Mit zweiter Tür auf der Beifahrerseite

Fiat 500e 3+1 im Fahrbericht

14.1.2022, 21:34 Uhr
Fiat 500e 3+1 im Fahrbericht

© Hersteller

Wie er aussieht: Zahllose Sondermodelle säumen den Weg des Fiat 500. Mit Extra-Ausgaben wie „Dolce Vita“, „Spiaggina 58“ oder „Gucci“ wurde die Beliebtheit des kleinen Retro-Mobils seit 2007 unentwegt am Leben gehalten. Die jüngste Maßnahme geht aber über Ausstattungsdetails, schicke Zierstreifen und Sonderfarben hinaus. Vorbehalten bleibt sie ausschließlich der neuen und grundsätzlich elektrisch angetriebenen Cinquecento-Generation: Ergänzend zu Limousine (welch großes Wort) und Rolldach-Cabrio ist noch der 500e 3+1 zum Programm gestoßen.

Arithmetisch ergibt die Addition die Zahl 4. Letztlich ist es aber eher eine halbe Tür, die da zusätzlich auf der Beifahrerseite angeschlagen wurde und sich gegenläufig zur vorderen öffnet. Am – der Ausdruck ist hier nicht fehl am Platz – ikonischen Charme des elektrischen Cinquecento ändert das ebensowenig wie an den Abmessungen, die mit 3,63 Metern, 1,68 Metern Breite und 1,53 Metern Höhe gleich bleiben.

Im Gegensatz zum Verbrenner – der weiterhin im Programm bleibt – hat sich der 500e jedoch aufgeplustert. Das geben die Zahlen ebenso her wie der Augenschein. Überhaupt haben die konventionell und die elektrisch angetriebene Variante technisch gar nichts gemeinsam. Beim Stromer handelt es sich um ein völlig neues Auto, das Fiat aus einer speziellen Elektroplattform konstruiert hat, aber clever in das Kleid seines erfolgreichen Herzensbrechers gesteckt hat.

Wie er eingerichtet ist: Bei der Innenarchitektur hat Fiat das sichere italienische Geschmacksempfinden walten lassen. Schön die Materialauswahl, bei den Sitzbezügen – die im Übrigen aus dem Meeresplastik-Recyclingmaterial Seaqual gewebt wurden – trägt der 500e Nadelstreif, das Softtouch-Lenkrad liegt gut zur Hand. Als Türöffner und zum Anwählen der Fahrstufen wurden Taster verbaut, das Fahrerdisplay ist als Halbrund angelegt, der auf dem Armaturenträger platzierte 10,25-Zoll-Touchscreen mit dem reaktionsschnellen und bereitwillig auf sprachliche Befehle hörenden Uconnect-5-Infotainment fügt sich stimmig in das Gesamtbild ein. Die Smartphone-Inhalte werden serienmäßig gespiegelt. Nett: Das Handy findet seinen Platz auf einer identitätsstiftend mit der Silhouette von Turin versehenen Ablage.

Fiat 500e 3+1 im Fahrbericht

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Wie viel Platz er hat: An dieser Stelle wollen wir uns mit dem speziellen Türkonzept beschäftigen. Speziell deshalb, weil es das – sieht man einmal vom verblichenen Hyundai Veloster und der ersten Generation des Mini Clubman ab – sonst nirgendwo gibt. Aber auch, weil sich die schmale Zusatz-Tür auf der Beifahrerseite nicht "einfach so" öffnen lässt. Zuerst muss die vordere Tür aufgemacht werden, erst dann kann die hintere aufschwingen. Die umgekehrte Reihenfolge gilt beim Schließen. Von innen ist die Fondtür nicht zu öffnen, im Hinblick auf Kinder kein Nachteil.

Weil der 3+1 auf einen Zwischenholm, sprich eine B-Säule, verzichtet und sich beide Türen gegenläufig auftun, ist tatsächlich ein einladend breiter Zustieg zu nutzen, der auch das Unterfangen, Kids im Kindersitz festzuzurren, komplikationsloser – und damit wohl konfliktbefreiter - gestaltet. Der Sicherheitsgurt spannt sich vom oberen Tür- bis zum unteren Sitzbereich, wir haben aufgepasst, uns beim Aussteigen nicht darin zu verheddern.

Ansonsten ist auch der 500e 3+1 einfach ein Kleinwagen, allzu hohe Ansprüche ans Platzangebot verbieten sich somit. Als Hinterbänkler im zweisitzigen Fond werden sich nur Kinder dauerhaft wohlfühlen, der Kofferraum verdient dank seines Mini-Fassungsvermögen von 185 Litern den Diminutiv „Kofferräumchen“. Zur Ehrenrettung muss freilich gesagt werden, dass sich die (optional im Verhältnis 50:50 geteilte) Rücksitzlehne problemlos auch vom Gepäckabteil aus umlegen lässt, das erweitert den Stauraum auf shoppingtaugliche 550 Liter.

Fiat 500e 3+1 im Fahrbericht

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Was ihn antreibt: Prinzipiell gibt es den 500e in zwei Antriebsvarianten. Die Basis-Kombi aus 70 kW/95 PS starkem Elektromotor und 23,8-kWh-Akku versagt Fiat dem 3+1 allerdings. Für ihn muss es die stärkere Ausbaustufe sein. Das heißt: 87 kW/118 PS und 42 kWh brutto beziehungsweise 37 kWh netto. Die Motorleistung ermöglicht den 0-100-Sprint in neun Sekunden, bei 150 km/h regelt die Elektronik ab.

