Bienen verhungern: Eindringlicher Appell der Imker

10.2.2016, 16:44 Uhr
Die meiste Zeit des Jahres können Bienen nur von immer weniger nichtlandwirtschaftlich genutzten Flächen oder von Blühpflanzen in Hausgärten leben.

© dpa Die meiste Zeit des Jahres können Bienen nur von immer weniger nichtlandwirtschaftlich genutzten Flächen oder von Blühpflanzen in Hausgärten leben.

Leider, so der Vorsitzende der  Kreisimkerschaft, Matthias Rühl, "wird unsere Landschaft in Form von Fleisch, Milch und Käse exportiert, die Gülle und der Gestank bleiben hier". Pestizide zerstörten die Artenvielfalt, glyphosathaltige Spritzmittel den Orientierungssinn der Honigbienen.

Die Landschaft sei weit über das verträgliche Maß hinaus "übernutzt". Die Lebensqualität der Landkreisbewohner werde in vielfältiger Weise beeinträchtigt, wird in einer Analyse des Istzustandes festgestellt. Der Pflanzenanbau beschränke sich auf nur wenige Kulturpflanzen, der Wiesenanteil gehe zurück, die Artenvielfalt schwinde durch immer intensivere Nutzung der vorhandenen Flächen. Auf mit Pestiziden "sauber" gespritzten Äckern könnten keinerlei Beikräuter mehr wachsen, was zu einer Verarmung der Landschaft und dramatischen Rückgang der Artenvielfalt führe.  

Wiesen würden ständig gemäht, so dass sich keine Blüten mehr bilden könnten. So könnten sich Blühpflanzen nicht mehr durch Aussamen vermehren. Die Landschaft werde dadurch unattraktiv für die hier lebenden Menschen und für Touristen. Die Tierhaltung habe ein Ausmaß angenommen, das zu einer ständigen Überdüngung der Landschaft mit Gülle führe. "Der Landkreis stinkt den ganzen Sommer lang" stellen die Imker fest und fragen. "Passt eine derartige Landbewirtschaftung in eine sogenannte Gesundheitsregion, die der Landkreis plant?"

In der müsste ihrer Meinung nach die Belastung der im Landkreis lebenden Menschen mit Ammoniakdämpfen und anderen Emissionen aus der Güllewirtschaft sollte genauer untersucht werden. Gärreste aus Biogasanlagen kommen zur Gülle hinzu. Wohnstandorte würden dadurch unattraktiv, Gäste würden in Regionen ausweichen, in denen im Sommer aus Tourismusgründen keine Gülle ausgebracht werde. Dies müssten zwangsläufig auch die Bienen in Landkreise mit einem höheren Anteil an ökologisch bewirtschafteten Flächen, der hier deutlich unter dem Durchschnitt in Bayern liege. Diese Flächen seien aufgrund des Verzichts auf Pestizide und wegen der größeren Vielfalt an Feldfrüchten und Beikräutern signifikant besser für Bienen, wie auch alle anderen Insekten.

Bienen verhungern auf den Blüten

Durch den großflächigen Anbau nur weniger Feldfrüchte, die bis auf den Raps für Bienen/Insekten vollkommen uninteressant sind, komme es nur zu kurzzeitigem, aber massenhaften Angebot an Nektar und Pollen. Früher für die Bienen wichtige Arten wie Sonnenblumen würden so verändert, dass sie keinen Nektar mehr bieten und Bienen auf den Blüten verhungern würden. Die meiste Zeit des Jahres könne die Biene nur von der abnehmenden Zahl nichtlandwirtschaftlich bewirtschafteter Flächen oder von Blühpflanzen in Hausgärten leben. Die frühere Symbiose Imkerei – Landwirtschaft existiere nicht mehr.

Bienen verhungern: Eindringlicher Appell der Imker

© Harald Munzinger

Auch deshalb seien Imker mittlerweile schon zu Beginn des Sommers (Anfang Juli) gezwungen ihre Bienen zu füttern, damit sie nicht verhungerten. Aber im selben Zeitraum fehle den Bienen auch eine ausreichende Pollentracht, um überhaupt Winterbienen hervorbringen zu können. Dies sei ein Grund für Völkerverluste im Winter, da schwache oder bereits im Herbst abgearbeitete Bienen nicht mehr die Kraft hätten, die Bruttraube im Winter zu wärmen.

Es sei als dringend erforderlich, "Problembewusstsein auf allen Ebenen, einen gleichen Wissensstand bei Politikern, Verbrauchern, Landwirtschaftsämtern und den Landwirten sowie das Bewusstsein für die Abhängigkeiten in der Natur schaffen" ist es der Leitsatz im Maßnahmenkatalog. Dazu gehörten auch entsprechende pädagogische Maßnahmen bereits in Kindergärten und Schulen.

Güllewirtschaft Auslaufmodell

Die Imker fordern, ein Konzept zur künftigen Landbewirtschaftung unter Gesichtspunkten ökologischer Zusammenhänge und der Klimaveränderung sowie gemeindeübergreifende Konzepte zur bewussten Landschaftsgestaltung zu erstellen und den Erlebniswert mit ökologischer Vernetzung zu koppeln. Der Pestizideinsatz müsse deutlich reduzieren oder vermieden und ökologische Landwirtschaft verstärkt gefördert werden. Es gelte, Tierbestände reduzieren - zumindest das Ausbringen von Gülle und Gärresten nach dem heutigen Stand der Technik. Die Güllewirtschaft wird als Auslaufmodell, die Weidewirtschaft als Zukunftsmodell gesehen, das den Landwirten höhere Einkommen sichere. Der Waldumbau sollte beginnen mit trockenresistenten Arten wie beispielsweise Robinie und Edelkastanie erfolgen, die auch Nektar und Pollen bringen An der ökologischen Ausrichtung der Landwirtschaft geht nach Einschätzung der Imker "kein Weg vorbei, da in wenigen Jahrzehnten die Komponenten für Kunstdünger (Phosphate) ohnehin fehlen."

Umfangreicher Maßnahmenkatalog

Im umfangreichen Maßnahmenkatalog wird unter anderem ein dezentraler Erhalt und die Erweiterung von Wiesenflächen gefordert. "Es muss Dauergrünland mit dem Verbot der Gülledüngung geben, um die Artenvielfalt zu erhalten". Mit gleichmäßiger Verteilung im Gebiet müsse es im Landkreis eine Mindestfläche von "ein- und zweischürigen Wiesen" geben, müssten Randstreifen bei Äckern, Wiesen und Wegen erhalten werden. Gemäht werden sollte über einen längeren Zeitraum gestaffelt werden und dies in den Abend – oder Morgenstunden, wenn Bienen nicht fliegen. Teilflächen sollten stehen gelassen werden. Zeitlich gestaffeltes Mähen wird auch  Seitenstreifen oder Seitenränder an Straßen gefordert. mähen. Magerstandorte seien wichtig, also vermehrt anzulegen und zu erhalten. Und vermehrt seien auch Arten anzupflanzen, die Pollen und Nektar über lange Zeiträume liefern.

Die Imker wollen im Landkreis das Anlegen von Blühflächen auf öffentlichen Flächen gefördert sowie auch die insektenfreundliche Bepflanzung von Hausgärten oder Hecken - mit entsprechenden Auflagen in Neubaugebieten – unterstützt und Streuobstwiesen erhalten und erweitern wissen, so ihr Vorsitzender Matthias Rühl.

Keine Kommentare