Handschrift einer Koryphäe

9.9.2019, 14:32 Uhr
Handschrift einer Koryphäe

© Harald Munzinger

"Alt und neu - Rathaus und Sparkasse am Marktplatz" lautete sein Thema, das er zwei Dutzend Interessenten auch mit altem Bildmaterial anschaulich vermittelte. Den wenigsten Menschen in der Stadt sei bewusst, welche Koryphäe mit dem in Windsheim geborenen Fritz Mayer das Bild des Stadtzentrums geprägt habe. Beide Gebäude würden die Handschrift "eines der großen Architekten der Vor- und Nachkriegsgeschichte" tragen, so Dr. Mück, der als Beispiele für dessen Ruf unter anderem die Säulenhalle im Nürnberger Luitpoldhain, das Theresien- oder das Krankenhaus Marta-Maria-Krankenhaus nannte. Mayer habe "mit klaren Formen die Architektur des Dritten Reiches vorweggenommen". In der Heimat drückte er auch der Bad Windsheimer St. Bonifatius-Kirche oder dem Burgbernheimer Ehrenmal seinen architektonischen Stempel auf.

Die 1936/37 gebaute Sparkasse sei nach der Schilderung von Dr. Wolfgang Mück mit der "schlichten Sachlichkeit" auch bei der Innenausstattung und "klaren Formensprache" des Sitzungsraumes als der "Prototyp für die Sparkassen in Franken" geplant gewesen. Durch den Krieg sei es bei dem Plan geblieben. Auf großes Interesse stießen Bilder aus jener Zeit als ausdrucksstarke Dokumente des Wandels, den der Historiker auch am Wiederaufbau des Rathauses nach dem verheerenden Brand 1947 deutlich machte. Ein Eimer Asche unter einer Holztreppe soll das Feuer entfacht haben, dem das nach der Zerstörung im 30-jährigen Krieg mit den markanten Elementen der Renaissance wieder errichtete Gebäude samt seinem kleinen Türmchen bis auf die Grundmauern zum Opfer fiel und mit ihm die damals übliche "Markthalle" der Handwerker. Ein großer Saal im ersten Stock sei von den Zünften genutzt worden, berichtete Dr. Mück.

Bürger beteiligten sich am Wiederaufbau

Der Wiederaufbau habe sich als schwierig gestaltet, da er nicht in alter Form erfolgen, sondern den Erfordernissen der 1950-er Jahre angepasst sein sollte. Pläne eines anderen Architekten seien von der Regierung verworfen und die Planung Fritz Mayer übertragen worden. Mück ging auf Vorwürfe wegen des schleppenden Verfahrens im Wahlkampf 1948 ein, das im Wesentlichen durch die schwierige Materialbeschaffung und knappen städtischen Finanzen bedingt gewesen sei. So seien die Bürger über Spendenaktionen am Wiederaufbau mit dem Laubengang und dem Dachreiter beteiligt worden.

Mit dem Geißbock-Rundlauf nach dem Muster des "Männleinlaufens" an der Nürnberger Frauenkirche habe es die Geißbocksage bis in die "New York Times" geschafft, schmunzelte Mück über die "schöne, wenn auch historisch nicht belegbare Geschichte". Dass in Neustadt gemeckert werden dürfe, legte Dr. Mück die Geißbock-Runde neu aus, gleichwohl mit der Einschränkung, dass dies nur von oben nach unten gelte. Sollte man da in der Runde ein zustimmendes Nicken entdeckt haben?

Vier Etagen tiefer hatte der Aushub zur Verstärkung der Rathaus-Fundamente 170 Ochsenkarren und das Gelände des erweiterten Friedhofes aufgefüllt, erfuhren die Teilnehmer des spannenden Exkurses zum "Tag des offenen Denkmals". Und auch von einer Ausstellung zum Heimatfest 1950 im erst ein Jahr später eröffneten Rathaus, verbunden mit Dr. Mücks "erster Begegnung mit moderner Kunst".

Rückkehr in "Krone" scheiterte

Über spätere Veränderungen bei der Innengestaltung des Rathauses, mit der auch für Veranstaltungen genutzten Ehrenhalle oder der nötigen Vergrößerung des Sitzungssaales konnte der ehemalige Bürgermeister aus eigener Erfahrung ebenso berichten, wie über die aus allen Nähten geplatzte Verwaltung. Dies habe ihre nahe Dependance eigentlich im stattlichen "Kronen"-Gebäude bekommen sollen, das derzeit zu alter Schönheit "erblüht". Einst im städtischen Besitz als Flüchtlingsunterkunft und Volksküche genutzt, sei es in den 1960er Jahren "heruntergekommen" abgestoßen worden und später der Deal mit dem damaligen Besitzer für Verwaltungsräume am Preis gescheitert. Als Alternative wurde das ehemalige Gymnasium zur "Rathaus-Außenstelle".

In weiteren Spaziergängen bot der Geschichts- und Heimatverein interessante Aufschlüsse über den "Luitpoltpark – ein vergessenes Kind im Herzen von Neustadt", über die Baugeschichte sowie den Wandel "Vom Wasserschloss zum Museum" sowie über die "(Um-)Brüche rund um den Plärrer" und schließlich über den "Kulturschatz Köstner-Schmiede".

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