Frage stelle sich erst Ende November

Pandemie-Zustand beenden? Bayerische Staatsregierung missfällt Spahn-Vorschlag

19.10.2021, 12:52 Uhr
Laut Florian Herrmann könne eine Pandemie nicht "per ordre de mufti" beendet werden.

© IMAGO / Leonhard Simon Laut Florian Herrmann könne eine Pandemie nicht "per ordre de mufti" beendet werden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich für ein Auslaufen der sogenannten "epidemischen Lage nationaler Tragweite" am 25. November ausgesprochen. Die bayerische Staatsregierung steht dem skeptisch gegenüber. Dem "Apodiktischem von Herrn Spahn" stehe man "zurückhaltend" gegenüber, weil eine Pandemie nicht "par ordre du mufti" (ohne Einbeziehung der Betroffenen, Anmerk. d. Redaktion) beendet werden könne, sagte Bayerns Staatskanzleiminister und Corona-Koordinator Florian Herrmann (CSU) am Dienstag nach einer Ministerratssitzung in München.

Die Frage, ob der Bund das Ende der Pandemielage beschließen soll, stelle sich erst Ende November, so Herrmann weiter. Die bayerische Staatsregierung sei in der Frage "noch nicht festgelegt", plädiere aber für Vorsicht. Immerhin würde dies bedeuten, dass die Landesregierung keine Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen mehr erlassen könne. Dies würde zum Beispiel das Ende der Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und der Testungen in Schulen und Kindergärten zur Folge haben.

Die Ministerpräsidentenkonferenz werde sich mit dem Thema sicher noch beschäftigen, so der Staatskanzleichef. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am vergangenen Wochenende darauf hingewiesen, dass das Ende des Pandemiezustands praktisch einen "Freedom Day" gleich käme.

Herrmann lehnte zugleich auch ein Ende der PCR-Pool- sowie Schnelltests an den Schulen ab. Dafür hatte sich unter anderem der Virologe Klaus Stöhr ausgesprochen. "Die Testungen an den Schulen haben sich bewährt", sagte Herrmann. Obwohl sie aufwändig seien, liefen auch die PCR-Pooltest, die so genannten Lolly-Tests, an den Grund- und Förderschulen mittlerweile sehr gut. Die Tests vermittelten der gesamten Schulfamilie ein Sicherheitsgefühl und stellten sicher, dass die Schule nicht der Ort von Ansteckungen sei.

Neun von zehn Hotspot-Kreisen in Bayern

In Bayern fallen andere Corona-Hotspots auf. Unter den zehn Landkreisen mit den höchsten Sieben-Tage-Inzidenzen sind neun bayerische, überwiegend in Südost- und Ostbayern. Mit Ansteckungsraten bis zu 354 pro Woche und 100.000 Einwohnern fallen besonders die Kreise Berchtesgadener Land, Traunstein und Straubing-Bogen auf. Es gebe dafür "keine monokausale Erklärung", sagte Herrmann. Die hohen Ansteckungszahlen haben dafür gesorgt, dass Bayern mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 116,1 am Dienstag deutlich über dem Bundesdurchschnitt (75,1) lag. Der für die Verbreitung des Virus maßgebliche r-Wert liegt im Freistaat bei 1,11. Das bedeutet, dass ein Infizierter mehr als eine weitere Person ansteckt.

Man beobachte eine "steigende Tendenz", bestätigte Herrmann. Die bayerische Krankenhaus-Ampel stehe aber weiterhin auf grün. Die Grenzwerte von 1.200 in Krankenhäuser eingewiesenen Corona-Patienten sei mit 262 pro Woche weit unterschritten. Dasselbe gelte für die Belegung von Intensivbetten mit Corona-Patienten (263; Grenzwert 600).

Durch die Impfungen seien die Infektionszahlen von den Erkrankungen "entkoppelt". Nach Angaben des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) stecken sich zum weit überwiegenden Teil Ungeimpfte an: Die Sieben-Tage-Inzidenz bei nicht Immunisierten liegt in Bayern bei 204,5, bei Geimpften bei 26,2.

Glühwein mit Abstand

Unterdessen hat das bayerische Wirtschaftsministerium die vergleichsweise liberalen Hygieneschutzregeln für Weihnachtsmärkte, die in diesem Jahr wieder stattfinden können, erlassen. Das Rahmenkonzept verzichtet auf 3G- und Maskenpflicht. Letztere besteht nur für die Innenbereiche von geschlossenen Ständen. Es wird keine Umzäunung der Märkte und kein Alkohol-Ausschankverbot geben, bekräftigte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler).

Veranstalter von Weihnachtsmärkten müssen aber ein individuelles Infektionsschutzkonzept für Mitarbeiter, Standbetreiber und Besucher ausarbeiten und diese darüber informieren. Wo es möglich ist, soll ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Personen eingehalten werden. Zudem sollen sich durch Maßnahmen zur Besucherlenkung keine Menschenansammlungen bilden können.

Für gastronomische Angebote gelten die allgemeinen Bestimmungen der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung und das Rahmenkonzept Gastronomie. Der Verkauf von Speisen und Getränken zum Mitnehmen und deren Verzehr auf dem Marktgelände ist erlaubt. In Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz von 35 überschritten wird (derzeit in Bayern nur im Landkreis Tirschenreuth), gilt entsprechend des Rahmenkonzepts in geschlossenen Räumen die 3G-Regel oder freiwillig 2G/3Gplus.

Mit dem "maßvollen Schutzkonzept" werde sichergestellt, "dass der Infektionsschutz gewährleistet wird, die Gäste einen unbeschwerten und stimmungsvollen Marktbesuch erleben sowie Veranstalter, Marktkaufleute und Schausteller die Chance haben, wieder Umsätze zu erwirtschaften", erklärte Aiwanger.

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