Kia EV6 GT gegen Kia Stinger GT

E-Auto oder V6-Sportler: Wer gewinnt das Drift-Duell?

3.1.2023, 13:03 Uhr
Ungleiche Kontrahenten: Der elektrische Kia EV6 GT und der Kia Stinger mit seinem V6-Verbrenner.

© Hersteller Ungleiche Kontrahenten: Der elektrische Kia EV6 GT und der Kia Stinger mit seinem V6-Verbrenner.

Ein kühler Tag mit Nieselregen am Hockenheimring. Nicht ideal für rennwagenartige Einsätze - oder doch? Auf den Freiflächen des Motorsport-Mekkas haben Kia und die Instrukteure des Profi-Teams „Quer ist mehr“ an diesem unfreundlichen Novembertag ein besonderes Fahrertraining angekündigt. Ein besonderes deshalb, weil die Teilnehmer dabei auf zwei sehr unterschiedliche Fahrzeug- und Antriebskonzepte zurückgreifen können – ein batterieelektrisches zum einen und ein verbrennermotorisches zum anderen. Stromer und Benziner sollen sich ein hartes Duell um den sportlichsten Drift liefern.

Es treten an: Der Kia Stinger GT mit starkem Sechszylinder (3,3-Liter-V6) und der elektrische Kia EV6 GT, beides Allradler. Vor allem steht für uns die Frage im Raum, wie sich das reine Elektroauto der ungewohnten Herausforderung stellt, nämlich möglichst schnell und trotzdem sicher um haarige Kurven, hier durch eine Pylonen-Gasse dargestellt, zu zirkeln. Selbst wenn einige der Übungen im normalen Fahralltag selten eine Rolle spielen, macht es Sinn, die Beherrschung des Autos zu üben. Letztlich muss der Mann respektive die Frau am Steuer auch schwierigen Situationen im Straßenverkehr, insbesondere bei Nässe, Schnee und Eis, jederzeit gewachsen sein. Allerdings braucht es nicht unbedingt ein Drift-Kurs zu sein, ein Fahrsicherheitstraining reicht für die meisten Fahrer und Fahrerinnen bereits aus.

Solche Fahrmanöver wie hier mit dem Stinger sollte man, wenn überhaupt, nur auf abgesperrten Strecken praktizieren.

Solche Fahrmanöver wie hier mit dem Stinger sollte man, wenn überhaupt, nur auf abgesperrten Strecken praktizieren. © Hersteller

Vor der Praxis etwas Theorie: E-Autos, so zumindest die gängige Meinung, haben konzeptbedingt einige Nachteile, wenn es um besonders sportliches Fahren geht. Denn wegen ihrer Batterien sind die Stromer von Haus aus schwerer als konventionell angetriebene Verbrenner-Fahrzeuge. Das macht sich bei der Fahrdynamik ebenso bemerkbar wie zum Beispiel die häufig üblichen und auch sinnvollen, schmalen „Energiespar“-Reifen. Entsprechend müssen die Autobauer das Fahrwerk abstimmen, was oft „straffer“ bedeutet. Doch in Sachen Dynamik können die Stromer auch Vorteile verbuchen, vor allem den tieferen Schwerpunkt, der sich durch die im Wagenboden untergebrachten Akkus ergibt.

Keine Frage: Die beiden Sportler haben für den Drift-Spaß genug Power. Der Stinger GT schöpft seine Kraft aus einem 3,3-Liter-Turbobenziner, der 269 kW/366 PS leistet und stolze 510 Newtonmeter Drehmoment entfaltet. Für den Sprint von 0 auf Tempo 100 werden 5,4 Sekunden angegeben, die Spitze liegt bei 270 km/h. Bei dem vielbeachteten und ersten Kraftpaket der Südkoreaner gibt es nur einen Haken, er wird leider aus dem Programm genommen und es soll nur noch wenige Neuwagen aus Lagerbeständen geben. Die Kia-Elektrostrategie lasse keine andere Wahl, so heißt es vonseiten der Frankfurter Importgesellschaft, die Produktion starker Verbrenner werde gestrichen. Derzeit ist der Stinger GT noch (ab 60.620 Euro) zu konfigurieren, die Händler-Homepage weist aber auf „eingeschränkte Verfügbarkeit“ hin.