Wie er sich fährt: Flink, flott und wunderbar wendig. Dank des unmittelbar anliegenden Drehmoments von 220 Newtonmetern kommt der elektrische Cinquecento zügig vom Fleck, lautlos sowieso, auch die Fahrwerksgeräusche bleiben unauffällig. Schadhafter Asphalt wird mit Anstand egalisiert, der niedrige Schwerpunkt sorgt dafür, dass man den kleinen Italiener auch zackig um die Kurve kriegt, zu bemängeln ist allerdings die etwas schwammige Lenkung.

Drei Fahrstufen regeln den Grad der Rekuperation und managen die Stromreserven: „Normal“ (volle Leistung, Rekuperieren nur beim Tritt aufs Bremspedal), „Range“ (extra-intensive Energierückgewinnung in Form von One-Pedal-Driving) sowie „Sherpa“ – letzterer Modus empfiehlt sich als Rettung, wenn das Stromkontingent zur Neige geht. Die Leistung wird dann gedrosselt, mehr als 80 Sachen sind nicht mehr drin, Stromverbraucher wie die Sitzheizung werden ausgeschaltet. Bei der Lenkradheizung stellt sich die Frage nicht, denn die gibt es leider ebenso wenig wie eine Wärmepumpe.

Ausstattungsabhängig fährt aber der Co-Driver mit, der den 500e automatisch in der Mitte der Fahrspur und auf Abstand zum Vordermann hält sowie die Geschwindigkeit ans jeweils geltende Limit anpasst.

Wie weit er kommt: Das Datenblatt spricht von 307 bis 314 Kilometern. Mit 290 Kilometern sind wir davon nicht weit entfernt geblieben, wobei freilich die zum Zeitpunkt unseres Tests vorherrschenden, noch milden Temperaturen von 15 bis 20 Grad Erwähnung finden müssen. Mehr geht im Stadtverkehr mit seinen häufigen Rekuperationsphasen.

Fiat 500e 3+1 im Fahrbericht

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Was er verbraucht: Im Schnitt 15,1 kWh/100 km.

Wie er lädt: An der Wallbox oder öffentlichen Ladesäule bedient sich der 500e dreiphasig und mit bis zu 11 kW. Einmal „Volltanken“ dauert vier Stunden und fünfzehn Minuten. Das benötigte Mode-3-Ladekabel legt Fiat serienmäßig bei. Schnellladen von Gleichstrom geht nach CCS-Standard und mit respektablen 85 kW vonstatten, in einer guten halben Stunde ist der Akku zu 80 Prozent befüllt. An der Haushaltssteckdose müssen für die Vollladung etwa 15 Stunden Geduld aufgebracht werden.

Was er bietet: Der 500e 3+1 wird ab dem mittleren Ausstattungslevel „Icon“ ausgeliefert. Zur Mitgift gehören unter anderem 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, 10,25-Zoll-Infotainment mit Navi, Klimaautomatik, Regensensor, Verkehrszeichenerkennung, Tempomat, Parksensoren hinten, Spurhalte- und Müdigkeitsassistent sowie ein Notbremssystem mit Fußgänger-/Radfahrer-Erkennung.

Das „Magic Eye“-Paket (Voll-LED-Scheinwerfer, Fernlichtassistent) kostet einen Tausender, das Winter-Paket mit Sitzheizung 500 Euro. Rückfahrkamera und Co-Driver gibt es nur fürs Topmodell „la Prima“, hier ist beides serienmäßig. Fein heraus ist, wer Schwarz mag, denn das ist die einzige aufpreisfreie Farbe.

Was er kostet: Für den 500e 3+1 berechnet Fiat mindestens 32.990 Euro. Der Aufschlag für die zusätzliche Tür beträgt also 2000 Euro. Immerhin darf der Umweltbonus in Höhe von 9570 Euro abgezogen werden.

Was wir meinen: Der elektrische Fiat 500e ist das ideale Stadtauto. Für ihn sprechen die lokale Emissionsfreiheit, die flinke Wendigkeit, die ordentliche Reichweite und das leistungsfähige Lademanagement. Obendrauf gibt es den nahezu unwiderstehlichen Retro-Charme. Die zusätzliche Tür des 3+1 bedeutet zweifellos einen Komfort-Gewinn und macht den Cinquecento auch für die neue Zielgruppe der Kleinfamilie attraktiv. Ob ihr der nicht unerhebliche Aufpreis von 2000 Euro die Sache wert ist, bleibt der individuellen Entscheidung überlassen.

Datenblatt: Fiat 500e 3+1

Leistung 87 kW/118 PS, max. Drehmoment 220 Nm. Batterietyp Lithium-Ionen, Kapazität 42 kW/h. Ladeanschluss Typ 2 (bis 11 kW) und CCS (bis 85 kW). Spitze 150 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 9,0 sec. Reichweite WLTP 307 - 314 km. Normverbrauch WLTP 14,3 – 14,5 kWh/100 km, Testverbrauch 15,1 kWh. CO2-Emission 0 g/km, Schadstoffklasse Elektrofahrzeug, Energie-Effizienzklasse A+++. Länge 3,63 m, Breite 1,68 m ohne, 1,90 m mit Außenspiegeln, Höhe 1,53 m (inklusive Antenne). Kofferraum 185 - bis 550 l. Leergewicht 1395 kg, zulässiges Gesamtgewicht 1795 kg, Zuladung 400 kg. Automatisches 1-Gang-Getriebe, Frontantrieb. Versicherungs-Typklassen 13 (KH), 18 (VK), 16 (TK). Preis ab 32.990 Euro.

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