125 Jahre Röntgenstrahlen: Fürther Physiker blicken durch

28.1.2020, 21:00 Uhr
125 Jahre Röntgenstrahlen: Fürther Physiker blicken durch

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Vor 20 Jahren öffnete sich Fürth die Tür in eine neue Ära. Die Ansiedlung des Fraunhofer-Röntgenentwicklungszentrums (EZRT) im verwaisten Grundig-Quartier war Initialzündung der Karriere zur "Wissenschaftsstadt". Und noch immer ist die 2013 auf den alten Flugplatz Atzenhof umgezogene Forschungsstätte treibende Kraft der Innovation.

Vor Augen geführt werden kann das heuer gleich mehrfach. Gelegenheit bietet das Jubiläum der Röntgentechnik. Gerade wird in Fürth ein Sprinter für eine Werbetour ausstaffiert, die im März starten soll. Mit einem transportablen Computertomographen (CT) im Laderaum können kleinere Objekte überall in wenigen Minuten durchleuchtet werden.

Ende Mai werden dann neue Entwicklungen bei einer Innovationskonferenz aus den Perspektiven der Forschung, Wirtschaft und Politik thematisiert. Eine Sonderausstellung soll im Begleitprogramm für Inspirationen sorgen. Das kreative Potenzial der Technik entfaltet im Herbst schließlich eine Ausstellung von Aufnahmen des englischen Röntgenkünstlers Nick Veasey in der städtischen Kunstgalerie.

"125 Jahre neue Einsichten" lautet das Jubiläumsmotto. Mit spektakulären Projekten hat das Team um EZRT-Leiter Randolf Hanke immer wieder auf sich aufmerksam gemacht. So entwickelte es ein System zur standardisierten Digitalisierung musealer Musikinstrumente, scannte einen in seiner Transportbox fest verschlossenen T-Rex-Saurierschädel zum Nachbau im 3D-Drucker, durchleuchtete dreidimensional Oldtimer und für das Deutsche Museum einen Raketenjäger aus dem Zweiten Weltkrieg.

Der Zustand von Mumien, das Pflanzenwachstum auf dem Acker, der Aufbau von Bohrkernen und der Inhalt verplombter Frachtcontainer: Nichts bleibt dem Röntgenblick der Fürther Tüftler verborgen. Dabei finanzieren sie sich weitgehend aus Erlösen ihrer Forschungsaufträge. In letzter Zeit rückt zunehmend künstliche Intelligenz in den Fokus. Selbstoptimierende Sensoren steuern dabei komplexe Untersuchungen. Und weil sich immer neue Einsatzgebiete der Röntgentechnik öffnen, wächst auch der Raumbedarf.

Zum Glück hat sich das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen beim Umzug seines Röntgenentwicklungszentrums aus der Uferstadt nach Atzenhof eine Erweiterungsfläche gesichert. Hier sollen nächstes Jahr Bagger und Kräne Einzug halten - für einen Neubau, dessen Herzstück ein rotierender CT ist.

Müssen bisher Großobjekte aufwändig um den stationären CT in der mächtigen Messhalle mit drei Meter dicken Wänden herumbewegt werden, können sie im Neubau stehen bleiben, während der Untersuchungsapparat zur dreidimensionalen Aufzeichnung in Bewegung ist. Immerhin kann das EZRT jetzt schon mit der weltweit größten öffentlich zugänglichen CT-Anlage aufwarten.

Im Röntgenmobil wiederum geht eines der weltweit kompaktesten 3D-Röntgensysteme demnächst auf Deutschlandtour. Ein Koffer-CT wurde vor Jahren schon von einem Studenten aus Hankes Ideenschmiede entwickelt und in der Langen Nacht der Wissenschaften vorgestellt. Das Verständnis für die Bedeutung und Möglichkeiten der Untersuchungstechnik weiter zu fördern, ist Ziel der Jubiläumsaktivitäten.

Bis zu seinem Ruhestand in rund zwei Jahren möchte der EZRT-Leiter die Expansion seiner Einrichtung auf den Weg gebracht haben. Neben der neuen Testhalle müssen weitere Bürogebäude her. "Bis 2030 soll die Belegschaft verdoppelt werden", sagt Randolf Hanke. Derzeit arbeiten 220 Wissenschaftler – davon 120 Vollzeitkräfte – in dem für 23 Millionen Euro errichteten Neubau. Auf 6000 Quadratmetern entwickeln sie Untersuchungsmethoden mit Röntgenstrahlen, Ultraschall, Thermografie und Lasertechnik.

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