Gunst der öffentlichen Meinung ist in vollem Gange. Ist es nun ein Verbotsgesetz, wie die Bundesregierung es nennt, oder ein Ermöglichungsgesetz, wie es Umweltschützer, aber auch die betroffenen Industriezweige verstehen?

Für Andreas Schwarz (SPD) aus Bamberg, der stellvertretend im Wirtschafts- und Energieausschuss des Bundestages sitzt, ist es schlicht der Versuch, „einen rechtsfreien Raum zu beseitigen“. Die Aufregung der Kritiker kann er nicht nachvollziehen. Was die Gegner am meisten fürchten, nämlich Fracking aus kommerziellen Gründen mit noch weitgehend unbekannten Auswirkungen auf Mensch und Natur Tür und Tor zu öffnen, „das war nach der bisherigen Rechtslage möglich“, sagt Schwarz. „Jetzt werden endlich ein paar Leitplanken eingezogen und für alle Beteiligten wird Klarheit geschaffen.“ Fracking ist in Deutschland bereits seit 1961 erlaubt, vor allem in Niedersachsen wird damit aus Sandstein Gas gefördert. Das Gestein ist poröser als etwa Schiefer und es braucht weniger Chemie, um das Gas freizusetzen. Die Bundesregierung grenzt es vom sogenannten „unkonventionellen Fracking“ aus Schiefergestein ab.

Diese Variante ist nach dem Gesetzentwurf nur zu Forschungszwecken erlaubt, Probebohrungen von Unternehmen müssen von einem wissenschaftlichen Expertenkomitee abgesegnet und begleitet und von den zuständigen Länderbehörden genehmigt werden (siehe Beitrag unten).

Genau prüfen

Die Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler (CSU) aus Roth betrachtet die vorgelegten Änderungen deswegen als Verbot — Fracking sei nur zu Forschungszwecken und unter strengen Auflagen erlaubt. „Die Beschlüsse sind ein Schritt in die richtige Richtung. Jetzt schaffen wir zum ersten Mal einen Rechtsrahmen, in dem der Schutz von Gesundheit und Umwelt über jedem wirtschaftlichen Interesse steht.“

Bis auf weiteres werde es in Deutschland kein Schiefergasfracking zu kommerziellen Zwecken geben, so die CSU-Abgeordnete. Trotzdem müsse der Entwurf, wenn er im Juni in den Bundestag zur Lesung kommt, noch einmal „auf Herz und Nieren geprüft werden“.

Das sieht ihr Parteikollege Michael Frieser aus Nürnberg ähnlich. Die Einwände der Gegner sind für ihn „grüner Alarmismus“: „Was wir tun, ist, bestimmte Formen von Fracking unter Kontrolle zu bringen.“ Eines steht aus seiner Sicht fest: „Nur mit Wind- und Wasserkraft werden wir die Energieversorgung über die nächsten 20 Jahre zu bezahlbaren Preisen nicht stemmen können.“ Einen Widerspruch zur Energiewende sieht er im Austesten von Fracking nicht. „Wir müssen verschiedene Energien erproben und dürfen uns neuen Technologien nicht verschließen.“

Die Opposition sowie Teile der SPD-Fraktion haben da ihre Zweifel. Für Uwe Kekeritz von den Grünen ist der Entwurf ein Zeichen für erfolgreiche Lobbyarbeit der Industrieverbände: „Fracking ist klimapolitisch brisant und die Spätfolgen sind überhaupt nicht abzuschätzen“, so der Fürther Abgeordnete. Er will den Entwurf blockieren.

„Verbot möglich“

Zwar verlässt in der Regel kein Gesetz den Bundestag so, wie es reingekommen ist. Deswegen rechnet auch Umweltministerin Hendricks mit Änderungen durch den Bundestag. Umweltschutzverbände werfen der Ministerin jedoch schon zu Beginn des Verfahrens „Wortbruch“ vor — sie habe zugesagt, dass es auf absehbare Zeit kein Fracking geben werde. Dass ein Verbot verfassungsrechtlich nicht möglich sei, zweifeln Kritiker zudem an. „Es gibt da Parallelen zum Atomausstieg, der ja auch per Votum beschlossen wurde“, sagt etwa Expertin Ann Kathrin Schneider von Friends of the Earth. Die Fördermethode zu untersagen, sei durchaus möglich.

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