Nach der Katastrophe

La Palma hat den Vulkanstaub abgeschüttelt - darum ist Urlaub dort jetzt besonders beschaulich

Günter Distler

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5.7.2023, 15:12 Uhr
In La Palmas Hauptstadt Santa Cruz ist von Hektik wenig zu spüren.

© Günter Distler In La Palmas Hauptstadt Santa Cruz ist von Hektik wenig zu spüren.

Aktivurlaub oder lieber die Seele baumeln lassen und die Landschaft genießen? Beides können Sie auf La Palma, der drittkleinsten der Kanarischen Inseln. Denn hier ist alles ein bisschen kleiner und beschaulicher als auf den großen, bekannteren Nachbarinseln. Die Uhren ticken scheinbar langsamer, Entspannung stellt sich ein.

Die Hauptstadt Santa Cruz hat gerade mal 15.400 Einwohner, die gesamte Insel nur 86.000. Also ist auch dort von Hektik wenig zu spüren. Die Insel blieb vom Massentourismus verschont - was weitere Zahlen belegen: Während 2019 auf den Kanaren insgesamt 96 Millionen Übernachtungen gezählt wurden, waren es auf La Palma gerade mal 300.000.

La Palma ist eine grüne Insel, 40 Prozent sind mit Wald bedeckt, ein Teil davon mit Lorbeerwäldern oder der Kanarischen Kiefer, die mit ihrer dicken Rinde selbst Waldbränden trotzt. Wanderfreunde laufen auf gut ausgeschilderten Wanderwegen, 1.000 Kilometer ist das Netz groß - vom einfachem Küstenweg bis hin zu Höhenwegen jenseits der 2.000 Meter.

Das sind spektakuläre Wanderrouten

Die spektakulärsten Routen finden sich im Caldera de Taburiente Nationalpark im Zentrum. Der ehemalige Vulkan mit einem Durchmesser von neun Kilometern, dessen erodierte Hänge an manchen Stellen bis zu 1.500 Meter hinabreichen, bietet ein eindrucksvolles Panorama - und bei klarer Sicht einen Blick bis zu den Nachbarinseln El Hierro, La Gomera und Teneriffa.

Wir starten unsere Tour unterhalb des Pico da la Cruz (2350 Meter) und wandern 3,5 Stunden über einen gut beschilderten Pfad am Rande des Kraters. Der Weg wechselt zwischen festem Wanderpfad zu groben Steinstufen und lockerem Geröll. Gutes Schuhwerk und Trittsicherheit sind hier wichtig.

Auch findet man oberhalb der Baumgrenze so gut wie keinen Schatten, die deutlich sauerstoffärmere Luft macht sich bereits beim ersten Anstieg bemerkbar. Es geht vorbei am Aussichtspunkt Mirador Los Andenes hinauf zu den Teleskopen des internationalen Observatoriums Roque de Muchachos (ORM). Ausgezeichnete klimatische Bedingungen und nahezu keine Licht- und Luftverschmutzungen - diese Besonderheiten machen den Ort weltweit zu einem der bedeutendsten für astronomische Beobachtungen und somit für die Forschung.

Eine Wanderung am Kraterrand des ehemaligen Vulkans bietet atemberaubend Ausblicke.

Eine Wanderung am Kraterrand des ehemaligen Vulkans bietet atemberaubend Ausblicke. © Günter Distler

Die Hälfte der Hotelbetten wurden stillgelegt

Zur Zeit sind 170 Forschungsinstitute aus 31 Staaten am ORM beteiligt. Manche der Spezialteleskope wirken wie kleine Raumstationen aus einem Science-Fiction Film. Doch wir gehen weiter: Unser Weg endet am höchsten Punkt der Insel auf 2426 Metern mit einem Blick über den ganzen Krater und die Insel.