Der Kia EV6 GT im sportlichen Einsatz.

Der Kia EV6 GT im sportlichen Einsatz. © Hersteller

Zum anderen, doch sehr unterschiedlichen Quertreiber des Duells: Der Elektro-Crossover EV6 GT ist nicht nur frisch auf dem Markt, er legt leistungsmäßig im Vergleich zum Stinger sogar noch eine Schippe drauf. 430 kW/585 PS aus zwei Elektromotoren stehen bereit, dazu ein sattes Drehmoment von 740 Newtonmetern, das, wie bei Batterieautos üblich, sofort auf Abruf bereitsteht. Aus dem Stand sprintet der Allradler in nur 3,5 Sekunden auf Tempo 100, falls es sein soll, geht es zügig weiter bis auf 260 km/h. Ausgeliefert wird der batterieelektrische Crossover ab 69.990 Euro und ist damit wesentlich preiswerter als beispielweise sein Konkurrent aus Zuffenhausen, der Porsche Taycan GTS auf praktisch gleichem Fahrleistungsniveau. Nicht zuletzt kann der Kia EV6 GT dank der 800-Volt-Schnellladetechnik genauso schnell Strom laden wie der mindestens 134.214 Euro teure Porsche.

Im Modus "Sport+" ist das ESP deaktiviert - kein Tipp für den normalen Straßenverkehr.

Im Modus "Sport+" ist das ESP deaktiviert - kein Tipp für den normalen Straßenverkehr. © Hersteller

Üben auf nassem Asphalt

Nach einer kurzen Einführung geht es hinaus auf die jetzt zusätzlich künstlich beregnete Außenfläche des Areals. Die Stimme des Instrukteurs spricht aus dem Funkgerät zu uns. Zunächst lernen wir, mit gezielten Gasstößen und Lenkbewegungen die Autos quer zu stellen. Schnell wird deutlich: Die Anweisungen sollen die Fahrzeuge durch passende Aktionen des Fahrers letztlich zur permanenten Querdynamik anregen, also zum Driften. Beim heckbetont ausgelegten Allradsystem des Stingers funktioniert das nach einigen ungewollten Drehern immer besser. Die Runden gehen wir immer professioneller an, wobei nicht nur das serienmäßige, mechanische Sperrdifferenzial unterstützt, sondern auch der „Drift-Modus“ im Sport-Plus-Programm, das über einen Drehschalter zugeschaltet wird. Die elektronischen Hilfen sind jetzt ausgeschaltet. Was daraus resultiert, ist ein extrem bissiges Fahrverhalten - es nur als geschärft zu bezeichnen, wäre zu gelinde ausgedrückt. Sportwagen pur eben!

Auch der elektrische EV6 GT besitzt einen Drift-Modus.

Auch der elektrische EV6 GT besitzt einen Drift-Modus. © Hersteller

Und der Power-Stromer EV6 GT? Der hat einen ganz anderen Charakter und fährt sich auch so. Querfahren – wenn es denn verlangt wird - ist bei ihm eine besondere Herausforderung. Zwar kann man auch hier den Drift-Modus aktivieren und das ESP deaktivieren, konkret über eine Taste am Lenkrad. Zudem verfügt der EV6 GT ebenfalls über ein Sperrdifferenzial zum Querfahren. Aber das Auto quer anzustellen (und zu halten) verlangt viel mehr Übung als beim Stinger. Das liegt vor allem am hohen, fast schlagartig eintretenden Drehmoment, das man erst einmal mit hoher Konzentration und Präzision beherrschen muss. Schnelligkeit bei allen Reaktionen auf der Kreisbahn ist da auch gefragt, sonst kann der Pilot das ausbrechende Heck nicht mehr einfangen und der Dreher ist vorprogrammiert. Unerlässlich daher der Hinweis: Derartige Aktionen nur auf einem abgesperrten weiträumigen Gelände und unter Anleitung von Fachleuten üben!

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