Alte Eiche in Lenkersheim soll rund 500 Jahre alt sein

19.8.2020, 13:00 Uhr
Alte Eiche in Lenkersheim soll rund 500 Jahre alt sein

© Foto: Stefan Blank

Seit 5. Dezember 1990 ist die Eiche als eines von heute 58 Naturdenkmälern im Kreis geschützt und Angelika Bader von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt sagt: "Es ist der angeblich älteste Einwohner Bad Windsheims." Um die Alte Eiche zu erhalten, wurden kürzlich zwei Stützen montiert, die den krumm gewachsenen und auf der Ostseite toten Baum entlasten sollen.

Langsam streicht Heinz Bußler erst über die wellenförmige, dann über die gerade in Richtung Baumkrone verlaufende Rinde des kräftigen Stammes mit drei Metern Durchmesser. "Es ist irre, was der schon alles erlebt hat", sagt der Wald- und Käferexperte aus Feuchtwangen. Wie alt die Eiche wirklich ist, ist nicht bekannt, in den Archiven ist nichts zu finden.

Anhand von Untersuchungen hat Richard Krämer, Kreisfachberater für Gartenbau, ein Alter von etwa 500 Jahren ermittelt. Damit wäre der Baum deutlich vor dem Dreißigjährigen Krieg gepflanzt worden. Heinz Bußler, Sven Finnberg und Eichen-Fachmann Herbert Kolb aus Windsfeld bei Dittenheim können sich aber auch vorstellen, dass es sich um eine vor 400 Jahre eingesetzte Friedenseiche handelt.

Alte Eiche in Lenkersheim soll rund 500 Jahre alt sein

© Foto: Sven Finnberg

Einig sind sich alle bei der Bedeutung des Naturdenkmals. "So ein Baum ist Wohnung und Nahrungslieferant in einem", sagt Herbert Kolb. Hier schlüpft eine Hornisse aus dem Stamm, dort krabbeln seltene Käfer, kriechen Schmetterlingsraupen und auf einem Ast sitzt ein Buntspecht. Die Vielfalt an unterschiedlichem Leben sei sehr beeindruckend, die Eiche ein Geschenk für die Artenvielfalt, sagt Finnberg.

So sind dort unter anderem drei vom Aussterben bedrohte Urwaldrelikt-Arten von Käfern, der Ampedus cardinalis, der Ampedus brunnocornis (beide Rote Liste Stufe eins) und der Cardiophours grammineus (Kategorie zwei) sowie mehr als 20 Käferarten heimisch.

Blitz, Pflug oder Säure

Doch dort, wo der Ampedus cardinalis wieder im Holz des Giganten verschwindet, befindet sich der traurige Teil der Geschichte der Stieleiche: die Ostseite. Während die Krone vom Stamm aus Richtung Westen etwa zwölf Meter hinausragt, im Sonnenlicht ein mehr als schmuckes Naturmotiv bietet, ist auf der gegenüberliegenden Seite nichts. Doch warum ist die Eiche auf der Ostseite tot?

Wie es bei Methusalems nun einmal so ist, gibt es mehrere Geschichten. Während Bußler sich vorstellen kann, dass ein Blitz in den Stamm eingeschlagen hat, geht Kolb davon aus, die Wurzeln seien mit einem Pflug abgerissen worden. "Das sagt mir der Baum", sagt Kolb und zeigt auf das Wurzelwerk.

Alte Eiche in Lenkersheim soll rund 500 Jahre alt sein

© Foto: Stefan Blank

Der 65-Jährige, der die Lenkersheimer Eiche seit mehreren Jahrzehnten kennt, hält aber auch für möglich, dass die Schäden Folgen eines Säureattentats sind – von diesem Szenario erzählen sich Lenkersheimer. So oder so, zu retten ist der Baum auf dieser Seite nicht mehr.

Dafür setzen sich die Naturschützer umso mehr für die schmucke Seite ein, wo laut Kolb "ein Wahnsinnsgewicht den Baum nach unten zieht". Sichtbare Zeichen für diese akute Gefahr für die Statik seien ein "Separationsriss" am Stamm und die wellige Rinde auf der Westseite. "Ein Kubikmeter Eichenholz wiegt etwa 800 Kilogramm – und da hängen gut und gerne 15 Kubik dran", sagt Kolb. Das wären zwölf Tonnen.

Die Äste einzukürzen, den Baum zurückzuschneiden, wäre eine Option gewesen, die Untere Naturschutzbehörde entschied jedoch, zwei Stützen nach Maß zu fertigen, wie Angelika Bader erklärt. Das sei sinnvoller gewesen. Ziel sei es, den Baum "so lange wie möglich zu erhalten". Das Naturdenkmal wird zweimal pro Jahr kontrolliert, erklärt Richard Krämer. Durch die stützende Maßnahme könnte er möglicherweise noch viele Jahrzehnte überleben.

Auch die vor Jahren durchgeführte Verlegung des Weges habe geholfen, sagt Kolb. "Früher sind alle direkt über die Wurzeln gefahren." Lob für die Stützen gibt es von Kolb, Bußler und Finnberg. "Die Lösung ist gut", sagt Kolb. "Ich habe schon grauenhaften Blödsinn an Bäumen gesehen, aber die haben sich wirklich was dabei gedacht." Doch Kolb sagt auch: "Der Kittel ist nicht ganz geflickt."

"Verdammt schönes Grün"

Für Nachwuchs wird bereits gesorgt: Nur wenige Meter neben der riesigen Eiche stehen zwei kleine Bäumchen, geschützt durch einen Zaun. Vor 20 Jahren setzte sich die Ortsgruppe Bad Windsheim des Bund Naturschutz für die Ernennung zum Naturdenkmal ein.

"Uns ging es damals aber nicht nur um den Schutz dieser Methusalems, sondern auch um die Generhaltung dieser alten Bäume", erklärt Bruno Täufer. Daher sammelte der Ortsgruppen-Ansprechpartner vor 14 Jahren Eicheln vom Mutterbaum, für eine "Nachzucht". Übrigens: Im Jahr 1987 hatte der damalige Windsheimer Bürgermeister Otmar Schaller die "Alte Eiche" dem BN übereignet. Den Vertrag unterzeichneten der Rathauschef und BN-Ortsvorsitzender Walther Volkmann auf dem Rücken von Stadtförster Frithjof Ackermann direkt an der Eiche.

Alte Eiche in Lenkersheim soll rund 500 Jahre alt sein

© Foto: Stefan Blank

"Wir hoffen, dass er uns überlebt", sagt Angelika Bader von der Naturschutzbehörde. Zahlreiche Prozessions- und Schwammspinner im vergangenen Jahr habe er jedenfalls "sehr gut weggesteckt", sagt Sven Finnberg. Der Stadtförster ist öfters an der Alten Eiche, mustert ihn von den Wurzeln bis zur Krone und sagt ehrfürchtig. "Sie sieht sehr gut aus, alleine ihre Dimension ist beeindruckend, was der zu leisten vermag ..." Auch Kolb findet: "Die Blätter haben ein verdammt schönes Grün."

Dieses hat auch Erwin Bauerreiß stets genossen. Der ausgewiesene Botanik-Kenner und Naturbeobachter aus Lenkersheim nennt sich Druide Quercus und hat Schriften in seinem Wurzel-Verlag veröffentlicht. Auch über die Alte Eiche von Lenkersheim, die er "mein persönlicher Lebensbaum" nennt. "Leider gibt es viel zu wenige solcher Bäume bei uns", sagt Svenn Finnberg. Erwin Bauerreiß hat ihn gebeten, auf die Alte Eiche aufzupassen.

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