Gefahr von Völkermord

Eilantrag abgelehnt: Israel muss nicht abrücken

26.1.2024, 15:41 Uhr
Pro-palästinensische Aktivisten haben das Urteil des internationalen Gerichtshofs erwartet.

© Patrick Post/AP/dpa Pro-palästinensische Aktivisten haben das Urteil des internationalen Gerichtshofs erwartet.

Der Internationale Gerichtshof hat eine Gefahr von Völkermord im Gazastreifen festgestellt, verpflichtet Israel aber nicht zum Ende des Militäreinsatzes. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen beauftragte Israel aber, mehr Schutzmaßnahmen für Palästinenser zu ergreifen, um Völkermord zu verhindern.

Es ist ein deutliches Signal der Richter. Sie sehen die Gefahr, dass die Völkermord-Konvention verletzt werden könnte. Israel hatte die Vorwürfe Südafrikas als haltlos zurückgewiesen und sich auf das Recht zur Selbstverteidigung nach dem verheerenden Massaker der Hamas und anderer Terrorgruppen vom 7. Oktober berufen.

Völkermord-Verfahren nicht abgeschlossen

Die Richter entsprachen damit nur teilweise einem Eilantrag Südafrikas, das eine sofortige Einstellung der militärischen Handlungen gefordert hatte. Israel muss aber nun Schutzmaßnahmen ergreifen und mehr humanitäre Hilfe zulassen. Israel muss außerdem alles dafür tun, Aufrufe zum Völkermord zu verhindern und zu bestrafen, wie die Richter befanden.

Israel wird des Völkermordes beschuldigt: Joan Donoghue eröffnet als Vorsitzende Richterin die Sitzung des Internationalen Gerichtshofs.

Israel wird des Völkermordes beschuldigt: Joan Donoghue eröffnet als Vorsitzende Richterin die Sitzung des Internationalen Gerichtshofs. © Patrick Post/AP/dpa

Es ist eine erste Entscheidung in dem Völkermord-Verfahren. Südafrika hatte Ende Dezember Klage gegen Israel eingereicht. Das Gericht entschied damit noch nicht endgültig über den Hauptvorwurf des Völkermordes. So ein Verfahren kann sich über Jahre hinziehen.

Entscheidungen des UN-Gerichts sind bindend. Die Richter haben aber kein Machtmittel, um diese auch durchzusetzen. Unklar ist, ob Israel sich an diese Anordnung halten wird. Wann das Verfahren zum Hauptvorwurf des Völkermordes beginnen wird, ist nicht bekannt.

Palästinensischer Außenminister begrüßt Entscheid

Der Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riad Malki, begrüßt den Entscheid des UN-Weltgerichts. "Die Richter des Internationalen Gerichtshofs sind von den Fakten und Gesetzen ausgegangen. Sie urteilten zugunsten der Humanität und des internationalen Rechts", hieß es in der Stellungnahme, die veröffentlicht wurde. Alle Staaten, so auch Israel, seien nun aufgefordert, den Entscheid umzusetzen.

Inmitten der schweren Kämpfe im Gazastreifen fiel vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag eine erste Vorentscheidung im brisanten Völkermord-Verfahren gegen Israel.

Inmitten der schweren Kämpfe im Gazastreifen fiel vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag eine erste Vorentscheidung im brisanten Völkermord-Verfahren gegen Israel. © Patrick Post/AP/dpa

Südafrika: UN-Gericht Entscheidung ist "entscheidender Sieg"

Südafrika hat die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs, dass eine Gefahr von Völkermord im Gazastreifen bestehe, als "einen entscheidenden Sieg für die internationale Rechtsstaatlichkeit" begrüßt. Der Beschluss des höchsten Gerichts der Vereinten Nationen sei "ein bedeutender Meilenstein bei der Suche nach Gerechtigkeit für das palästinensische Volk", teilte das Außenministerium mit.

Die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs sei "wegweisend", fand Südafrikas Außenministerium. Drittstaaten, die Israel bislang unterstützten, sollten umgehend sicherstellen, dass sie nicht selbst gegen die Völkermord-Konvention verstießen, indem sie die Finanzierung und Erleichterung israelischer Militäraktionen einstellten, hieß es.