Thalmässing: Stolz, aber auch ein wenig enttäuscht

23.9.2020, 18:39 Uhr
Am Ende gab es für die Grund- und Mittelschule Thalmässing und den ehemaligen Schulleiter Ottmar Misoph (li.) zumindest eine Urkunde. Außerdem fließt ein Anerkennungspreis von 5000 Euro an die Schule. 

© Milena Kühnlein Am Ende gab es für die Grund- und Mittelschule Thalmässing und den ehemaligen Schulleiter Ottmar Misoph (li.) zumindest eine Urkunde. Außerdem fließt ein Anerkennungspreis von 5000 Euro an die Schule. 

 Die Stimmung an der Grund- und Mittelschule von Thalmässing ist an diesem trüben Mittwochmorgen eine andere. Eine Gruppe Schülerinnen und Schüler besprüht draußen einen großen Flügel mit Farbe – diesen wird sie für ihren Live-Auftritt noch brauchen.

Der ehemalige Schulleiter Ottmar Misoph läuft in der Aula herum und wirkt ein wenig nervös. Der Bürgermeister Georg Küttinger kommt und nimmt in der Aula Platz. Er ist stolz, dass die Schule es bis zum Entscheid über den Deutschen Schulpreis geschafft hat. 


Container für die Schule: Hell, modern und voll ausgestattet


Einige Kinder blicken beim Vorbeigehen immer wieder auf den Monitor, auf dem die virtuelle Verleihung läuft und begutachten die Projekte der anderen Schulen. „Aufgeregt ist man sicher, aber es ist jetzt schon eine Top-Leistung – eine super Leistung“, sagt Ottmar Misoph, der für die Bewerbung maßgeblich verantwortlich ist. Sein Nachfolger in der Schulleitung, Christian Graf, hält sich im Hintergrund. „Am Erfolg sind andere beteiligt, ich bin nur der Nutznießer“, so der neue Schulleiter. 

Merkel gab den Sieger bekannt

Besonderheiten sind zum Beispiel offene Flure, die als Lern- und Klassenzimmer dienen. Oder die Tatsache, dass die Schülerinnen und Schüler eigene „Lernzeit“ haben. In dieser haben sie die Freiheit zu entschieden, wo und was sie lernen. Das erkannte auch die Jury an und nominierte die Grund- und Mittelschule als eine der 15 besten Deutschlands für den Preis – keine andere bayerische Schule hat das 2020 geschafft. 

Endlich: Thalmässing ist bei der Vorstellungsrunde im Live-Stream aus Berlin an der Reihe. Die Kinder, einige durften sich coronakonform im Saal sammeln, starren auf den Bildschirm, als die eigene Schule in einem kurzen Trailer vorgestellt wird. Zwei Mädchen kichern, als sie Klassenkameraden auf den Aufnahmen erkennen.

Ja, das stimme schon alles so, wie man es in dem Video hört, erklärt eine von ihnen. Sie hätten mehr Freiheit als anderswo und die Lehrkräfte seien nett. Dass die vorgestellten Schulkonzepte aller Nominierten nur noch wenig mit althergebrachten Schulformen gemein haben, wird schnell deutlich. Inklusion, Gleichberechtigung, Toleranz, Engagement, Individualität und Demokratie stehen im Vordergrund. 

Die eigene Schulphilosophie versucht Misoph dann im Live-Auftritt nochmal zu betonen, während im Hintergrund die Kinder die Flügel präsentieren. Nachdem alle Schulen vorgestellt wurden und auch der Live-Auftritt geschafft ist, geht es um 11 Uhr mit der Verleihung los. 
Die fünf zweiten Plätze werden nacheinander genannt.

Jede dieser Bildungseinrichtung bekommt ein Preisgeld von 25000 Euro. Diese sacken unter anderem die Grundschule Schuttertal (Baden-Württemberg) und das Gymnasium Essen Nord-Ost ein. Noch könnten die Thalmässinger den ersten Platz und damit 100 000 Euro bekommen. Die Stimmung in der Aula ist jetzt merklich angespannter, als Bundeskanzlerin Angela Merkel kurz davor ist, den Hauptpreisträger zu verkünden.

Niemand jubelt

Kann das wirklich sein? Schon als die Kanzlerin den Namen „Otfried“ ausspricht, sind aus dem Live-Stream lauter Jubel und Kreischen zu hören. In der Aula in Thalmässing aber jubelt niemand. Die Otfried-Preußler-Schule in Hannover holt den Sieg; die Moderatoren verabschieden sich.

Am Ende der Übertragung dauert es einen Moment, ehe die Anwesenden klatschen und die Stille durchbrechen. Die Hoffnung war wohl bis zuletzt da. Viele Kinder gucken traurig. Ein bisschen überrascht zeigt sich Misoph dann doch. „Ich hielt einen zweiten Platz für möglich,“ so der ehemalige Rektor. Aber: „Es sind 15 verschiedene Top-Schulen, und es ist schwierig diese miteinander zu vergleichen.“ 

Währenddessen packen die Schülerinnen und Schüler ihre Schulranzen auf den Rücken und gehen nach Hause. Für sie geht es morgen hier ganz normal weiter. Ohne Live-Stream, ohne Angela Merkel, aber dafür in einer Schule, in der sie sich wohlfühlen.

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