Auftakt zum Bürgerbegehren in Allersberg mit Trillerpfeifen

2.10.2019, 11:22 Uhr
Auftakt zum Bürgerbegehren in Allersberg mit Trillerpfeifen

© Foto: Stefan Bergauer

Zudem hatte die Bürgerinitiative Vertreter von Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz (LBV) eingeladen. Die einleitenden Worte Georg Deckers, dem Sprecher der Bürgerinitiative, gingen in diesem großen Kreis ziemlich unter – dies lag aber auch an Trillerpfeifen: Befürworter des Industrieparks waren ebenfalls gekommen. Allerdings verstummten die Pfiffe bald, am Ende diskutierte man sogar miteinander und konnte feststellen, gemeinsame Ziele zu haben.

Mehr Emissionen zu erwarten

Carsten Hüglin, einer der Sprecher der Bürgerinitiative, stellte die Ziele vor, im Kern: Kein Industriegebiet, West I soll komplett entfallen, West II auf ein acht Hektar großes Gewerbegebiet verkleinert werden. Hier sollen möglichst kleine und mittlere Betriebe aus der Region angesiedelt werden und so eine Entwicklung Allersbergs möglich sein.

Die Kritikpunkte an der bisherigen Planung: Mehr als 33 Hektar seien überdimensioniert, als Industriegebiet sind mehr Emissionen als bei einem Gewerbegebiet zu erwarten, es entstünden kaum Arbeitsplätze für Allersberger, sondern Jobs im Billiglohnsektor für Auswärtige, damit geringe Einnahmen aus Gewerbesteuer und Einkommenssteueranteil, das im anschließenden Schutzgebiet geförderte Trinkwasser wäre gefährdet.

Die Landtagsabgeordnete Barbara Fuchs, wirtschaftspolitische Sprecherin und Mittelstandsbeauftragte der Fraktion der Grünen, nannte die bisherige Planung ein "Wahnsinnsprojekt". Sechs Millionen Euro Einnahmen aus Grundstücksverkäufen seien zudem im kommenden Haushaltsjahr eingeplant. "Es muss schon einen Käufer geben", sagt sie. "Damit sind die Gesprächsangebote schöner Schein" – eine Kritik an der Marktgemeinde, die die Planung zwar umfangreich zugänglich gemacht hat, aber zu Käufern schweigt und sich dabei auf die Gesetzeslage beruft.

Unterstützung von den Verbänden

Helmut Beran, Geschäftsführer des LBV, stellte den Begriff "Heimat" in den Mittelpunkt – Landschaft dürfe keine "billige Verfügungsmasse" sein. "Die Zukunft liegt nicht in überdimensionierten Industriegebieten." Sondern in nachhaltigen Lebensräumen – damit lag er auf einer Linie mit Richard Mergner, dem Landesvorstand des Bund Naturschutz. "Wirtschaften geht nur mit der Natur und nicht gegen die Natur."

Beate Grüner, Bund-Kreisvorsitzende, fragte: "Was wollt ihr für eine Zukunft, für eure Kinder, die nächste Generation?" Ruppert Zeiner, Kreisvorsitzender des LBV, führte wiederum Fehler in der artenschutzrechtlichen Prüfung an – der LBV pflegt im Planungsgebiet ein Biotop des Bezirkes Mittelfranken. Im Endeffekt stellten die Vertreter jedoch die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt – die Klimakatastrophe und der Umgang damit sind in Allersberg angekommen.


Diskussion ums Industriegebiet Allersberg: Der Ton wird rauer


Anschließend wurde diskutiert, auch mit den Befürwortern der Pläne – die Freibadfreunde fürchten um die Einnahmen, die mit dem Industriegebiet erzielt werden sollen. Allersberg ist ja knapp bei Kasse und hat mit der Sanierung des Bades und des Gilardihauses noch einiges vor sich, von den Pflichtaufgaben abgesehen.

"Wir wollen unseren Kindern eine Zukunft geben", ist sinngemäß auf einem Plakat der Befürworter zu lesen – genau darum geht es auch den Gegnern. Carsten Hüglin stellt am Ende einige Gemeinsamkeiten fest "Lassen Sie uns in den Clinch gehen", ruft er den Befürwortern zu und verweist auf das Bürgerbegehren als "urdemokratischen Prozess", aus dem heraus eben für die eine oder andere Seite entschieden wird.

Von der Marktgemeinde erhofft sich Hüglin, dass dieser Prozess nicht blockiert wird, er schließt mit dem Aufruf, sich zu informieren, die Sitzungen des Marktgemeinderates zu besuchen – auch hier sind sich die beiden Lager einig.

Vor der Kommunalwahl

Nun werden Unterschriften gesammelt, um die 840 braucht die Bürgerinitiative, damit es zum Bürgerentscheid kommt. Georg Decker ist optimistisch, Ende Oktober will er die nötige Zahl zusammen haben. Denn er hört die Uhr ticken: Die Einnahmen aus den Grundstücksverkäufen hat die Gemeinde im Haushaltsentwurf ja schon verplant, er befürchtet, dass Tatsachen geschaffen werden. Deshalb arbeitet er auf einen Abstimmungstermin vor der Kommunalwahl im März hin.

Das ist eine offene Flanke, Decker selbst ist nicht nur Mitglied der Grünen, sondern sogar Sprecher des Ortsverbandes. "Es geht uns ausschließlich um die Sache, das ist sicherlich kein Wahlkampf", sagt er. Die Kandidatenliste der Grünen sei noch nicht aufgestellt, er könne daher nicht sagen, ob er kandidiere. Bis auf ein anderes Mitglied sei die Sprecher-Riege der Bürgerinitiative jedoch frei von Parteimitgliedern.

Über diese Frage will die Bürgerinitiative die Allersberger abstimmen lassen: "Sind Sie dafür, dass die Marktgemeinde Allersberg die Planungen für die Industriegebiete ,Allersberg West I und West II‘ wie folgt ändert: Vollständiger Verzicht auf das ,Industriegebiet West I‘ und Entwicklung des ,Gebietes West II‘ als Gewerbegebiet und Standort für die Ansiedlung vorwiegend ortsansässiger Betriebe, zunächst beschränkt bis zu maximal acht Hektar auf den Flächen gemäß dem nachfolgenden Kartenausschnitt" – dieser zeigt einen Teil der West II-Fläche nordwestlich des Regionalbahnhofes.

Wie geht es weiter? 

Die Bürgerinitiative will an den Bauernmärkten am 5., 12. und 19. Oktober einen Infostand aufbauen und Unterschriften sammeln, außerdem von Tür zu Tür gehen. Die BI präsentiert sich auch auf Facebook sowie unter www.lebenswertes-allersberg.de. Sprecher der Bürgerinitiative ist Georg Decker, daneben Walter Marx und Carsten Hüglin. Stellvertreter sind Markus Fiegl, Wilma Kinzler und Franz Hofmann.

Bürgerversammlungen der Marktgemeinde finden ab Mittwoch, 23. Oktober, und am Donnerstag, 14. November, für Altenfelden statt. Speziell rund um das Thema Gewerbeflächen hat die Marktgemeinde für Dienstag, 19. November, eingeladen (Gasthaus Altes Spital). Beginn ist jeweils 19 Uhr. Infos zu den Bürgerversammlungen und die Planungsunterlagen zum Gewerbegebiet gibt es unter www.allersberg.de.

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