Moritaten-Singen zur Allerweltskerwa wirft Schatten voraus

23.9.2017, 05:54 Uhr
Moritaten-Singen zur Allerweltskerwa wirft Schatten voraus

© Foto: Viola Bernlocher

In Herbert Moders Hausgang sieht es aus, als habe er kurzerhand sein Büro hierher verlegt. Überall liegen, sauber gestapelt, bedruckte Blätter herum. Das elfte Moritaten-Singen wirft seine Schatten voraus.

Bis zu 70 Leute kommen seit einigen Jahren, um mitzusingen und zuzuhören, wenn wieder wie in alter Zeit die Bänkellieder gesungen werden. Damit auch ein jeder, der mag, mitsingen kann, braucht es die Liedtexte, und die waren in den vergangenen Jahren in einem Geheft verzeichnet, das die Sänger an die Mitsinger ausgegeben haben — aber in der falschen Reihenfolge. Und so hat Herbert Moder die Blätter nun alle wieder aus den Geheften genommen und sortiert sie neu. Eine riesige Arbeit, aber die mache er sich gerne.

Vom Bänkchen aus

Vor elf Jahren haben die Betreuer des Museums um Peter Hagenmeier das Balladen-, Moritaten- und Wirtshauslieder-Singen in Hilpoltstein wieder ins Leben gerufen. Früher überbrachten reisende Sänger auf diese Weise Nachrichten und Geschichten. Damit sie auch Gehör fanden, stellten sie sich auf ein Bänkchen — daher noch heute der Begriff "Bänkellieder".

Damit dem Publikum nicht langweilig war, wurden die Lieder mit bunten Bild-Tafeln illustriert, die der Bänkelsänger während des Lieds zeigte. Auch auf dem Gredinger Trachtenmarkt wird in jedem Jahr fleißig gesungen. Besonders in Oberbayern ist das Moritaten-Singen noch bekannt

Im Roß-Biergarten kommen natürlich auch Lieder mit Hilpoltsteiner Lokalkolorit zur Aufführung. Etwa das vom früheren Post-Wirt Betz, den bei einer Treibjagd seine Gedärme so drückten, dass er sich hinter einem Busch niederließ. Just in diesem Moment lief aber ein Hase vorbei, auf den er solange gewartet hatte.

In Liedgut verpackt hat einen Teil dieser Geschichten der Thalmässinger Rudolf Osthof. Auch von der vor einigen Jahren verstorbenen Hilpoltsteinerin Winnie Mierlein ist ein Lied im Verzeichnis.

Amüsant singt sich auch die (wahre) Geschichte vom Görgel, der sich mit dem Heiraten viel Zeit gelassen hatte und schließlich eine der ebenfalls nicht mehr ganz jungen Hornig-Jungfern ehelichte. Diese flüchtete in der Hochzeitsnacht aber lieber zu ihrer Schwester und der Görgel ging leer aus. Oder von einem eifrigen Hilpoltsteiner Polizisten, der bei der Verfolgungsjagd mit einem Volltrunkenen in Tiefenbach statt dem Flüchtenden die Odelgrube erwischte.

Mindestens ein Toter

Diese Geschichten sind eher den Balladen zugehörig. Denn: "In jeder Moritat gibt es mindestens einen Toten", sagt Peter Hagenmeier. Etwa in jener von der letzten Hinrichtung in Hilpoltstein an der Dreifaltigkeitskapelle. Es traf 1808 einen Meckenhausener Knecht, der sein schwangeres Liebchen erstochen hatte. Doch nicht nur lokale Begebenheiten kommen zur Sprache, sondern es erklingt auch die sehr moderne Moritat vom wohlbekannten Braunbär Bruno, der ein unrühmliches Ende fand.

Das mit den lokalen Balladen sei nämlich gar nicht so einfach, gesteht Hagenmeier, denn dazu braucht es vor allem eines: Eine gute G‘schicht. Die Besucher stört das wenig – in den zehn Jahren, die es das Bänkelsingen schon gibt, kam jedes Jahr mehr Publikum. Denn langweilig wird es bei 42 lustigen und traurigen Liedern so schnell nicht...

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