Nach Drohbrief: Herrmann besucht Röthenbacher Moschee

22.5.2020, 18:39 Uhr
Nach Drohbrief: Der bayerische Innenminister besuchte die Moschee in Röthenbach.

Nach Drohbrief: Der bayerische Innenminister besuchte die Moschee in Röthenbach.

In der Moschee der türkisch-islamischen Gemeinde Röthenbach herrscht am Freitagvormittag eine aufgeregte Stimmung unter den Mitgliedern. Rund 20 Männer und Frauen warten im Gemeinschaftsraum und vor dem blauen Haus am Bahnhofsplatz auf ihre hochkarätigen Gäste, die sich hier nicht jeden Tag die Ehre geben. Auf der langen Besucherliste steht auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann.

Was bereits kurz nach der Entdeckung eines Drohbriefs Anfang März im Briefkasten der Moschee geplant war, kann an diesem Tag stattfinden. Ein gemeinsamer Austausch der Betroffenen und der Politiker, die Beantwortung von Fragen und die Versicherung der gegenseitigen Unterstützung.

Seitdem hat sich einiges verändert. Die Corona-Maßnahmen hatten sowohl das Treffen, als auch die geplante Gedenkveranstaltung verhindert. Stattdessen soll es laut Bürgermeister Klaus Hacker nun ein gemeinsames Fest der Stadt und aller Religionsgemeinden geben, sobald das wieder möglich ist.

Nach Drohbrief: Erleichterung nach Ermittlungserfolg

Eine weitere große Veränderung seit dem schockierenden Ereignis am 5. März ist die schnelle Ermittlung der Täterin innerhalb von zwei Wochen. Einer Sympathisantin der rechtsextremen Partei "III. Weg", die seit vergangenem Dezember zahlreiche Drohbriefe verschickt hatte. Das mögliche Netzwerk der Täterin aus Diepersdorf wird zurzeit noch geprüft. Unter anderem weil keine Fluchtgefahr besteht, ist sie bis zur Verhandlung auf freiem Fuß.


Drohbriefe mit echter Munition: Polizei hat Verdächtige gefasst


"Wir hatten eigentlich befürchtet, dass die Ermittlungen im Sand verlaufen. Deswegen waren wir überrascht und natürlich erleichtert, dass die Täterin so schnell gefasst wurde", sagt Recep Calik, Vorstandsvorsitzender der Ditib Röthenbach. Er freut sich über die zahlreichen Besucher des Treffens. "Das Ministerium hat uns gleich nach Drohung angerufen und Unterstützung zugesichert und die Gründung der Soko "Karte" hat uns beruhigt", sagt Calik.

"Was wir versprochen haben, haben wir eingehalten"

Nach und nach kommen sie an, Röthenbachs Bürgermeister Klaus Hacker, Landrat Armin Kroder, Roman Fertinger, Präsident der Polizei Mittelfranken, Cora Miguletz, Leiterin der Kriminalpolizei Schwabach und Hasan Aslan, Vorstandsvorsitzender des bayerischen Landesverbands der Ditib.

Jedes Mal, wenn eine weitere schwarze Limousine durchs Tor fährt, drehen sich alle Köpfe Richtung Wagen. "Ist er das?" fragt einer der Männer. Und dann ist er endlich da, der bayerische Innenminister. Er wird von Calik begrüßt und steht sofort im Blitzlicht der zahlreichen Kameras. Die Journalisten tragen Masken, genau wie Herrmann und die anderen Gäste.

Als rund 20 Ehrengäste und Mitglieder der Ditib ihren Platz am großen Tisch im Gemeinschaftsraum gefunden haben, werden die Masken abgelegt. Nach der Begrüßung ist Herrmann an der Reihe. "Was wir versprochen haben, haben wir eingehalten. Durch die gute Arbeit der Polizei konnte diese widerwärtige Tat trotz einer nicht einfachen Spurenlage schnell aufgeklärt werden", sagt Herrmann und nickt dabei den Verantwortlichen Fertinger und Miguletz zu.

"Unser Rechtsstaat schützt alle Bürger vor Bedrohungen. Und wir stellen den Schutz der Meinungs- und Glaubensfreiheit in diesen Zeiten nicht hinten an", so Herrmann. In den letzten zwei Jahren habe die Zahl der rechtsextremen Verbrechen bundesweit, also auch in Bayern zugenommen. "Solche Taten sind eine Herausforderung für die Gesellschaft. Sie gehen nicht nur die Polizei und den Verfassungsschutz etwas an, sondern fordern das Engagement aller Bürger für ein friedliches Miteinander, dass die meisten auch wollen", sagt Herrmann. Toleranz reiche nicht aus, stattdessen sei gegenseitiger Respekt erforderlich.

Türkischer Generalkonsul: "Wir fühlen uns hier heimisch"

Serdar Deniz, der türkische Generalkonsul für Nürnberg, ergreift ebenfalls das Wort. Die erfolgreiche Ermittlung sei wichtig gewesen. "Jeder unaufgeklärte Fall löst eine neue Tat aus", sagt Deniz. Die türkischen Gemeinden seien traurig, dass der Rechtsextremismus in Deutschland zunimmt. "Die türkischen Familien leben hier in der dritten Generation, die Menschen fühlen sich heimisch. Jetzt benötigt es noch mehr Zusammenarbeit mit unseren deutschen Freunden, um die Vorurteile zu verringern", sagt Deniz.


Röthenbach: So reagiert die islamische Gemeinde auf den Drohbrief


Hacker und Kroder bekräftigen anschließend, dass sowohl in Röthenbach als auch im Nürnberger Land diese Zusammenarbeit weiter gefördert werden soll. Dann ziehen sich die Vertreter von Politik, Polizei und Ditib zum nichtöffentlichen Gespräch zurück. Der Innenminister nimmt sich mehr Zeit als geplant, "ich bin gerne heute nach Röthenbach gekommen", sagt er.

Als er wieder aufbricht, löst sich die Versammlung langsam auf, die Journalisten packen ihre Kameras ein. Onur Aktürk, mit 22 Jahren der Jüngste im Vorstand der Röthenbacher Ditib, freut sich über das öffentliche Interesse. "Schon kurz nach der Tat, hatten wir viele positive Gespräche. Die Politik hat ihre Anteilnahme gezeigt und die schnelle Ermittlung hat uns beruhigt. Die Stimmung in der Gemeinde ist seitdem wieder besser geworden", sagt Aktürk.


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