Wohlstand statt Waffen

24.7.2014, 19:36 Uhr

sagt man. Umso erstaunlicher, dass die möglichen ökonomischen Hintergründe der Kriege in Gaza und der Ukraine in der öffentlichen Debatte überhaupt keine Rolle spielen. Allenfalls Rüstungsgeschäfte wie der Verkauf französischer Helikopterträger an Russland oder deutscher U-Boote an Israel werden als anrüchig kritisiert. Doch dass auch die jeweiligen Konfliktparteien mit diesen Auseinandersetzungen wirtschaftliche Interessen verfolgen – mehr noch, dass ihre ökonomische Lage vielleicht einer der Hauptgründe für die Eskalation sein könnte —, interessiert offenbar niemanden.

Jenseits der Rüstungslogik

Was bedauerlich ist, denn die Erkenntnis, dass die Kriege in Nahost und der Ukraine eben auch um die Verteilung von Wohlstand geführt werden, eröffnet Lösungsoptionen jenseits der Kriegs- und Rüstungslogik. Denn wer Geld verdienen oder auch nur seine grundlegendsten materiellen Bedürfnisse befriedigen will, der hat kein Interesse an einem Konflikt, sondern an Arbeit, Einkommen und Handelsmöglichkeiten. Und es ist manchmal einfacher, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen, als den gordischen Knoten aus nationalistischen und religiösen Motiven zu durchschlagen, aus denen diese Großkonflikte entstanden sind.

Beispiel Ukraine: Das Land ist einer der wichtigsten Absatzmärkte für die russische Wirtschaft. Dieser Markt droht durch das Assoziierungsabkommen Kiews mit der EU wegzubrechen. Mehr noch: Die westeuropäische Wirtschaft könnte mit ihren meist deutlich günstigeren und wettbewerbsfähigeren Produkten von der Ukraine aus stärker als bisher auch auf den russischen Markt drängen.

Moskau fühlt sich also nicht nur militärisch und strategisch durch die Annäherung der Ukraine an EU und Nato bedroht, sondern auch wirtschaftlich. Das rechtfertigt natürlich in keiner Weise die Annexion der Krim oder die mögliche Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine. Aber es wäre ein möglicher Ansatzpunkt: Wer Entspannung will, der muss auch die ökonomischen Befürchtungen Moskaus ernst nehmen und Handelsbeziehungen aufbauen, die beiden Seiten dienen. Mit Wirtschaftssanktionen gegen Russland, die erneut verschärft wurden, erreicht man das genaue Gegenteil.

Nicht vergessen darf man zudem die Menschen in der Ostukraine: Viele von ihnen sind nach jahrelanger Misswirtschaft und Korruption der bislang herrschenden Cliquen in Kiew verarmt. Ihnen eine Perspektive auf ein Leben in materieller Sicherheit zu geben, muss allererste Priorität der neuen ukrainischen Regierung sein — und die EU und Moskau sollten dabei großzügig helfen. Denn wer auch nur ein kleines bisschen Wohlstand zu verlieren hat, der ist weniger anfällig für nationalistische Parolen selbst ernannter Freiheitskämpfer.

Das gilt natürlich in noch viel größerem Umfang für den Nahen Osten. Dort geht es eben nicht nur um das meist unheilvolle Aufeinandertreffen zweier Religionen, sondern auch um ganz praktische Fragen der Ressourcennutzung. Wer hat Zugang zu den lebenswichtigen Wasservorkommen und wie werden sie gerecht verteilt? Kann man vielleicht diesen Teilaspekt des Konfliktes mit dem großflächigen, aber teuren Einsatz von Meerwasserentsalzungsanlagen lösen? Und wie wird der angesichts einer wachsenden Bevölkerung immer knapper werdende Grund fair verteilt?

Teure Lösungen

Antworten auf diese Fragen zu finden, ist zugegebenermaßen schwierig und in der aktuellen Kriegssituation in Gaza und der Ukraine vermutlich sogar unmöglich. Teuer dürften Lösungen obendrein werden. Aber Geld ist genug da, schließlich verschlingen auch die Kriege in diesen Regionen Unsummen — obwohl sie langfristig alles andere als ein gutes Geschäft sind.

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