Riesiger Ansturm auf das Baukindergeld

24.9.2018, 12:53 Uhr
Es ist ein Milliardenprojekt, das beim Traum von den eigenen vier Wänden helfen soll: Seit Dienstag kann das Baukindergeld beantragt werden, zum Start gibt es einen enormen Andrang.

© Foto: Sina Schuldt, dpa Es ist ein Milliardenprojekt, das beim Traum von den eigenen vier Wänden helfen soll: Seit Dienstag kann das Baukindergeld beantragt werden, zum Start gibt es einen enormen Andrang.

Die Internetseite war gerade freigeschaltet, da brach sie schon zusammen und war zeitweise nicht mehr erreichbar. Mehr als 1000 Anträge gingen in den ersten Stunden ein. Damit hatte die staatliche KfW-Förderbank, bei der das Baukindergeld seit Dienstag beantragt werden kann, nicht gerechnet. "Wir erwarten einen weiteren großen Zustrom", hieß es. Doch das Projekt, eines der teuersten der Großen Koalition, lange erwartet, mehrfach verändert, hat auch viele Gegner.

Anträge:
Wer interessiert ist, muss auf die Seite der KfW-Bank gehen (www.kfw.de/baukindergeld). "Der Zuschuss soll es Familien mit Kindern und Alleinerziehenden leichter machen, ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung zu finanzieren", betont die KfW. Pro Kind gibt es 12.000 Euro, ausgezahlt in zehn Jahresraten zu je 1200 Euro. Einen Antrag können alle Bürger mit mindestens einem Kind stellen, die seit Januar 2018 einen Kaufvertrag unterzeichnet oder eine Baugenehmigung erhalten haben. Den Zuschuss gibt es für alle Kaufverträge oder Baugenehmigungen, die bis Ende 2020 abgeschlossen werden. Damit soll Familien in Zeiten von vielerorts in Deutschland steigenden Miet-, Bau- und Kaufkosten finanziell unter die Arme gegriffen werden.

Deckelung:
Die zeitliche Befristung für Baukindergeld-Anträge von 2018 bis Ende 2020 gibt es, um die Kosten im Griff zu halten, Haushälter rechnen mit einer Gesamtsumme von bis zu zehn Milliarden Euro. Zwischenzeitlich war von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) daher eine Deckelung auf 120 Quadratmeter Wohnfläche geplant gewesen, als Kompromiss gab es dann die zeitliche Begrenzung. Denn einige Familien hatten schon größere Wohnungen gekauft – und drohten trotz der rückwirkenden Förderung ab Anfang 2018 plötzlich leer auszugehen.

Voraussetzungen:
Ein Ehepaar oder Alleinerziehende mit einem Kind dürfen ein Haushaltseinkommen von maximal 90.000 Euro im Jahr haben, bei zwei Kindern 105.000 Euro, bei drei Kindern 120.000 Euro. Die Kinder müssen mit im Haus oder in der Wohnung leben, und die Familie darf keine andere Immobilie besitzen. Das Milliardenprojekt stand schon im CDU/CSU-Wahlprogramm. Unionsfraktionschef Volker Kauder betont, wenn Familien aus Mietwohnungen in eigene vier Wände ziehen, würden diese Wohnungen für andere frei, und Eigentum sei die beste Altersvorsorge.

Kritik:
"Dadurch wird nicht eine bezahlbare Wohnung mehr geschaffen", sagt der Grünen-Sprecher für Wohnungspolitik im Bundestag, Chris Kühn. Stattdessen werde es die Immobilienpreise weiter anheizen. Das Baukindergeld subventioniere letztlich die Umwandlung von noch mehr Miet- in Eigentumswohnungen – die im Preis weiter steigen würden. Zudem zahlen auch Steuerzahler, die sich trotzdem keine Wohnung leisten können, das Ganze mit. FDP-Chef Christian Lindner sagt, der Staat solle stattdessen einen Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer schaffen. Denn bei Sätzen von bis zu 6,5 Prozent kassieren die Bundesländer bei steigenden Immobilienpreisen hier immer mehr mit – Familien müssen den Großteil des Baukindergelds hierfür abzwacken.

Was noch geplant ist:
Ein Steuerbonus soll dafür sorgen, dass private Investoren endlich auch mehr bezahlbare Mietwohnungen schaffen. Dafür will der Bund zusätzlich zur normalen Abschreibung für vier Jahre eine Sonderabschreibung von jährlich fünf Prozent gewähren. Das will das Kabinett am Mittwoch beschließen. Der Bonus soll für Bauanträge zwischen dem 31. August 2018 und Ende 2021 gelten. Die Wohnung muss mindestens zehn Jahre vermietet werden und die Kauf- und Baukosten dürfen nicht mehr als 3000 Euro je Quadratmeter betragen. So soll verhindert werden, dass auch Investoren im gehobenen Segment noch Steuerboni kassieren können.

1,5 Millionen:
So viele neue Wohnungen sollen in den kommenden Jahren dank Förderung und Steuerboni gebaut werden. Ziel von Union und SPD ist es, durch ein größeres Angebot auch an Sozialwohnungen Wohn- und Mietkosten zu senken. Am 21. September gibt es zur Besprechung weiterer Schritte einen Wohngipfel bei Kanzlerin Angela Merkel. Die SPD will ein weitgehendes Einfrieren der Mieten für fünf Jahre – da neue Wohnungen erst gebaut werden müssen. SPD-Chefin Andrea Nahles spricht von der "neuen sozialen Frage". Klar ist: Wenn es an dieser Front keine Entspannung gibt, kann das die Lage im Land weiter verschärfen – denn die Kostensprünge bewegen viele Leute.

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