Nach Niedersachsen-Wahl: Schulz-Ablösung ist vom Tisch

16.10.2017, 17:33 Uhr
"Mit diesem Wahlsieg ist noch nicht ein einziges Problem, was wir anpacken müssen, aus der Welt", mahnt der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz am Montag nach der Niedersachsen-Wahl seine Genossen. Stephan Weil (rechts) bleibt Regierungschef in Hannover.

© Kay Nietfeld/dpa "Mit diesem Wahlsieg ist noch nicht ein einziges Problem, was wir anpacken müssen, aus der Welt", mahnt der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz am Montag nach der Niedersachsen-Wahl seine Genossen. Stephan Weil (rechts) bleibt Regierungschef in Hannover.

Die SPD will sich von ihrem Erfolg in Niedersachsen nicht blenden lassen. "Mit diesem Wahlsieg ist noch nicht ein einziges Problem, was wir anpacken müssen, aus der Welt", sagte Parteichef Martin Schulz am Montag in Berlin. Die SPD müsse eine Fortschrittspartei werden, um aus der Krise zu kommen: "Die nicht naiv, aber optimistisch und zupackend ist."

Der gescheiterte Kanzlerkandidat gilt nach dem Triumph von Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil als stabilisiert. Fragen, ob er in der Parteispitze fortan unter verschärfter Beobachtung stehe, wies Schulz zurück: "Ich kann noch alleine gehen."

Nach einer Vorstandsklausur stimmte er die Partei auf eine längere Durststrecke in der Opposition ein. Nach Niedersachsen, wo die SPD erstmals seit 1998 mit 36,9 Prozent wieder stärkste Kraft wurde, sei die Partei zwar gut gelaunt, "aber wir sind weit davon entfernt zu glauben, alles sei gut". Die Partei habe sich nach der krachenden Niederlage bei der Bundestagswahl nicht zerlegt. "Wir verlieren zusammen, aber wir gewinnen auch gemeinsam", sagte er. Schulz will im Dezember bei einem Parteitag erneut für den SPD-Vorsitz antreten. 

Schulz setzt auf Dialog

Die SPD war vor drei Wochen im Bund auf 20,5 Prozent abgestürzt. Schulz will nun von Ende Oktober an bei acht, nicht öffentlichen Regionalkonferenzen mit den Mitgliedern ins Gespräch kommen, um Lehren aus der Katastrophe zu ziehen. "Ich setze auf den Dialog. Ich komme nicht mit 'nem neuen Zehn-Punkte-Plan um die Ecke." Das hatte der 61-Jährige im Wahlkampf mehrfach erfolgslos versucht. 

Auch der niedersächsische Wahlgewinner Weil mahnte die Genossen zur Bodenhaftung: "Niemand betrachtet dieses Wahlergebnis in Niedersachsen als eine Beruhigungspille", sagte er in Berlin. Die SPD müsse ihr Leib-und-Magen-Thema der sozialen Gerechtigkeit mit Zukunftsthemen verknüpfen: "Eines alleine reicht nicht."


Kommentar: Was die Wahlen in Niedersachsen und Österreich verändern


Es sei kein Naturgesetz, dass die SPD keine Wahlen mehr für sich entscheiden könne: "Wenn wir es richtig machen, können wir auch gewinnen", sagte Weil. Dies sei keine Kritik an Schulz. Es gebe bei den SPD-Mitgliedern eine "tiefe emotionale Verbundenheit" mit dem Vorsitzenden. Dessen Integrationskraft sei ein "unschätzbarer Vorteil".

Erneuerungsprozess beginnt

Der Erneuerungsprozess der Sozialdemokraten beginnt schon an diesem Dienstag. Dann trifft sich die neue SPD-Bundestagsfraktion unter Führung von Andrea Nahles in Berlin zu einer Klausursitzung. Nahles will mit den Abgeordneten diskutieren, wie die SPD ihre Rolle als Oppositionsführerin im Bundestag ausfüllen will. Auch der Umgang mit den Rechtspopulisten von der AfD und der Linkspartei wird ein Thema sein.

Schulz muss bald eine wichtige Personalentscheidung treffen. Bis zum Parteitag will er einen neuen Generalsekretär vorschlagen, weil Hubertus Heil aufhört. Als mögliche Kandidaten werden die SPD-Politiker Nancy Faeser aus Hessen, Eva Högl aus Berlin, Katarina Barley (die den Job bis zum Sommer bereits machte) aus Rheinland-Pfalz oder Lars Klingbeil aus Niedersachsen gehandelt. 

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) stärkte Schulz erneut den Rücken. Für sie sei bereits am Abend der Bundestagswahl klar gewesen, dass der 61-Jährige SPD-Chef bleiben müsse: "Und das bleibt jetzt auch so, erst recht nach dieser erfolgreichen Niedersachsenwahl", sagte Schwesig. Sie forderte aber mehr Klarheit bei Flüchtlingsfrage und Integration, Digitalisierung und Pflege. 

Verwandte Themen


3 Kommentare