11. Oktober 1970: Auch der Regen wird subventioniert

11.10.2020, 07:00 Uhr
11. Oktober 1970: Auch der Regen wird subventioniert

© Kammler

Der bayerische Landwirtschaftsminister Dr. Hans Eisenmann, der am Freitag das Knoblauchsland besuchte und die Fragen der wirtschaftlichen Weiterentwicklung mit den Bauern und den zuständigen Stellen besprach, sagte die Hilfe des bayerischen Staates zu.

„Die Gemüsebauern des Knoblauchslandes sind aufgeschlossene, außerordentlich tüchtige Intensiv-Landwirte, die ihr Land mit unendlichem Fleiß bewirtschaften und mit Leib und Seele Bauern sind“, sagte Dr. Eisenmann. Das Beispiel des Knoblauchslandes zeige, „wie unsinnig es wäre, von Sizilien bis Norwegen die Landwirtschaft durch Festsetzung bestimmter Mindestbetriebsgrößen schablonisieren und uniformieren zu wollen“.

Mit 200 Hektar könne jemand „ein Pleitebauer sein“, während ein anderer Bauer mit fünf Hektar Betriebsgröße – wie etwa im Knoblauchsland – ausgezeichnete Leistungen erziele, weil er mit seinem Betrieb etwas anzufangen wisse. Dr. Eisenmann versprach den Bauern des Knoblauchslandes ihre Bemühungen um Erweiterung der Beregnungsfläche um 125 Hektar bei der dafür zuständigen Obersten Baubehörde des Bayerischen Innenministeriums „uneingeschränkt zu unterstützen“.

Er werde persönlich mit seinem Kabinettskollegen, Innenminister Dr. Merk, sprechen und auf die dringende Notwendigkeit der Erweiterung hinweisen. Auch bei Berechnung der „zumutbaren Belastbarkeitsgrenze“, von der die Zuschüsse und Zinsverbilligungen abhängen, werde das Landwirtschaftsministerium die Interessen der Gemüsebauern des Knoblauchslandes berücksichtigen.

10 Mark für den Zentner Sellerie

Direktor Heinrich Ermann vom Bezirksverband Mittelfranken des Bayerischen Bauernverbandes hatte bei einer Besichtigungsfahrt durch das Knoblauchsland und in einer Versammlung der Vertreter des Bayerischen Bauernverbandes, des Gemüseerzeugerverbandes und des Wasserverbandes in Buch dem Landwirtschaftsminister, dem Regierungspräsidenten Karl Burkhardt und dem Nürnberger Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter die besonderen Probleme des Knoblauchslandes vorgetragen.

„Die Baukosten für einen Hektar Beregnungsfläche betragen heute 20.000 Mark, während 1960 nur 13.000 Mark zu zahlen waren.“ Demgegenüber seien die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise allein im letzten Jahr um 13,8 Prozent gesunken. Für einen Zentner Karotten frei Konservenfabrik erhalte der Bauer zur Zeit fünf DM und für einen Zentner Sellerie zehn DM. Die zusätzlichen Beregnungsflächen würden im Interesse der Rentabilität der Betriebe unbedingt benötigt. Wenn der Bau der Anlagen nicht gefördert werde, dann sei es angesichts der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise finanziell unmöglich, „auch nur einen Kubikmeter Wasser zu verspritzen“.

Besondere Verpflichtung der Stadt

Der Wirtschaftsreferent von Nürnberg, Dr. Wilhelm Doni, sicherte den Gemüsebauern im Namen von Oberbürgermeister Dr. Urschlechter zu, daß sich auch die Stadt ihrer besonderen Verpflichtungen um das Knoblauchsland bewußt sei. Durch den „klaren und eindeutigen“ Flächennutzungsplan der Stadt Nürnberg sei den Bauern die Gewähr gegeben, daß ihr Land für den Gemüseanbau erhalten und die bäuerliche Existenz gesichert werde. Der Bodenspekulation vor der wachsenden Stadt sei damit ein Ende bereitet worden.

Der Präsident des Bezirksverbandes Mittelfranken des Bayerischen Bauernverbandes, Bundestagsabgeordneter Georg Ehnes, sagte, Importe aus anderen Ländern seien im Nürnberg-Fürther Raum kein Ersatz für die Erzeugnisse des Knoblauchslandes. Es sei ein einmaliger Vorteil, daß in Nürnberg-Fürth schon am nächsten Morgen nach der Ernte qualitativ hochwertiges Gemüse gekauft werden könne, das noch am Abend vorher auf den Feldern stand.

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