Vergewaltiger aus Nürnberg wollte sich das Leben nehmen

17.11.2011, 09:46 Uhr
Der Sexualstraftäter Bernhard S. hat versucht, sich mit einer Überdosis Psychopharmaka das Leben zu nehmen.

© Jens Kalaene/Archiv Der Sexualstraftäter Bernhard S. hat versucht, sich mit einer Überdosis Psychopharmaka das Leben zu nehmen.

Offenbar schwebt er noch immer in Lebensgefahr und hat sich im Krankenhaus eine Lungenentzündung zugezogen. Laut Auskunft der Justizvollzugsanstalt versuchte S. in der Nacht zum Montag, sich mit einer Überdosis Psychopharmaka das Leben zu nehmen. In der Früh um 6.10 Uhr hätten JVA-Beamte den 49-Jährigen laut schnarchend und bewusstlos in seiner Einzelzelle aufgefunden, so Renate Schöfer-Sigl, Leiterin der JVA-Nürnberg.

Ein Notarzt sei gerufen und der Häftling ins Klinikum gebracht worden, wo man ihn in ein künstliches Koma versetzte. Schöfer-Sigl zufolge stand der als latent selbstmordgefährdet geltende S. unter besonderer Überwachung. Mehrmals pro Nacht habe das Personal nach ihm geschaut, ihn aber für schlafend gehalten.

Mit „dämpfenden Medikamenten“ sei der Häftling auf Anraten von Psychiatern im Gefängnis ruhiggestellt gewesen, weil er depressiv war. S. habe die Tabletten stets unter Aufsicht nehmen müssen. Doch offenbar gelang es ihm, sie unbemerkt zu horten und in Massen zu schlucken.

Die JVA-Chefin geht von einem „Bilanz-Suizid“ aus. S. sei sich darüber im Klaren gewesen, dass ihm für seine Taten nicht nur eine hohe Haftstrafe, sondern auch die Sicherungsverwahrung droht, er also nie mehr in Freiheit kommt. S. hatte am 12. Oktober 2010 einer jungen Frau in Langwasser aufgelauert und sie in einem Waldstück vergewaltigt. Tage später brachte er in Neumarkt eine Krankenschwester (22) in seine Gewalt, flüchtete mit ihr im Auto durch ganz Deutschland und vergewaltigte sie unterwegs mehrfach.

Nach einer groß angelegten Fahndung wurde Bernhard S. am 19.Oktober 2010 im thüringischen Gotha festgenommen. Der vorbestrafte Verbrecher war Monate zuvor aus der Erlanger Psychiatrie auf freien Fuß gekommen, nachdem Gutachter hierzu grünes Licht gegeben hatten.

Seitdem saß S. in der JVA Nürnberg in Strafhaft, wo er die Reststrafe wegen eines früheren Sexualdelikts verbüßte. S. sei ein ruhiger Insasse gewesen, der sehr zurückgezogen war und keinen Kontakt zu Mitgefangenen suchte — wohl auch aus Angst vor Übergriffen, so Schöfer-Sigl. Auf eigenen Wunsch habe er hinter Gittern auch nicht gearbeitet.

Im Klinikum streng überwacht

S. werde auch im Klinikum streng überwacht — schon zum Schutz des weiblichen Pflegepersonals, erläutert die Anstaltsleiterin. Inzwischen sei auch der erwachsene Sohn von S. über den Selbstmordversuch seines Vaters informiert worden. Der Sohn halte Kontakt zu seinem Vater und nehme sein Besuchsrecht wahr. Auch Verteidiger Jochen Horn wurde von der JVA über die Vorkommnisse unterrichtet.

Aus Sicht des Anwalts ist nun völlig offen, ob und wann sein Mandant verhandlungsfähig sein wird. Horn leuchtet es nicht ein, wie es trotz der engmaschigen Überwachung in der JVA zu dieser Kurzschlusshandlung kommen konnte. Er hielt S. für medikamentös gut eingestellt.

Nebenklägeranwältin Andrea Kühne erläutert die fatalen Folgen für ihre Mandantin, besagte 22-jährige Krankenschwester. Die fühle, dass sie durch den Suizidversuch ihres Peinigers ein zweites Mal zum Opfer geworden sei. Wieder habe er eine Abhängigkeit geschaffen. Die Frau, die bis heute arbeitsunfähig ist, habe gehofft, dass der Prozess im Januar von Statten geht und sie danach nach vorn blicken kann. Ein „verschleppter Verfahrensbeginn“ bedeute für das Opfer weiteres Leid, so Kühne.

Offenbar hatte sich S. aus der Haft heraus per Brief an die 22-Jährige gewandt und um Entschuldigung gebeten. Dies habe ihre Mandantin aber nicht angenommen, so Kühne. S. hatte sich wohl auch während der Taten immer wieder entschuldigt und gesagt, er könne nicht anders. S. soll der Frau auch mit dem Tod gedroht haben. Mehrfache Vergewaltigung, Geiselnahme und Erpressung wirft die Staatsanwaltschaft dem mutmaßlichen Triebtäter vor, der erstmals 1984 in Nürnberg einschlägig verurteilt wurde.

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