Digitaler Impfpass

Kritik an Honorar für Apotheken: Gibt der Bund erneut zu viel Geld aus?

19.6.2021, 05:55 Uhr
Seit Montag bieten manche Apotheken die Erstellung des QR-Codes für den digitalen Impfnachweis an. 

© imago images/Christian Ohde Seit Montag bieten manche Apotheken die Erstellung des QR-Codes für den digitalen Impfnachweis an. 

Plötzlich ging alles ganz schnell: Nicht einmal zwei Wochen ist es her, da kündigte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an, dass Geimpfte ab Montag, 14. Juni, den QR-Code für den digitalen Impfnachweis in teilnehmenden Apotheken erhalten könnten. Die sollten dafür vom Bund eine Entschädigung bekommen: laut Corona-Impfverordnung 18 Euro. Weitere sechs Euro kommen dazu, wenn nicht nur die erste, sondern auch gleich die zweite Impfung zertifiziert wird.


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Doch die Höhe der Vergütung sorgte für Irritationen: Kritische Stimmen fürchten, dass der Bund zu viel Geld ausgibt - schon wieder. So waren die Apotheken bereits dafür zuständig gewesen, Masken an Ältere sowie sozial Schwächere zu verteilen - natürlich gegen eine entsprechende Entschädigung. Insgesamt flossen dafür laut Bundesrechnungshof über zwei Milliarden Euro, den Finanzprüfern zufolge "deutliche Überkompensation zu Gunsten der Apotheken".

Das Gesundheitsministerium hält die jetzige Vergütung dennoch für gerechtfertigt: Hätte man den Preis nicht so hoch angesetzt, wären wahrscheinlich deutlich weniger der bundesweit rund 19.000 Apotheken bereit gewesen, die Ausstellung der QR-Codes zu übernehmen, verteidigte Spahn sein Vorgehen in der Bundespressekonferenz. "Zudem haben die Apotheken einen zusätzlichen Aufwand und mussten das Ganze auch noch schnell umsetzen. Das muss sich auch in der Vergütung widerspiegeln."

Apotheken wussten von Kostenänderung nichts

Doch die ist offenbar nur anfangs 18 Euro hoch - ein Hinweis, den Spahn aber erst am Mittwoch preisgab: Demnach sollen die Apotheken ab Juli nur noch sechs Euro bekommen. Auf Nachfrage unserer Zeitung, warum man sich zu diesem Schritt entschieden habe, antwortet das Ministerium: Die Senkung sei immer geplant gewesen. "Die Vergütung von 18 Euro war dafür gedacht, Strukturen aufzubauen und die Apotheken vom Mitmachen zu überzeugen."

Beim bayerischen Apothekerverband kommt das nicht gut an: "Wir haben von der geplanten Senkung nur aus den Medien erfahren", erklärt Sprecher Thomas Metz. Nachvollziehen könne man das nicht. Die Apotheken hätten nicht nur in kurzer Zeit die Vorgaben aus Berlin technisch wie personell umgesetzt, sondern müssten nun neben dem Alltagsgeschäft den Mehraufwand stemmen. Gerade bei älteren Kunden würden Apotheker teilweise sogar beim Herunterunterladen der App und dem Einscannen des Codes helfen. "Das kostet Zeit." Zudem bräuchten Apotheken eine belastbare Kalkulationsgrundlage und damit Planungssicherheit. "Gibt es die nicht, wird die Bereitschaft sinken, künftig Zusatzaufgaben zu übernehmen", so Metz.

"Mehr Verlässlichkeit" wünscht sich auch Christoph Berninger. Der Apotheker betreibt zusammen mit seinem Geschäftspartner vier Filialen, zwei davon in Nürnberg. Seit Montag bietet auch er die Erstellung des QR-Codes für den Impfnachweis an, täglich kommen dafür mehrere Menschen in die Filialen. "Ich finde es gut, dass wir uns in der Pandemie einbringen können, schließlich sind wir auch ein Gesundheitsdienstleister. Aber natürlich muss man auch sehen, dass das zusätzliche Arbeit ist." Die aktuell noch geltenden 18 Euro pro Zertifikat hält er für gerechtfertigt, "ich werde aber auch weitermachen, wenn wir dann nur noch sechs Euro bekommen, schließlich mache ich das nicht des Geldes wegen".

Hausärzte: "Honorare stehen in keinem Verhältnis"

Doch warum die Apotheken überhaupt mit einbeziehen? Schließlich werden Impfzentren und auch Hausärzte aktuell an das Zertifizierungs-System angeschlossen. Der bayerische Hausärzteverband ist von der neuen Aufgabe nicht begeistert: Der gelbe Impfpass sei ein gültiges Dokument. "Wer aus Bequemlichkeit lieber einen digitalen Impfnachweis auf seinem Smartphone haben möchte, kann dies gerne tun, aber ohne den Praxen einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand aufzubürden", so der Landesvorsitzende Markus Beier. Die Hausärzte seien nicht das Passamt der Nation. Zudem sei die technische Umsetzung schwierig.

In einem offenen Brief an Spahn sprechen die Hausärzte zudem den Punkt Honorarverteilung an, die "in keinem Verhältnis" stünde: "Das reine Ausstellen einer digital lesbaren Impfbescheinigung soll mit 18 Euro vergütet werden", gerade mal 2 Euro mehr würden dagegen Ärzte pro Impfung erhalten. "Mit den 20 Euro Honorar wird dabei der gesamte Aufwand für Planung, Beratung, Impfung, Nachbetreuung und sowie für höhere Personal- und Sachkosten in den Hausarztpraxen abgegolten", rechnet Beier vor. Dafür fordere man auch eine sach- und leistungsgerechte Vergütung.

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