Justiz greift durch

"Irrenhaus": Corona-Leugner verklagen Ärzte - weil sie ihnen das Leben gerettet haben

24.9.2021, 14:58 Uhr
Die Justiz in Griechenland will künftig bei Strafanzeigen von Impfgegnern und Corona-Leugnern keine Verfahren mehr einleiten, wenn sich die Beschwerden gegen die Einhaltung von Corona-Maßnahmen richten.

© Fabian Strauch, dpa Die Justiz in Griechenland will künftig bei Strafanzeigen von Impfgegnern und Corona-Leugnern keine Verfahren mehr einleiten, wenn sich die Beschwerden gegen die Einhaltung von Corona-Maßnahmen richten.

Seit dem Schulbeginn vergangene Woche in Griechenland kriegen griechische Lehrer immer wieder Ärger mit Corona-kritischen Eltern und Corona-Leugnern. Die Pädagogen wurden zum Teil angezeigt, weil sie bei Schülern die für Schulen verbindliche Masken- und Testpflicht durchsetzten, berichteten griechische Medien. Am Mittwoch verfügte das griechische Bürgerschutzministerium deshalb, dass die Polizei im Falle solcher Klagen gegen Lehrer nicht eingreifen soll und die Betreffenden auch nicht auf dem Revier erscheinen müssen.

Als ersten Vorfall nannte die griechische Tageszeitung Kathimerini in einem Bericht vom Mittwoch ein Elternpaar in der Stadt Katerini, das darauf bestand, die Tochter ohne Test und Maske in die Grundschule zu schicken. Es folgten weitere Fälle; in der Stadt Kaminia verklagten Eltern die Schulleitung, auf der Insel Syros klagte eine Mutter gegen eine Lehrerin - jeweils weil das Kind nicht ohne Maske und Test in die Schule gelassen werden sollte.

Virologe: "Es ist mittlerweile ein Irrenhaus"

Die griechische Regierung will die Pädagogen nun per Gesetz aus der Schusslinie nehmen. Auch Ärzte sind von den Aktionen der Impfgegner und Corona-Leugner betroffen. So gab es in den vergangenen Wochen in Griechenland Fälle, bei denen Covid-Patienten nicht beatmet werden wollten, weil sie die Existenz des Virus bestritten. Mehrere Ärzte, die die Kranken pflichtgemäß dennoch beatmeten, wurden angeklagt. Sogar drei Exhumierungen wurden bereits verfügt, weil Hinterbliebene an der Todesursache Covid-19 zweifelten. "Es ist mittlerweile ein Irrenhaus", kommentierte am Dienstag der griechische Virologe Marios Lazanas im Fernsehsender Skai und forderte die Regierung auf, die Ärzte bei ihrer Arbeit zu unterstützen und vor Klagen von Corona-Leugnern zu schützen.

Das Thema Impfen in Griechenland sorgt auch im Gesundheitssystem für Aufruhr. Seit der Einführung der Impfpflicht für Gesundheitskräfte am ersten September wurden nach Angaben des Nachrichtensenders ntv 5300 Krankenhausmitarbeiter vom Dienst suspendiert. Dies entspreche etwa sechs Prozent der Beschäftigten im Gesundheitswesen. Das bedeutet, dass diejenigen, die sich weigern, sich impfen zu lassen, nicht mehr bezahlt werden und erst nach der Impfung an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können.

Justiz soll Anzeigen von Corona-Leugnern ablehnen

Die Justiz in Griechenland will künftig bei Strafanzeigen von Impfgegnern und Corona-Leugnern keine Verfahren mehr einleiten, wenn sich die Beschwerden gegen die Einhaltung von Corona-Maßnahmen richten. Das teilte der Staatsanwalt des obersten griechischen Gerichtshofes, Vassilis Pliotas, am Donnerstag in einem Rundschreiben an die Staatsanwälte im ganzen Land mit.

Die Juristen sollen die Fälle sofort prüfen. Sie sollen die Anzeige aber als unzulässig ablehnen, wenn es dem Anzeigeerstatter offensichtlich darum geht, die vom Staat erlassenen Corona-Maßnahmen auszuhebeln, hieß es in dem Schreiben, dass der Tageszeitung Kathimerini vorlag.

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