Befall erkennen

Krätze in Deutschland wieder auf dem Vormarsch - was Sie wissen müssen

Stefan Besner

Online-Redaktion

E-Mail zur Autorenseite

dpa

16.7.2023, 16:37 Uhr
Krätze ist eine durch Milben verursachte ansteckende, nicht-tödliche Hautkrankheit.

© Henning Kaiser/dpa Krätze ist eine durch Milben verursachte ansteckende, nicht-tödliche Hautkrankheit.

"Ich glaub, ich krieg die Krätze.", lautet ein Ausspruch, wenn jemand derart genervt ist, dass er es nicht mehr aushält. Dieses Sprichwort kommt nicht von ungefähr. Laut Zahlen des Robert Koch Instituts (RKI) könnte er erneut zunehmend bittere oder besser, juckende Realität werden, denn: Die Krätze, wissenschaftlich Skabies, die in Deutschland lange als ausgestorben galt, feiert ihr lästiges Comeback.

Neunmal mehr Fälle

Laut RKI zeigt die Auswertung von Abrechnungsdaten niedergelassener Ärzte, dass seit 2009 die Skabies-Diagnosen etwa um den Faktor 9 zugenommen haben. 2018 wurde demnach bundesweit eine Gesamtzahl von über 380 000 erreicht. Wie die Zunahme im langjährigen Vergleich zu bewerten ist, sei laut "dpa" unklar. "Die lokale Häufigkeit der Skabies unterliegt laut mehreren Autoren langjährigen Zyklen, deren Ursachen jedoch unklar sind."

Nach Einschätzung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) dürften Corona-Kontaktbeschränkungen kurzfristig für weniger Krätze-Fälle gesorgt haben. "Fachleute beobachten jetzt jedoch, dass die Krätze weiter auf dem Vormarsch ist", heißt es auf der Verbandsseite.

Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge waren im Jahr 2018 rund 300 Millionen Menschen an Krätze erkrankt. Zu einem großen Problem wurde Skabies zuletzt in der Südosttürkei, wo Menschen nach der Erdbebenkatastrophe auf engstem Raum zusammen leben mussten.

Was ist Krätze?

Die ansteckende Hautkrankheit wird durch parasitäre Milben verursacht. Die winzigen Spinnentiere graben sich unter die obere Hautschicht des Menschen, der auch ihr einziger Wirt ist, und legen dort Eier. Wie Prof. Cord Sunderkötter, Direktor der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Halle, gegenüber dem "SWR" erklärt, treten flächiges Brennen, starker Juckreiz und stecknadelkopfgroße Bläschen, gerötete Knötchen oder Pusteln meist erst drei bis vier Wochen nach Ansteckung auf.

Vor allem dort, wo die Haut dünner ist, zwischen Fingern und Zehen, in Ellenbogen oder Achselhöhlen oder im Genitalbereich nisten sich die Parasiten bevorzugt ein. Die Übertragung von Skabies-Milben erfolgt laut RKI meist durch längeren direkten Hautkontakt mit einer infizierten Person.

Wie ist die Lage im Land?

Laut DDG gibt es keine gesicherten Zahlen darüber, wie häufig Krätzemilben in Deutschland sind, denn die Krätze ist nicht meldepflichtig. Einzige Ausnahme: Die Milbe verbreitet sich in Gemeinschaftseinrichtungen wie beispielsweise in Altersheimen, Kindergärten oder Wohnheimen für Asylsuchende. Dann ist das zuständige Gesundheitsamt zu informieren. Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) gehört sie jedoch zu den verbreiteteren Infektionskrankheiten. "Es gibt mehrere Indizien, die für eine Zunahme des Skabies in Deutschland sprechen", so Sunderkötter.

Einen starken Anstieg von Krätze-Erkrankungen beobachtet aktuell das Kreisgesundheitsamt Biberach: Dort wurden in diesem Jahr aus Gemeinschaftseinrichtungen 49 Fälle bekannt. Im gesamten vergangenen Jahr waren es in der Region 15 Fälle. "Wir gehen davon aus, dass wir aktuell nur die Spitze des Eisbergs sehen", erklärte Amtsleiter Claus Unger gegenüber der "dpa". Mit 169 Fällen in diesem Jahr gab es auch Zunahmen in Einrichtungen im Bereich des Gesundheitsamtes Karlsruhe.

Was tun bei Krätze?

Krätze verbreitet sich durch intensive Haut-zu-Haut-Kontakte, sie zählt zu den sexuell übertragbaren Infektionen. Außerhalb des Wirtes können Milben noch für etwa zwei Tage in Kleidung oder Bettwäsche überleben. Die Behörden bitten Betroffene, offen damit umzugehen, Kontaktpersonen zu informieren und enge Kontakte mit anderen zu meiden. Im Zweifel sollten langärmlige Kleidung und Einmalhandschuhe getragen werden. Die Infektion ist den Behörden zufolge mit Salben und Tabletten gut behandelbar. Textilien müssen bei mindestens 60 Grad Celsius gewaschen werden.