Mit der Zigarette in die Enge getrieben

3.2.2011, 14:41 Uhr
Mit der Zigarette in die Enge getrieben

© Lenk

Wer abends durch die Nürnberger Altstadt schlendert, sieht sie vor den Kneipen: Menschen, die hastig an ihren Zigarretten ziehen, schlotternd vor Kälte. In Berlin ein ganz anderes Bild: Dort sitzen die Raucher in ihren kleinen Lieblings-Eckkneipen und quarzen, was das Zeug hält. Solange der Wirt seinen Betrieb zu einem "Raucherlokal" gemacht hat, ist das erlaubt.

Die Frage ist allerdings, wie lange noch. Denn die Initiative "Frische Luft für Berlin" hat seit Oktober bereits 10.000 Unterschriften für ein komplettes Rauchverbot in der Gastronomie und auf Kinderspielplätzen gesammelt. Bis April brauchen die Nikotingegner 20.000 Signaturen - dann muss sich das Abgeordnetenhaus mit einer Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes befassen. Herauskommen könnte eine ähnliche Regelung wie in Bayern.

In Nordrhein-Westfalen hat die rot-grüne Minderheitsregierung derweilen beschlossen, das von ihren Vorgängern beschlossene Gesetz zu überprüfen. Das Hauptproblem, hieß es aus dem Gesundheitsministerium, seien die "uneinheitlichen Regelungen in der Gastronomie".

Jedes Bundesland hat bisher sein eigenes Nichtrauchergesetz - und abgesehen vom bayerischen ist in jedem eine Ausnahmeregelung für kleine Kneipen zu finden, nach einigen ist das Qualmen auch in Nebenräumen erlaubt. Kritiker bemängeln allerdings oft, dass die Abgrenzung zwischen Raucher- und Nichtraucherbereich nur auf dem Papier existiere. Kein Wunder: Oft genug kriecht der Rauch durch offene Türen oder eine Schwingtür befördert ihn beharrlich in den Nichtraucherbereich.

Rauchverbot im Arbeitsschutzgesetz verankern

Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten spricht sich schon seit Jahren für schärfere Gesetze aus. Der SPD-Gesundheitspolitiker Lothar Binding ist einer von denen, die immer wieder für eine bundesweit einheitliche Regelung plädiert haben. Seit vergangenem Sommer trifft er sich mit Kollegen anderer Franktionen, um auszuloten, wie das funktionieren könnte. Das Ziel ist laut  "Rheinischer Post" ein komplettes Rauchverbot in allen öffentlichen Gebäuden, Behörden, Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, Hochschulen, Krankenhäusern, Flughäfen und in der gesamten Gastronomie. Es ist ein neuer Anlauf für strengeren Nichtraucherschutz. Der FDP-Abgeordnente Lutz Knopek sagte, der Bund könne dabei eine moderierende Rolle einnehmen, um die Länder zu motivieren, einen Schritt in Richtung gemeinsame Abstimmung zu machen.

Sebastian Frankenberger, dem Initiator des bayerischen Volksentscheids, ist das nicht genug: "Am sinnvollsten ist es, möglichst schnell eine gemeinsame Lösung zu finden", sagte er unserer Zeitung. Dafür müsse der Bund den Nichtraucherschutz in das Arbeitsschutzgesetz aufnehmen - und an dieser Stelle auch die Regelung für Kneipen verankern. "Gaststätten sind schließlich Arbeitsplätze und gehören mehr oder weniger zum öffentlichen Raum".

In diesem Fall hätte der Bund die Fäden in der Hand - und die Länder müssten folgen. Auch für die Wirte sei eine einheitliche Regelung besser, glaubt Frankenberger - etwa für diejenigen, die an der Landesgrenze zu Thüringen ein Lokal betreiben: "Die beschweren sich immer wieder über unfaire Wettbewerbsbedingungen". Denn weil in den Bars des Nachbarlandes noch gequalmt werden darf, setzen sich die Raucher einfach schnell ins Auto.

EU könnte den Abgeordneten zuvorkommen

Doch die politischen Mühlen mahlen langsam: Einen gemeinsamen Lösungsvorschlag haben die Abgeordneten bisher nicht fertig gebracht. In Medienberichten war zwar von einer geplanten Gesetzesinitiative bis zum Sommer die Rede. Doch das dementierte Binding ganz schnell. Es gebe “bislang keine gemeinsame Linie“ der Gruppe und daher auch “noch keinen Zeitplan“. Aus den Reihen von Union und FDP haben viele einem bundesweiten Rauchverbot schon von Vornherein eine Absage erteilt.

Daher stehen die Chancen nicht schlecht, dass die EU den deutschen Abgeordneten zuvorkommt: Schon seit Jahren ist das Rauchverbot in Brüssel auf der Agenda. EU-Gesundheitskommissar John Dalli sagte im Oktober: „Wir brauchen ein komplettes Rauchverbot in allen öffentlichen Räumen, Verkehrsmitteln und am Arbeitsplatz“. Ausnahmen für Eckkneipen und Bierzelte sind seiner Meinung nach nicht sinnvoll. Den Volksentscheid in Bayern sieht er als Signal für ganz Europa.

Eine entsprechende Initiative ist noch für dieses Jahr angekündigt. "Man hört, dass eine Regelung 2013 oder 2014 kommen soll", berichtet Frankenberger. In vielen EU-Staaten wie England oder Bulgarien gilt bereits ein striktes Rauchverbot für öffentliche Räume. Deutschland hätte im Vergleich dazu noch einiges aufzuholen - vor allem müsste es eine bundeseinheitliche Regelung finden. Einzig in Bayern würde sich vermutlich nicht viel ändern.

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