Traditionsfeste in Röthenbach auf Schrumpfkurs

19.7.2018, 11:34 Uhr
Traditionsfeste in Röthenbach auf Schrumpfkurs

© PZ-Archiv/Sichelstiel

Soll der Blumenfestumzug nur noch alle zwei Jahre stattfinden? "Darüber ist schon diskutiert worden", sagt Dagmar Haala, die Vorsitzende des Röthenbacher Vereinskartells, "aber aus meiner Sicht wäre das der Tod des Blumenfests". Sie fürchtet, die 1929 durch den Kleingartenverein Flora begonnene Tradition könnte auf diese Weise einschlafen.

Sicher ist: Das Fest, bei dem blumengeschmückte Wagen durch die Stadt ziehen, ist in den vergangenen Jahren geschrumpft. Manche Vereine stellen inzwischen nur noch Marschgruppen und verzichten auf das aufwändige Konstruieren und Bekleben der Motive. Oder sie entscheiden sich für kleine Wagen, bauen etwa ihr Vereinswappen nach, statt einer auffälligen, überlebensgroßen Dahlienfigur. Die Zahlen belegen das: Bis zu 600.000 Dahlien haben die Vereine mitunter im niederländischen Zundert bestellt. 2018, immerhin zum 80. Blumenfest, werden es laut Haala und Holger Riedelbauch vom Vorstand des Vereinskartells etwa 450.000. Vor zehn Jahren waren es noch über 30 Festwagen, im vergangenen Jahr nur noch 22.

Beim Stadtfest im Juni das gleiche Bild: Im sozialen Netzwerk Facebook kritisierten manche Besucher hinterher, dass es doch recht wenige Buden gewesen seien. Die zweite Röthenbacher Traditionsveranstaltung ist eng mit dem Blumenfest verbunden. Nur wer bei diesem mitmacht, darf Essen und Trinken beim Stadtfest verkaufen – die Einnahmen sollen die Kosten für die Festwagen decken.

Vereinen fehlt es an Helfern

Vielen Vereinen fehlt es an Helfern, die anpacken. Die Röthenbacher Feuerwehr, die in diesem Jahr nur mit bunt geschmückten Bollerwagen im Festzug antreten will und beim Stadtfest fehlte, verweist auf die ohnehin große Belastung ihrer Ehrenamtlichen. "Da sind nicht nur die Einsätze", sagt Kommandant Martin Knorr, "sondern auch Übungen und Lehrgänge". Man könne die Feuerwehr nicht mit anderen Vereinen vergleichen.

Beim Blumenfest mangelte es vielen außerdem an Motivbauern, die wochen- oder gar monatelang an einem Wagen tüfteln. Der Alpenverein hat für diese Aufgabe Norbert Schmidt "reaktiviert", der vor vier Jahren schon an ein jüngeres Team abgegeben hatte – doch das war nicht von Dauer. "Es ist wirklich das letzte Mal", sagt der 75-Jährige. "Deprimierend" sei es, dass immer weniger Vereine mit einem eigenen Motiv mitmachten, zumal so große wie die Feuerwehr.

Dagmar Haala und Holger Riedelbauch sind sich einig: "Große Motive sind schon ein Publikumgsmagnet." Deshalb wollen sie "nicht nur Bollerwagen" im Festzug sehen, wie Haala sagt. Das Blumenfest ist für Riedelbauch "eine Kulturveranstaltung", die unbedingt erhalten werden muss. Ideen für Veränderungen hat das Vereinskartell auch schon. Dazu gehört eine Publikumsjury, die in diesem Jahr erstmals das Votum der Preisrichter ergänzen soll. Sogar eine App zum Abstimmen für das Publikum, sagt Riedelbauch, sei schon im Gespräch gewesen. Beim Stadtfest setzt das Vereinskartell inzwischen statt fester Bühnen auf Straßenmusiker, die von Stand zu Stand wandern. Ein Foodtruck-Treffen wie etwa beim Gewerbetag ist allerdings nicht denkbar. „Das Stadtfest soll ein Fest für die Vereine bleiben“, so die Vorsitzende.

Kleine Vereine nicht ausgrenzen

Röthenbachs Bürgermeister Klaus Hacker ist bei solchen Neuerungen ohnehin vorsichtig. Er will vor allem die älteren Blumenfest-Zuschauer oder die kleinen Vereine, die weniger Anhänger mobilisieren können, nicht ausgrenzen. Die Oberpfälzer Eintracht etwa, deren Altersdurchschnitt bei weit über 70 Jahren liegt, dürfte mit einer Voting-App wenig anfangen können.

Schon eher kann sich Hacker vorstellen, dass die Vereine Untersütztung von Externen bekommen: Warum sollen die Motive nicht einmal von Kunststudenten entworfen werden? Er schlägt außerdem eine Ideenwerkstatt vor, um das Blumenfest weiterzuentwickeln.

Bei allen Problemen: Nach wie vor gibt es Vereine, die mit viel Engagement beim Blumenfest dabei sind. Haala und Riedelbauch vom Vereinskartell nennen neben den Oberpfälzern die Quastler als Beispiel. Sie bauen Jahr für Jahr mit einer jungen Mannschaft immer spektakulärere Wagen, in diesem Jahr ein Motiv aus der Serie "Game of Thrones". Die Renzenhofer Feuerwehr wird voraussichtlich die meisten Dahlien verwenden. Sie holte 2017 mit einem Piratenschiff den Sieg in der Jurywertung – der Platz war jahrelang den großen Vereinen sicher.

Keine Kommentare