Neben der von Spanien und der EU subventionierten Landwirtschaft ist Tourismus die zweite wichtige Einamequelle für die Menschen La Palmas. Doch statt auf Tourismusmassen zu setzen, wird hier nachhaltiger Tourismus gefördert - das liegt im Trend und soll Besucher zurückbringen. Denn die Urlauberzahlen gingen stark zurück: Zum einen wegen der Corona-Pandemie, zum anderen wegen des gewaltigen Ausbruchs des Vulkans Cumbre Vieja im Südwesten der Insel vom 19. September bis 25. Dezember 2021. Die Hälfte der buchbaren Betten sind derzeit immer noch stillgelegt.

"Allein von den deutschen Touristen, die mit 40 Prozent die größte Besuchergruppe stellen, kamen 2022 halb so viele wie in den Vorjahren", sagt Raúl Camacho, Tourismusbeauftragter der Inselregierung. „Viele haben noch immer die spektakulären Bilder aus den Medien vor Augen und fragen sich, ob das hier ein sicheres Reiseziel ist und ob die Infrastruktur überhaupt noch funktioniert.“

Der größte Teil der Insel war vom Ausbruch nicht betroffen

Die Vulkan-Aktivität des Archipels wird seit jeher akribisch überwacht und so kam der Ausbruch auch nicht unerwartet. Überraschend war nur die Stärke und Dauer der Eruption, die folgenreicher war als in den Jahren 1949 und 1971. Rund zehn Prozent der Insel wurden unter Lava begraben, Häuser, Schulen, Kirchen und Bananenplantagen zerstört. 7.000 Menschen mussten evakuiert werden, 3.000 konnten nicht mehr in ihre Wohnungen zurückkehren.

Der restliche Teil der Insel war von diesem Ereignis nicht betroffen. Über die erstarrten Lavafelder führt inzwischen wieder eine Straße, die die unterbrochene Küstenstraße ersetzt. Die Aufbauarbeiten sind in vollem Gange. Allerdings ist der beliebte Badeort Puerto Naos mit vielen Hotels noch immer gesperrt.

Das "La Palma Princess" ist eine der wenigen großen Hotelanlagen auf der Insel.

Das "La Palma Princess" ist eine der wenigen großen Hotelanlagen auf der Insel. © Günter Distler

Die meisten Quartiere sind kleine Häuser oder Privatunterkünfte

Riesige Touristenburgen wie auf den Nachbarinseln Teneriffa oder Grand Canaria gab es hier nie. Zwar stehen bei Santa Cruz mit dem Taburiente Playa und dem La Palma Princess im Südwesten bei Fuencaliente zwei luxuriösere Hotelanlagen mit großen Pools, aber vor allem viele kleinere Häuser und Privatunterkünfte machen den touristischen Charme der Insel aus.

Die sicherlich außergewöhnlichste Unterkunft auf La Palma ist die Hacienda del Abajo in Tazzacorte, ein kleines Luxushotel in einem ehemaligen Zuckerrohr-Gutshof aus dem 17. Jahrhundert, 2021 ausgezeichnet als bestes historisches Hotel Europas. Die Familie des Eigentümers Enrique Luis Larroque del Castillo-Olivares sammelt seit dem 16. Jahrhundert Kunst und hat 2012 eines der Anwesen der Familie in ein Hotel umgewandelt. Das ist auch Ausstellungsort für rund 1.300 Kunstgegenstände und Antiquitäten, viele zieren sogar die Zimmer. Sie schlafen hier dann in einem Jahrhunderte alten Bett zwischen Kunstschätzen, umgeben von einem der schönsten Gärten der Kanaren, in dem die Vögel zwitschern.

Mehr Informationen:
FTI Touristik GmbH
www.fti.de, www.visitlapalma.es/de, www.islabonitatours.com

Anreise:
Flüge von München oder Frankfurt, Flugdauer 5 Stunden

Beste Reisezeit:
Hauptreisezeit ist auf Grund der milden Temperaturen von November bis Februar, wobei die Insel auf Grund des milden Klimas das ganze Jahr über gut bereist werden kann

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