Freispruch nach Mordauftrag: Jetzt ist der Staat in der Pflicht

23.1.2020, 17:33 Uhr
Der 24-Jährige saß am Landgericht Nürnberg-Fürth auf der Anklagebank, weil er seine Schwester umbringen lassen wollte.

© Daniel Karmann Der 24-Jährige saß am Landgericht Nürnberg-Fürth auf der Anklagebank, weil er seine Schwester umbringen lassen wollte.

Die 16 Jahre alte Schwester soll sterben, weil sie nicht heiraten will. Obwohl das Gericht vom Sachverhalt überzeugt ist, muss es den Mann freisprechen. Lediglich für den Versuch der Zwangsverheiratung und eine Ohrfeige kann die Kammer eine Bewährungsstrafe aussprechen. Wie kann das sein?

Tat war noch nicht ausreichend geplant

Der Grund: Die Tat war noch nicht komplett abgesprochen, dem vermeintlichen Killer fehlte der Startschuss. Die Konsequenz: Das Gericht kann den Angeklagten nicht bestrafen. So sieht es das Gesetz vor.

Wie schwer diese Argumentation zu begreifen ist, wurde bereits kurz nach dem Urteilsspruch im Internet deutlich, wo Nutzer ihrem Ärger Luft machten. Und doch ist das Urteil richtig: Für wen sollen Gesetze denn gelten, wenn nicht für das Gericht?

Mädchen muss vor Familie geschützt werden

Dass dieses Prinzip auch Richter schmerzen kann, klang beim Urteil durch. Der Vorsitzende appellierte an den womöglich kaum integrierbaren Angeklagten und seine Familie. Wer hier bleiben möchte, der müsse die in Deutschland geltenden Gesetze respektieren. Und die sehen vor, dass auch junge Mädchen über eine Ehe selbst entscheiden.

Der Staat hat eine Verpflichtung gegenüber der 16-Jährigen. Das Mädchen gehört vor seiner Familie geschützt, damit es nach der Flucht aus dem Irak und der vor der Familie nicht noch ein drittes Mal flüchten muss. Sollte die Familie das nicht akzeptieren, dann darf auch gefragt werden, ob sie gerade im richtigen Land lebt.