Weniger Fälle landen vor dem Fürther Amtsgericht

19.2.2020, 16:00 Uhr
Weniger Fälle landen vor dem Fürther Amtsgericht

© Hans-Joachim Winckler

Es ist beinahe egal, aus welchem Fenster des Amtsgerichts man blickt, fast überall sind Baustellen zu sehen. Vor dem Haupteingang baut die Stadt noch immer den Franz-Josef-Strauß-Platz um, und in der Hallstraße kamen sich in den vergangenen Wochen gleich zwei große Kräne ziemlich nahe. Einer war an den Umbauarbeiten des ehemaligen City-Centers beteiligt, der andere sorgte dafür, dass der Neubau des Amtsgerichts im Innenhof rasch in die Höhe wuchs und somit im Zeitplan liegt.

In den kommenden Wochen soll das Richtfest für den Riegel steigen, der den barrierefreien Zugang zum Hauptgebäude ermöglichen wird. Außerdem entsteht in dem 2,75 Millionen Euro teuren Gebäude ein sogenannter Bürgerservice Justiz (wir berichteten).

Ähnlich positiv wie der Baufortschritt fällt die Bilanz 2019 aus, die Direktor Walter Groß bei einem Pressegespräch für das Amtsgericht zieht, das zuständig ist für Stadt und Landkreis Fürth sowie für bestimmte Angelegenheiten in Erlangen und Neustadt an der Aisch und damit für insgesamt etwa 224 000 Menschen. Die Zahl der bearbeiteten Fälle sank in fast allen Bereichen, bei den Zivilverfahren von 2191 im Jahr 2018 auf nun 2112.

Neues Urteil

Dafür erhöhte sich die Verfahrensdauer von 3,9 auf 4,4 Monate. Ein Grund dafür dürfte laut Groß sein, dass die Verfahren zwar weniger, dafür aber komplexer werden. Als Beispiel nennt er Autounfälle auf Parkplätzen. Bislang trugen beide Fahrer jeweils zur Hälfte Schuld daran. Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs legte nun fest, dass derjenige besser davonkommt, dessen Auto noch stand. Um dies zweifelsfrei feststellen zu können, ist aber ein Sachverständiger nötig. Allein die Wartezeit auf einen Termin mit ihm verzögere das Verfahren ungemein, so Groß.

Ähnlich sieht es beim Mietrecht aus. Weil es für Mieter aufgrund des knappen und teuren Wohnraums zunehmend schwieriger ist, aus einem konfliktbelasteten Mietverhältnis auszusteigen, enden immer mehr Härtefälle vor Gericht. Etwa die Hälfte aller Zivilsachen – 911 Fälle – behandeln übrigens Verkehrsunfälle oder Mietsachen.

Gesunken ist auch die Zahl der Straf- und Bußgeldsachen. Wurden 2018 noch 2256 Fälle behandelt, waren es vergangenes Jahr 2153. Ein Blick in die Statistik zeigt keine Auffälligkeiten. So gab es 200 Fälle von vorsätzlicher Körperverletzung, 220 Diebstähle, 239 Betrugs- und 263 Verkehrsstrafsachen. Eine typische Verteilung, wie Groß sagt.

Die Zahl der Zwangsversteigerungen ging ebenfalls zurück: um vier Fälle auf nun 122. Groß macht die gute wirtschaftliche Lage dafür verantwortlich, dass Häuser etwa nach Scheidungen recht problemlos auf dem freien Markt verkauft werden können und nicht unter den Hammer kommen müssen.

Leicht zugenommen haben dagegen die Privatinsolvenzen, 2019 waren es 337. Weil viele Betroffene den Weg zur Schuldnerberatung scheuten, dürfte die Zahl derer, die sich etwa mit dem Kauf eines Autos, eines teuren Handys oder übermäßigen Bestellungen im Internet stark verschuldet haben, noch viel höher liegen. Auffällig ist hier, dass das Alter der Betroffenen sinkt: Immer mehr seien deutlich jünger als 30.

Nur auf dem Papier anwesend

17 600 sogenannte Grundbuchsachen zeigen, dass die Baubranche noch immer boomt. Weniger schön ist die Bearbeitungsdauer, die von 13 Tagen auf 32 Tage anstieg. Grund: der Personalmangel am Amtsgericht. Vor allem im Servicebereich komme es nach wie vor zu Engpässen. "Wir sind recht knapp besetzt, und wenn dann jemand für längere Zeit ausfällt, macht sich das schnell bemerkbar", sagt Groß. Dann müssten die verbliebenen Kollegen die Arbeit mitmachen – was irgendwann freilich zu Unzufriedenheit führe.

Manche Mitarbeiter, ein Großteil der weiblichen Beschäftigten arbeitet in Teilzeit, sei nur auf dem Papier anwesend, neues Personal zu finden schwierig. Nicht zuletzt, weil neben dem Amtsgericht auch die Rechtsanwaltskanzleien um geeignete Kräfte buhlen. Am Amtsgericht allerdings, das hebt Groß als Pluspunkt hervor, gebe es feste Arbeitszeiten.

Keine Kommentare