Gedenkfeier für Terror-Opfer

Zwei Jahre nach Attentat in Halle: Hass und Hetze gegen Juden bleiben "massives Problem"

9.10.2021, 04:05 Uhr
Durch diesen Eingang wollte ein schwerbewaffneter Terrorist vor zwei Jahren die Synagoge in Halle stürmen. 

© Hendrik Schmidt, dpa Durch diesen Eingang wollte ein schwerbewaffneter Terrorist vor zwei Jahren die Synagoge in Halle stürmen. 

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sieht zwei Jahre nach dem Terroranschlag von Halle großen Handlungsbedarf im Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus. "Die Verbreitung von Hass und Hetze, zum Beispiel in Form von antisemitischen Verschwörungsnarrativen in den sozialen Medien, ist ein massives Problem", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz sei ein erster wichtiger Schritt gewesen. Es zielt nach Angaben des Bundes darauf ab, Hasskriminalität, strafbare Falschnachrichten und andere strafbare Inhalte auf Plattformen sozialer Netzwerke zu bekämpfen.

Schuster zufolge sollte geprüft werden, wie das Gesetz auf Messenger-Dienste wie Telegram ausgeweitet werden kann. "Wir müssen alles daran setzen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist", sagte er. Unterdessen wird zwei Jahre nach dem Terroranschlag von Halle am Samstag in der Stadt der Opfer und Hinterbliebenen gedacht. Kranzniederlegungen sowie Veranstaltungen, Aktionen und Kundgebungen sind geplant, wie die Organisatoren mitteilten. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) wird dazu erwartet.

Am 9. Oktober 2019 hatte ein schwer bewaffneter rechtsextremer und antisemitischer Attentäter versucht, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur in der Synagoge der Jüdischen Gemeinde zu Halle ein Blutbad anzurichten. Als ihm dies nicht gelang, erschoss er eine 40-jährige Passantin. Wenig später tötete er einen 20-Jährigen in einem Döner-Imbiss. Auf seiner Flucht verletzte der damals 28-Jährige mehrere Menschen ehe er von der Polizei gefasst wurde. Das Oberlandesgericht Naumburg verurteilte den Attentäter Stephan Balliet 2020 zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung.

Nach Angaben von Schuster hat die Bundesregierung nach dem Anschlag von Halle schnell reagiert und Geld für die Sicherung jüdischer Einrichtungen bereitgestellt. Dadurch würden in vielen Gemeinden sukzessive bauliche und technische Verbesserungen vorgenommen. Das sei ein wichtiger Schritt. "Auf politischer und gesellschaftlicher Ebene bleibt allerdings noch viel zu tun, um den wachsenden Antisemitismus zu bekämpfen", sagte Schuster.

Zugleich betonte er, es gebe viele Initiativen, in denen die Menschen sogar oft ein persönliches Risiko auf sich nehmen, weil sie sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Für sie sei es wichtig, eine verlässliche Grundlage zu haben. Daher sollte die neue Regierungskoalition im Bund rasch das Demokratiefördergesetz auf den Weg bringen, findet Schuster. Es sieht eine langfristige Unterstützung von Organisationen vor, die sich präventiv engagieren.