Türkei weist Journalisten aus: NN-Korrespondent betroffen

4.3.2019, 05:49 Uhr
Türkei weist Journalisten aus: NN-Korrespondent betroffen

© Michael Kappeler/dpa

Die Entscheidung des Informationsamtes in Ankara "schadet dem Ansehen der Türkei und kann daher nicht im Interesse der Türkei sein", erklärte der AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroglu. Er deutete an, dass die Entscheidung revidiert werden könnte.

Das Informationsamt hatte am Freitag dem Korrespondenten Thomas Seibert, der unter anderem für die NN aus der Türkei und dem Nahen Osten berichtet, und dem ZDF-Büroleiter in Istanbul, Jörg Brase, sowie dem deutschen Fernsehjournalisten Halil Gülbeyaz die Akkreditierungen entzogen.

Keinerlei Gründe genannt

Wie Gülbeyaz mitteilte, erhielt er wie Seibert und Brase eine E-Mail des Informationsamtes mit der Ablehnung seines Antrags auf Neu-Akkreditierung für das Jahr 2019. Wie in den anderen beiden Fällen nannten die Behörden auch bei Gülbeyaz keine Gründe für die Zurückweisung. Gülbeyaz ist seit zwölf Jahren für das NDR-Fernsehen in der Türkei als Journalist akkreditiert. Er hat Wohnsitze in Istanbul und Berlin und ist derzeit in der Bundeshauptstadt. Von dem drohenden Entzug der Akkreditierung ist auch unser Medienhaus betroffen. Tagesspiegel-Korrespondent Thomas Seibert berichtet auch für uns aus Istanbul sehr kenntnisreich über die nahöstliche Konfliktregion.

Yeneroglu betonte, er könne "nicht erklären, wie die zuständige Behörde zu einer solchen Entscheidung gekommen ist. Jedenfalls kann ich die Entscheidung weder nachvollziehen noch gutheißen." Journalisten könnten in der Türkei "frei arbeiten", fügte er hinzu.

"Unverständliche Entscheidungen"

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Der AKP-Politiker verwies zudem auf mögliche Folgen für die türkische Wirtschaft. "Wir können nicht auf der einen Seite so intensiv für den Wirtschaftsstandort Türkei mit ihren wirklich äußerst reizvollen Perspektiven werben, wenn auf der anderen Seite solche unverständlichen Entscheidungen mit großer Tragweite von einer Behörde getroffen werden."

Der Entzug der Akkreditierungen "muss in jedem Einzelfall konkret und überzeugend vermittelt werden, so wie in jedem anderen Rechtsstaat auch", unterstrich Yeneroglu. Er gehe davon aus, "dass die Entscheidung entweder äußerst überzeugend erklärt oder, wenn stichhaltige Argumente fehlen, in Kürze berichtigt wird".

Viele Korrespondenten warten noch auf Genehmigung

Insgesamt warten noch Dutzende Auslandskorrespondenten auf ihre Arbeitsgenehmigungen, darunter die Korrespondenten der Süddeutschen Zeitung und der britischen BBC. Ausländische Journalisten in der Türkei müssen sich jedes Jahr neu akkreditieren.

In Einzelfällen hatte es in den vergangenen Jahren bereits mehrmals Probleme bei der Akkreditierung gegeben. Die Zurückweisung gleich mehrerer Korrespondenten und die Verzögerung des Akkreditierungsverfahrens für mehrere Dutzend Journalisten ist jedoch neu.

Neue Zuständigkeit

Die Zuständigkeit für die Akkreditierungen war im vergangenen Jahr im Zuge der Einführung des Präsidialsystems in der Türkei vom inzwischen aufgelösten Ministerpräsidentenamt ans Präsidialamt übergegangen. Der neue Chef des dortigen Informationsamtes, Fahrettin Altun, hat sich bisher nicht zu dem Entzug der Akkreditierungen geäußert. Anfragen europäischer Diplomaten in Ankara ließ Altun unbeantwortet.

Mit ihrem Verhalten stellt sich die Türkei in eine Reihe autokratischer Länder, die ebenfalls unliebsamen ausländischen Berichterstattern die Akkreditierungen entziehen. Laut einem Bericht der Journalisten-Vereinigung Reporter ohne Grenzen zählen dazu unter anderem Ägypten, China, Venezuela und Weißrussland.

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