Trotz Kritik: Fürths CSU schickt wieder Helm ins Rennen

28.6.2019, 11:00 Uhr
Trotz Kritik: Fürths CSU schickt wieder Helm ins Rennen

© Winckler

"Wir sind hier in der Hölle." Die augenzwinkernde Bemerkung eines CSU-Mitglieds bezieht sich nicht auf die eigene Partei, sondern die stickige Hitze im Saal eines Sacker Gasthofs. Der Schweiß rinnt, Gäste fächeln sich mit Kandidatenlisten Luft zu, einige Frauen haben Fächer mitgebracht. Am heißesten Tag des Jahres küren die Christsozialen ihre Bewerber für den Stadtrat und den Posten des Oberbürgermeisters.

Kreischef Michael Au verspricht, den Wahlabend zügig abzuhandeln. Für den OB-Posten gibt es mit Dietmar Helm ja nur einen einzigen Anwärter: denselben wie vor sechs Jahren. Doch Au hat nicht mit der Streitbarkeit seiner Parteifreunde gerechnet.


Kommentar: Fürths CSU und ihre Kandidatennot


Heidi Wille, Stadträtin von 1996 bis 2008, steht auf und sorgt für einen Paukenschlag. Als OB-Kandidatin, sagt sie, habe schon Birgit Bayer-Tersch 2008 mit 15 Prozent der Stimmen ein blamables Ergebnis eingefahren, sechs Jahre später habe Helm mit 17 Prozent kaum besser abgeschnitten. "Es kann nicht in unserem Sinn sein, dass wir uns ein drittes Mal auf einen solchen Weg machen", klagt sie – mit einem Kandidaten, dem sie einen "zu geringen Bekanntheitsgrad" bescheinigt sowie "mangelnde Ausstrahlung und Begeisterungsfähigkeit". Ihr Vorschlag: Die CSU solle in diesem Fall lieber auf einen eigenen Bewerber verzichten.

Willes Rede sorgt für zusätzliche Hitzewallungen. Ein CSU-Kreisverband in einer Großstadt müsse zwingend einen Kandidaten aufstellen, entgegnet Michael Au und pocht darauf, dass die zuletzt bescheidenen Resultate nicht den Kandidaten zuzuschreiben seien, sondern einem starken Gegner. "Thomas Jung ist in Fürth eben fest verwurzelt." Helm, so Au, sei eine sehr gute Lösung, die beste für die CSU. "Ich bitte euch darum, Dietmar leidenschaftlich zu unterstützen", appelliert der Kreischef.

Willes Antrag, keinen Kandidaten aufzustellen, wird bei nur drei Befürwortern abgeschmettert. Stattdessen kürt die CSU Helm mit 60 von 67 Stimmen. "Ich danke euch, pack mers", sagt der alte und neue OB-Kandidat und zitiert sein Motto für den anstehenden Wahlkampf: "Gemeinsam für Fürth." Helm, 51 Jahre alt, lebt in Burgfarrnbach, ist Landwirt und selbstständiger Unternehmer.

Die Kandidatenliste für den Stadtrat hat in den vergangenen Wochen ein Gremium erarbeitet, das aus den sieben Ortsvereinsvorsitzenden, den Spitzen der Frauen-, Senioren- und Jungen Union sowie den Chefs von Fraktion und Kreisverband besteht. Der Anteil der Kandidatinnen auf der 50-köpfigen Liste, sagt Au, entspreche mit 30 Prozent dem Frauenanteil im Verband. Die CSU schicke "eine gute Mischung aus erfahrenen Stadträten und neuen Bewerbern" in den Wahlkampf.

Als OB-Kandidat führt Dietmar Helm die Liste an, es folgen Birgit Bayer-Tersch und Maximilian Ammon. Was die Berufe betrifft, finden sich viele Selbstständige, Geschäftsführer, Handwerksmeister und Juristen. Auffällig: Die Partei bringt einige neue weibliche Köpfe mit einem gewissen Bekanntheitsgrad in Position: auf Platz neun Karin Falkenberg, Professorin und Chefin des Nürnberger Spielzeugmuseums. In Fürth leitete sie jahrelang das Rundfunkmuseum als Stellvertreterin. Auf Rang 13 Michaela Partheimüller, Geschäftsführerin des Gewerbehofs Complex und Ehefrau des früheren infra-Chefs Hans Partheimüller. Die Modedesignerin Simone Wenning, Schwiegertochter des ehemaligen Oberbürgermeisters Wilhelm Wenning, nimmt Platz 18 ein.

Neuerliche Schweißausbrüche löst dann ausgerechnet die Junge Union aus. Deren Vorsitzender Björn-Hendrik Otte findet, dass unter den ersten 20 Kandidaten neben Christian Brunner (Platz 10) ein weiterer JUler stehen sollte, der die 30 noch nicht überschritten hat. Otte schickt seinen Favoriten Michael Hofmann nacheinander in drei Kampfabstimmungen mit den Bewerbern auf den Plätzen 18, 19 und 20, die der 25-Jährige allesamt verliert. Er geht nun von Position 22 aus ins Rennen.

Dietmar Helm sieht in den Debatten und auch in der Kritik an seiner Person keinen Schaden. "Das ist doch alles gelebte Demokratie." Auf die FN-Frage, warum er nun, sechs Jahre später, besser gegen den Amtsinhaber abzuschneiden glaube, antwortet er: "Weil ich jetzt genügend Vorlauf, ausreichend Erfahrung und eine Mannschaft um mich habe, die ich mitformen durfte."

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