Wenn der Impfstoff da ist: Bayern prüft Strategie

6.10.2020, 16:33 Uhr
60 bis 70 Prozent der Bevölkerung sollen sich mit einem Corona-Impfstoff gegen das Virus impfen lassen, erklärte Staatskanzleichef Florian Herrmann. 

© Friso Gentsch, dpa 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung sollen sich mit einem Corona-Impfstoff gegen das Virus impfen lassen, erklärte Staatskanzleichef Florian Herrmann. 

Die drei Wissenschaftler von der Ständigen Impfkommission machten den Kabinettsmitgliedern durchaus Hoffnung. Nur zehn Monate, nachdem das Corona-Virus identifiziert worden war, stehen rund zehn Impfstoffe im Zulassungsverfahren. Zwar könne noch niemand genau sagen, wann sie erstmals zum Einsatz kommen können. Möglich sei das vielleicht schon zu Beginn des nächsten Jahres, wie Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) nach dem Gespräch sagte.


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Doch weil vorerst gar nicht klar ist, welcher Impfstoff für welche Gruppen geeignet sein und in welchen Mengen er vorliegen wird, muss sich das Land auf unterschiedliche Szenarien vorbereiten. Die Wissenschaftler legten den Kabinettsmitgliedern nahe, dass sie mehrere Strategien entwickeln müssten, wie das Serum verteilt werden soll. Das Ziel bleibe zwar das gleiche: "Am Ende müssen 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung geimpft sein, damit das Virus seine Gefährlichkeit verliert", sagte der CSU-Minister. Doch der Weg dorthin könnte beschwerlich werden und psychologisch riskant.

So ist bislang offen, ob eine einmalige Impfung bereits einen ausreichenden Schutz aufbauen wird und ob der Impfstoff für alle Altersgruppen geeignet sein wird. Zudem werde "das Serum nicht auf einen Schlag für alle vorliegen", sagte Herrmann. "Das wird über einen längeren Zeitraum gehen." Der Staat muss zunächst selektieren, die einen bevorzugen und die anderen hinten anstellen. Dabei ist klar, dass die Risikogruppen zu jenen zählen, die als erste geimpft werden müssen. Wie es danach weitergehen soll, darauf legt sich die Staatsregierung nicht fest.

Herrmann betonte, es sei nun wichtig, dass die Bevölkerung nachvollziehen könne, wer in welchem Schritt an die Reihe kommt. Die Staatsregierung arbeite deshalb eng mit allen zuständigen Stellen zusammen, von der Ständigen Impfkommission über das Robert-Koch-Institut, die Bundesregierung, aber auch der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns bis zur Bayerischen Krankenhausgesellschaft. Nicht nur müsse entschieden werden, welche Bevölkerungsgruppen in welcher Reihenfolge versorgt werden müssten. Es sei auch "logistisch eine massive Herausforderung", sagte Herrmann. Denn das Serum muss möglichst schnell und sicher über das ganze Land verteilt und vor Ort gelagert werden. Dass die Staatsregierung das Heft des Handelns an den Landtag zurückgeben könnte, wie es die Grünen verlangen, lehnt der CSU-Politiker rundweg ab. Nach Ansicht der Grünen muss der Landtag ein Bayerisches Corona-Maßnahmen-Gesetz schnüren, das alle Einzelverordnungen der Regierung bündelt, einander angleicht und mit dem Segen des Parlaments ausstattet. Nur so erhalte der Landtag das Mitspracherecht, das ihm als Legislative zustehe. Herrmann konterte, die Regierung müsse auch weiterhin schnell auf die Entwicklungen reagieren können. Dies gehe nicht mit dem von den Grünen vorgeschlagenen Weg. "Infektionsschutz ist Gefahrenabwehr", sagte er. "Und das ist die Aufgabe der Exekeutive, also der Regierung."

Der Artikel wurde am 6. Oktober, gegen 16.30 Uhr, aktualisiert.

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