Leserforum: Deutsche verzichten aus Angst vor Viren auf Bargeld

27.3.2020, 09:39 Uhr
Große Handelsketten begrüßen es "zum Schutz der Kunden und der Mitarbeiter", dass inzwischen deutlich mehr Bezahlvorgänge ganz ohne Bargeld abgewickelt werden.

© Benjamin Nolte/dpa-tmn/dpa Große Handelsketten begrüßen es "zum Schutz der Kunden und der Mitarbeiter", dass inzwischen deutlich mehr Bezahlvorgänge ganz ohne Bargeld abgewickelt werden.

Die Befürchtung, dass das Virus über Geldscheine oder Münzen übertragen werden könnte, ist weit verbreitet. Die Deutsche Bundesbank hat durch Rene Gottschalk, den Leiter des Frankfurter Gesundheitsamts und WHO-Berater, erklären lassen, dass Geldscheine "nicht geeignet" seien, Coronaviren zu übertragen. Sein Rat, aber dennoch erhöhte Hygieneregeln im Umgang mit Geld einzuhalten, konnte wohl nicht alle Zweifel beseitigen.

Kontaktlos boomt

Da passt es ins Bild, dass jetzt immer mehr Kunden an der Kasse mit der Karte bezahlen und viele davon sogar kontaktlos. Während noch im Dezember nur etwa 35 Prozent aller Girocard-Zahlungen ohne direkten Kontakt zum Lesegerät ausgeführt wurden, verzeichnete die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) in den vergangenen Wochen einen Anstieg auf etwa 50 Prozent.

Dass bei Beträgen bis 25 Euro keine PIN mehr eingegeben werden muss und die Zahlung auch mit dem Smartphone oder der Smartwatch abgewickelt werden kann, kommt vielen Nutzern, die jetzt auch beim Einkaufen auf Abstand bedacht sind, entgegen. Mastercard hat sogar gerade die Obergrenze für kontaktlose Zahlungen ohne Eingabe einer Pin-Nummer in der Coronavirus-Krise von 25 auf 50 Euro angehoben. Die Erhöhung gilt für Deutschland und weitere europäische Länder.

Kein Trend für die Zukunft

Auch große Handelsketten wie etwa Aldi begrüßen es "zum Schutz der Kunden und der Mitarbeiter", dass inzwischen deutlich mehr Bezahlvorgänge ganz ohne Bargeld abgewickelt werden. Genaue Zahlen nennt Aldi-Süd-Sprecherin Carina Loose zwar nicht, aber immerhin verrät sie, dass auch hier rund die Hälfte aller Kartenzahlungen kontaktlos erfolgen, "mit enorm steigender Tendenz".


Deutsche verzichten in der Corona-Krise auf Bargeld


Und auch Pressesprecher Tobias Ballbach berichtet, dass in den Beck-Filialen verstärkt ohne Bargeld bezahlt wird. Die Bitte nach Kartenzahlung zeige Wirkung. Schafft es nun die Corona-Krise die Deutschen, die im internationalen Vergleich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs bisher auf einem bescheidenen 15. Platz gestanden waren, zu einem Volk der Kartenzahler zu verändern? Janko Laumann vom Institut für angewandte Finanzpsychologie glaubt das eher nicht.

Zwar räumt der Experte ein, dass sich jetzt vor allem die junge Generation daran gewöhnen könnte, auch ein Eis oder eine Cola mit der Karte bezahlen zu können.

Doch dass Bargeld in Deutschland massiv an Bedeutung verliert oder gar ganz verschwindet, glaubt Laumann keineswegs. "Geld gibt ein Gefühl der Freiheit und gerade in Krisenzeiten erlebt Bargeld ja immer auch eine Renaissance", erklärt er mit Hinweis auf viele Menschen, die dann ihr Geld von den Banken abheben und lieber zu Hause bunkern.

Bares ist Wahres

Gerade Deutsche hätten aus historischen Gründen mehr Angst vor Kontrollverlust und Überwachung als andere Nationen und wohl auch deshalb eine stärkere Abneigung gegen elektronische Zahlungen, die sich leicht zurückverfolgen lassen.

Laumann ist deshalb überzeugt, dass der derzeitige Effekt der Corona-Pandemie, häufiger mit der Karte zu bezahlen, eher vorübergehender Natur ist.


Experten uneins: Wie lange dauert der Corona-Lockdown noch?


Und sollte sich die Krise noch weiter zuspitzen, dann würden sich wohl wieder deutlich mehr Menschen im Land an einen bekannten Spruch erinnern, der da lautet: nur Bares ist Wahres.


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