Kommentar: Mit dem Euro Jobs retten

1.8.2012, 09:00 Uhr

Noch sind es nur Vorboten: Kein Tag ohne neue Negativmeldungen von Branchen und Firmen, die sich bisher höchst erfolgreich gegen die Krise gestemmt haben. Gewinnrückgänge, Stellenabbau, Umstrukturierungen — es trifft Premium-Namen, auch hier im Großraum: Siemens, MAN, Puma, Alcatel... Dazu kommen nun mehr und mehr Automobilbauer und damit in der Folge viele Zulieferer, die ebenfalls in der Region stark vertreten sind.

Thyssen-Krupp setzt schon auf Kurzarbeit, die Zahl der Zeitarbeiter geht spürbar zurück — beides sind klassische Signale dafür, dass ein Konjunktureinbruch auch den Arbeitsmarkt erreicht. Es dauert in der Regel rund ein halbes Jahr, bis sich eine Krise auch an den Zahlen aus Nürnberg ablesen lässt.

In den meisten anderen Staaten des Euro-Raums ist dieser Zustand längst erreicht — und zwar weitaus dramatischer: Die Euro-Erwerbslosenquote liegt mit 11,2 Prozent auf einer neuen Rekordhöhe. Katastrophale Ausmaße nimmt die Jugendarbeitslosigkeit in den besonders von der Krise geschüttelten Staaten an — in Griechenland und Spanien fast 53 Prozent: Mehr als jeder zweite Jugendliche ist ohne Job.

Soziale Dauer-Unruhen

Das sind unerträgliche Zustände, die geradewegs in soziale Dauer-Unruhen führen müssen. Wäre die Lage in Deutschland auch nur annähernd schlimm — auch hier gingen die Massen auf die Straße, auch hier würden sich die Parteien heftigste Debatten über Auswege aus der Krise liefern.

Das sollten all jene berücksichtigen, die sich hier leichtfertig und mit einiger Arroganz über die „Südstaaten“ mokieren. Umso mehr, da zumindest die Verschärfung der Krise dort durchaus zu tun hat mit der vor allem auf deutschen Druck verhängten, rigiden Sparpolitik: Dieser Kurs, der zu immer neuen Einschnitten vor allem zu Lasten der Schwächeren führte, würgte zugleich die ohnehin dahinsiechende Konjunktur Stück für Stück weiter ab — wer drastisch gekappte Löhne oder Renten bekommt, der kann die Kaufkraft logischerweise nicht ankurbeln.

Und auch keine Waren made in Germany erwerben: Die Folgen des Merkel’schen Spargebots schlagen nun mehr und mehr durch auf Deutschland selbst. Erst auf die Firmen-Bilanzen, dann auch auf die Arbeitslosenzahlen — und damit auf die gesamte Volkswirtschaft: Wenn die Beschäftigung zurückgeht, spült dies weniger Steuern und Abgaben in die Kassen der öffentlichen Hand — die dann noch stärker sparen muss. So dreht sich die Abwärtsspirale weiter nach unten.

Je länger, desto heikler

Je länger sich die Euro-Dauerrettungsaktion hinzieht, desto prekärer wird die Lage. Sollte die Gemeinschaftswährung gar scheitern — was nach einem möglichen Griechen-Aus denkbar wäre —, droht ein abrupter Schock für alle Nationen, vor allem aber für Deutschland, dessen Export mit einer für andere viel zu starken Mark kollabieren würde.

Deshalb liegt eine überzeugende, rasche, verbindliche Antwort auf die seit Jahren schwelende und nie wirklich eingedämmte Euro-Krise keineswegs nur im Interesse der Märkte und Banken: Vom Funktionieren einer austarierteren, verbindlicher geregelten Währungsunion profitieren auch und gerade die Arbeitnehmer hierzulande.

Es braucht daher rasch einen klugen Mix aus langfristig verbindlicher Etat-Disziplin, kombiniert mit aktuell notwendigen Konjunktur-Impulsen gerade in den schwachen Staaten. Klar ist, dass die Deutschen als Haupt-Nutznießer des Euro samt seiner Krise einen erheblichen Teil der Kosten tragen müssen. Man nennt dieses Prinzip, das sich innerhalb der Bundesrepublik bewährt hat, Lastenausgleich oder Solidarität. Auch davon würde Deutschland letztlich profitieren.

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