Gewalt bei Abschiebe-Demo: Das sagt die Polizei dazu

1.6.2017, 05:48 Uhr
Die Polizei musste vor einer Nürnberger Berufsschule auch mit zwei Diensthundeführern eingreifen.

© Michael Matejka Die Polizei musste vor einer Nürnberger Berufsschule auch mit zwei Diensthundeführern eingreifen.

Herr Rast, was spielte sich aus Sicht der Polizei vor der Schule ab?

Johann Rast: Wir sollten im Auftrag der Regierung von Mittelfranken Vollzugshilfe leisten. Das heißt, wir sollten zwei junge Afghanen in Gewahrsam nehmen. Sie sollten dann nach Frankfurt zu einem Flugzeug mit dem Ziel Kabul gebracht werden. In beiden Fällen waren alle Rechtsmittel für eine Anerkennung als Asylbewerber ausgeschöpft.

Den 24-Jährigen trafen wir bei sich zu Hause an. Der 21-Jährige aber saß im Unterricht in der Berufsschule am Berliner Platz. Er wurde zunächst aus der Klasse herausgenommen, dann bat er, sich von seinem Lehrer verabschieden zu dürfen. Bis dahin war das für uns ein Routineeinsatz. Doch dann haben offensichtlich seine Klassenkameraden das Geschehen mitbekommen und über die sozialen Medien blitzschnell verbreitetet.

Was geschieht dann?

Rast: Einige Mitschüler solidarisierten sich mit dem 21-Jährigen und setzten sich vor das Polizeiauto, in dem der junge Mann saß. Sie wollten verhindern, dass der Wagen abfährt. Wir versuchten, mit den Schülern zu sprechen und deeskalierend einzuwirken. Das war ohne Erfolg. Um eine Räumung und die dadurch zu erwartende Eskalation zu vermeiden, setzten die Beamten den 21-jährigen Afghanen in einen zweiten Wagen, dann aber schlug er um sich und leistete heftigen Widerstand.

Gegenüber den Beamten äußerte er, dass er in einem Monat sowieso wieder hier sein und dann Deutsche töten werde. Auch das zweite Fahrzeug umringten die Mitschüler und verhinderten die Abfahrt. Die Verhandlung mit den Leuten dauerte etwa eine Stunde. Aber weder wir noch der Schülersprecher hatten Erfolg.


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Gewalt bei Abschiebe-Demo: Das sagt die Polizei dazu

© Foto: dpa

Die Situation vor der Berufsschule eskalierte dann aber. Beobachter sagen, dass die Polizisten brutal gegen die Akteure vorgegangen sein sollen. Wie konnte das passieren?

Rast: Ja, das Ganze eskalierte. Aber erst, als sich militante Abschiebungsgegner dem Polizeifahrzeug näherten. Es waren mittlerweile auch Leute dabei, die wir nicht der Schule zuordnen. Sie versuchten, die Polizeiabsperrung mit roher Gewalt zu durchbrechen. Sie versuchten auch, den Afghanen aus dem Auto zu holen.

Den Vorwurf der Brutalität, die von Beamten ausgegangen sein soll, kann ich nicht bestätigen. Dagegen wurden auf die Einsatzkräfte Flaschen und ein Fahrrad geworfen. Am Ende des Protestes waren neun Polizisten verletzt, einer verlor einen Zahn. Alle konnten aber ihren Dienst fortführen.

Gab es denn auch Verletzte auf der Gegenseite?

Rast: Darüber ist uns nichts bekannt. Wir haben die Verantwortlichen befragt, ob wir einen Rettungswagen rufen sollen. Es hieß, dass das nicht notwendig sei. Es gebe keine Verletzten.

Was geschieht jetzt mit den beiden Afghanen? Sind sie noch in Gewahrsam?

Rast: Der Bundesinnenminister ließ nach dem Anschlag in Kabul vor der Deutschen Botschaft, bei dem zahlreiche Menschen starben, alle Abschiebeflüge stoppen. Die beiden Afghanen hätten Mittwochabend in einem der Flieger sitzen sollen. Auf Antrag der Zentralen Ausländerbehörde wird derzeit der Fortbestand der freiheitsentziehenden Maßnahme richterlich überprüft.

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