Knappe Medikamente: Wenn etwas Wic_tiges fehlt

10.1.2020, 11:14 Uhr
Blick ins Leere: Während viele Medikamente vorrätig sind, bleiben manche Fächer in den Schubladen von Apotheker Rudolf Tratz aus Hilpoltstein zwangsweise frei.

© Martin Regner Blick ins Leere: Während viele Medikamente vorrätig sind, bleiben manche Fächer in den Schubladen von Apotheker Rudolf Tratz aus Hilpoltstein zwangsweise frei.

"Es sind momentan rund 150 Artikel, die ich gerne bestellen würde, die aber bei Großhändlern und Herstellern nicht in genügender Menge vorhanden sind", sagt der Apotheker Rudolf Tratz aus Hilpoltstein. Exemplarisch nennt Tratz Blutdruckmittel mit dem Wirkstoff Candesartan: Diese seien schon seit rund einem Jahr lang schlecht erhältlich und "man muss immer tausend Kunstgriffe machen, damit man die Patienten versorgen kann".


Notstand auch in Franken: Immer häufiger fehlen Medikamente.


Wenn etwa die Tabletten mit der vom Arzt verordneten Dosierung nicht zur Verfügung stehen, helfe mitunter beispielsweise, dass ein Patient anstatt eine Tablette einzunehmen eben zu zwei halb so stark dosierten Tabletten greift. Bevor eine derartige Notlösung ergriffen werden kann, müssen Tratz und seine Mitarbeiter aus der Apotheke aber jedes Mal Rücksprache mit dem behandelnden Arzt halten.

Mehr Arbeit als sonst hat auch das Team von Christian Rogler, der die Klinik-Apotheke in der Kreisklinik in Roth leitet: "Fast eine ganze Personalstelle ist bei uns im Moment mit dem Mangel-Management ausgelastet."

Rogler und seine Mitarbeiter versuchen etwa, alternative Lieferanten oder zumindest andere Packungsgrößen als die eigentlich benötigten aufzutreiben. Problematisch sei im Moment die Lage bei Propofol – ein Narkosemittel, das vor Operationen verabreicht wird. Hier seien die Vorräte seit geraumer Zeit immer knapp, "aber wir mussten zum Glück noch keine Operationen deswegen verschieben oder ausfallen lassen".

 

Werner Kurzlechner, der Pressesprecher der Bayerischen Landesapothekerkammer mit Sitz in München, spricht von einem Dauerthema und einem flächendeckenden Problem. Die Ursachen für die Lieferengpässe seien vielfältig, der Kostendruck im Gesundheitswesen sei eine davon. Kurzlechner weiter: "Global betrachtet, findet die Wirkstoffproduktion für den Weltmarkt aus Kostengründen oft in wenigen Betrieben in Fernost statt". So würden zum Beispiel Antibiotika in Indien und in China hergestellt.

Die Konzentration auf wenige Fabriken wirke sich problematisch aus: "Steht die Produktion zeitweilig still oder wird eine Charge aus Qualitätsgründen nicht freigegeben, können auch große Hersteller in Europa ihre Fertigarzneimittel nicht liefern." Und dann müssen Apotheker vor Ort, wie Rudolf Tratz, mehr arbeiten, um die Patienten trotzdem zu versorgen.

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