Spanien
Insider-Ausflug auf Mallorca: Auf einer einsamen Insel vor der Urlauberhochburg
27.8.2023, 07:55 UhrDie erste Lektion lernen wir leider erst nach einer halben Stunde: Beim Kajakfahren sollten die Beine nicht im Wasser baumeln, sonst geht es nur langsam voran. Hätte man sich vielleicht denken können, wenn man genug in Physik aufgepasst hätte. Aber nicht weiter schlimm. Denn der Weg durch das Meeresschutzgebiet ist wunderschön. Durch das kristallklare Wasser sieht man das Seegras tanzen, große Fische und Schwärme tauchen unter dem Kajak vorbei. Und auf halbem Weg springt sogar ein Delfin aus dem Wasser – im Meer vor Mallorca ist das alles andere als ein gewohnter Anblick.
Mit der Fähre für 16 Euro
Wer die Insel Sa Dragonera vor Mallorca besuchen will, hat drei Möglichkeiten. Die Luxus-Variante ist, mit einem eigenen Boot oder gar einer Yacht vor dem Eiland zu ankern. Die häufigste Option ist, mit einer Fähre überzusetzen. Die Fahrt von Sant Elm im Westen Mallorcas bis zur kleinen Insel dauert etwa eine Viertelstunde und kostet 16 Euro. Wer abenteuerlich unterwegs ist, kann aber auch ohne Schiff nach Sa Dragonera kommen. Eine gute halbe Stunde paddelt man in einem Zweier-Kajak. Zumindest wenn man sich nicht mit den eigenen Beinen ausbremst.
Kaum sind die Beine aus dem Wasser und im Kajak, kommen wir plötzlich erstaunlich schnell vorwärts. Sa Dragonera hat einen kleinen natürlichen Hafen mit einer Steinrampe, auf die wir unser Gefährt ziehen. Es ist Montag, der Ruhetag der Fähre. Dadurch sind außer uns nur fünf weitere Doppel-Kajaks da, die alle am frühen Nachmittag zurückfahren. Danach sind wir allein auf der Dracheninsel.
Naja, so allein, wie das auf dieser Insel geht. Denn Sa Dragonera wird - wie der Name verspricht - von Drachen regiert. Unzählige Eidechsen laufen auf und ab, klettern über unsere Füße, blicken neugierig-hektisch durch die Gegend. Die Balearen-Eidechse ist eine eigene Art, die inzwischen von den großen Inseln verschwunden und nur noch auf den kleinen Eilanden ohne viel Zivilisation zu finden ist. In Sa Dragonera sind die Tierchen alles andere als schüchtern. Ein Picknick ist dementsprechend nicht zu empfehlen – Es sei denn, man möchte sein Essen teilen.
Seit 1995 ist Sa Dragonera als Naturschutzgebiet ein Rückzugsort für Tiere und Pflanzen. Schnorchler kommen hier genauso auf ihre Kosten wie Vogelfans und Wanderer. Auf vier Routen kann die Insel mit ihren zwei Leuchttürmen und seinem Wehrturm erkundet werden. Letzterer hat sogar einen schön-schaurigen geschichtlichen Hintergrund: Er wurde gebaut, nachdem die Insel viele Jahre eine Anlaufstelle für Piraten war, die sich hier in Höhlen versteckten. Allerdings sollten Urlauber gerade im Hochsommer lieber auf die anstrengenden Wanderungen verzichten.
Paradies für Schnorchler
Nachdem wir draußen genug geschwitzt und gefühlt 1000 Eidechsen-Fotos gemacht haben, wechseln wir die Perspektive noch einmal. Ein Sprung in das (zumindest im Sommer) nicht allzu kalte Wasser bringt uns in eine völlig fremde Welt. Mallorca ist nicht überall spannend für Schnorchler. Die vielen Besucher schrecken die Fische ab, das Mittelmeer ist sowieso ziemlich leergefischt. Aber das würde man hier nicht vermuten. Wir können uns kaum sattsehen an den schwarzen Seeigeln, den lilafarbenen Anemonen, den großen Fischen. Manche der Tiere kommen sogar ganz nah an unsere Beine heran. Ein Blick ins Lexikon verrät nach dem Ausflug: Wahrscheinlich waren es Brandbrassen. Auch eine Qualle taucht auf, ist aber zum Glück nicht so neugierig wie die Brandbrasse.
Dass Sa Dragonera einmal ein Naturparadies werden würde, war alles andere als klar. 1974 hatte das Bankenkonsortium Pamesa das Eiland aufgekauft. Es sollte zu einem "Urlaubsparadies" mit 1200 Häusern, einem Yachthafen, Hubschrauberlandeplätzen und einem Kasino werden. Doch Naturschützer verzögerten den Bau so lange, bis der Nationale Gerichtshof von Spanien 1984 ein Bauverbot für die kleine Insel erließ.
Drei Jahre später kaufte der mallorquinische Inselrat Sa Dragonera und erklärte sie zusammen mit anderen Inseln in der Umgebung zum Naturpark. Heute hat die Insel 380 Pflanzenarten. Wie viele verschiedene Tiere im Wasser schwimmen, lässt sich nicht abschätzen. Forscher haben sogar Anzeichen auf die im Balearen-Meer ausgestorbene Mönchsrobbe gefunden.
Einen Nachteil hat die Reise im Kayak natürlich: Nachdem wir uns mit Wanderung und Schnorcheltour ausgepowert haben, müssen wir wieder eine halbe Stunde zurückrudern. Dieses Mal bleiben die Beine aber im Kayak.
Information zur Fähre: crucerosmargarita.com, Reservierungen: +34 638 779 001 oder ferrymargarita@hotmail.com. Für Kayaks gibt es mehrere Verleihe. Preis für ein Doppelkayak (vier Stunden) ca. 50 Euro.