Lübcke-Mord: Waffenverkäufer hatte wohl auch rechte Gesinnung

25.9.2019, 19:32 Uhr

Auch bei dem dritten Verdächtigen im Mordfall Lübcke haben die Ermittler Hinweise auf eine rechte Gesinnung gefunden. Elmar J., der dem Hauptverdächtigen Stephan E. die Tatwaffe verkauft haben soll, sei aber wohl nicht durch politisch motivierte Straftaten aufgefallen, erfuhren die Mitglieder des Innenausschusses des Bundestages am Mittwoch nach übereinstimmenden Angaben mehrerer Abgeordneter von einem Vertreter der Bundesanwaltschaft. Auch dem Verfassungsschutz war der Trödler, der unter anderem auch mit Waffen gehandelt haben soll, nach bisherigen Informationen nicht bekannt.

Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke war am 2. Juni auf der Terrasse seines Hauses erschossen worden. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Der 45-jährige Stephan E. hatte die Tat zunächst gestanden, später aber sein Geständnis widerrufen.

Außer ihm und Elmar J. sitzt mit Markus H. noch ein Dritter in Untersuchungshaft. Der Verdacht gegen beide Männer lautet auf Beihilfe zum Mord.

Lübcke auf Bürgerversammlung ausgebuht

Markus H. soll den Kauf des brasilianischen Revolvers vermittelt haben, mit dem Lübcke aus nächster Nähe erschossen wurde. Er war 2009 gemeinsam mit Stephan E. und anderen Rechtsextremisten in Dortmund gewesen. Damals hatten rund 400 Neonazis eine Demonstration von Gewerkschaftern attackiert.


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Stephan E. und Markus H. hatten wohl eine Zeit lang keinen Kontakt mehr. Sie trafen sich den Angaben zufolge 2013 zufällig wieder. Beide waren nach Angaben aus Sicherheitskreisen bei der Bürgerversammlung im hessischen Lohfelden im Oktober 2015, wo über eine geplante Erstaufnahme-Einrichtung für Asylbewerber diskutiert wurde. Dort hatte der CDU-Politiker Lübcke damals auf aggressive Zwischenrufe mit dem Satz reagiert: "Da muss man für Werte eintreten, und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist, das ist die Freiheit eines jeden Deutschen." Daraufhin hagelte es Buh-Rufe und Beschimpfungen.

Markus H. hatte Waffenbesitzkarte vor Gericht erstritten

Bereits bekannt war, dass die Polizei bei den drei Beschuldigten insgesamt 46 Schusswaffen gefunden hatte. 37 dieser Waffen sollen sich nach Angaben von Abgeordneten im Besitz von Markus H. befunden haben. Er hatte nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung vor Gericht das Recht auf eine Waffenbesitzkarte erstritten, die ihm die Stadt Kassel wegen seiner Vorgeschichte zunächst verweigert hatte.


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Die mutmaßliche Tatwaffe und sechs weitere Waffen fanden die Ermittler nach Informationen aus dem Innenausschuss in einem Depot, zu dem Stephan E. die Ermittler führte. In der Trommel des brasilianischen Revolvers steckten demnach noch vier Schuss Munition und eine leere Hülse. Das Erddepot sei gut versteckt und womöglich auf eine langfristige Lagerung angelegt gewesen, hieß es.

Der Ausschuss will mehr über die Waffenfunde wissen - auch welche Waffen bei Elmar J. aufgefunden wurden. Im Fall Lübcke seien die "Parallelen zu möglichen Helferstrukturen, die auch den NSU ermöglicht haben", augenscheinlich, sagte der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser.

Stephan E. in Zusammenhang mit NSU

Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz hatte der Welt am Sonntag vergangene Woche mitgeteilt, Stephan E. tauche in einem Bericht der Behörde im Zusammenhang mit der Mordserie des rechtsterroristischen NSU elf Mal auf. In dem geheimen Dokument hatte der Nachrichtendienst seine Erkenntnisse über die Neonazi-Szene in Hessen zusammengefasst. Was dort konkret zu dem mutmaßlichen Lübcke-Mörder steht, wurde jedoch nicht mitgeteilt.

Auch der Generalbundesanwalt soll den Bericht noch nicht erhalten haben. "Es muss in jedem Fall der Eindruck vermieden werden, dass der Verfassungsschutz mögliche Verbindungen zum NSU-Komplex umschifft, um nicht zugeben zu müssen, wie verengt der Blick auf den NSU bisher gewesen ist und dass das Netzwerk um ihn herum konsequent ausgeblendet wurde", sagte die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic. Im Fall Lübcke sei eine "Aufklärung ohne Scheuklappen" notwendig.