Kritische Töne beim Politischen Aschermittwoch der UWG

15.2.2018, 18:07 Uhr
Kritische Töne beim Politischen Aschermittwoch der UWG

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Für sorgte in der Wilhelmsdorfer "Brennereistuben"Marcus Wehr mit zünftiger Musik, Heringen und pointierten Reden nach dem Muster der Parteien, die sich in den großen Aschermittwochsarenen die "schlagzeilenheischenden Watschen" verpassen. Die UWG begnügte sich mit den kleinen Nadelstichen. Wie etwa Landtagsabgeordnete Gabi Schmidt für die CSU die Obergrenze bei der Landtagswahl bei 37 Prozent markierte: "Das muss langen".

Die einst verheißenen Hochschulen für Neustadt und Bad Windsheim apostrophierte sie ebenso als Wolkenkuckucksheime wie das Gründerzentrum, von dem "keiner in der Branche etwas wusste". Zuvor hatte Schmidt in Bad Windsheim die Lanze für die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung, kurz "Strabs", gebrochen, für die sie eifrig Unterschriften sammelt, um das Volksbegehren zum Erfolg zu führen und die CSU nicht mehr aus dem Wort zu lassen, einen Schlussstrich unter das Schröpfen von Anwohnern zum Nutzen der Allgemeinheit zu ziehen.

UWG-Kreisvorsitzender Helmut Reiß erinnerte an bescheidene Anfänge der zu einer schönen Tradition gewordenen politischen Aschermittwochsabende, 1995 von ihm und dem Kreistagskollegen Gerhard Pfänder und dem damaligen Dachsbacher Bürgermeister Walter Neudecker initiiert. Reiß stellte seine aktuellen Anmerkungen zur Kreispolitik unter das Motto "gleiche Lebensbedingungen in Stadt und Land, öffentlicher Personennahverkehr, ärztliche Versorgung und Region mit besonderem Handlungsbedarf" und stellte fest, dass es "dem Landkreis offensichtlich noch nie so gut ging, wie derzeit". 

Von wegen gleiche Lebensbedingungen

Dies sei der gestiegenen Steuerkraft der Gemeinden und nicht etwa den Schlüsselzuweisungen des Freistaates zu verdanken, "von denen zwei Gemeinden nicht einmal eine abbekommen aber dafür saftige Kreisumlagen zahlen müssen". Der Raum mit besonderem Handlungsbedarf sei eine Frage der Interpretation, so Reiß: "CSU-Wohltaten von Gottes Gnaden" oder "Almosen für wirklich Schwächelnde?" Zu den gleichen Lebensbedingungen innerhalb Bayerns nannte Reiß unter anderem das Stichwort Verdienste, bei denen der Landkreis mit nur wenigen hochqualifizierten Arbeitsplätzen die niedrigsten in ganz Mittelfranken aufweise. "Bei 2.367 Euro Monatseinkommen sind wir das Sorgenkind im Großraum Nürnberg. In Erlangen ist das mit 4486 Euro fast das Doppelte".

Der UWG-Kreisvorsitzende beklagte beim Thema Flüchtlinge den mangelnden Kostenausgleich durch den Staat und das Versagen von Ausbildung und Arbeit. Lieber lasse man die Leute trostlos in Unterkünften versauern, statt ihnen eine Perspektive zu bieten. Nur gut, dass es noch viele freiwillige Helfer gebe sich der Asylbewerber annähmen. "Ihnen möchte ich besonders danken", so Reiß. Den ÖPNV bezeichnete er neben der digitalen Versorgung als „ein brennendes Thema der Zukunft. Hier sei der Landkreis "nicht gut aufgestellt", seien ihm andere Landkreise auch in Mittelfranken "meilenweit voraus".

Drastische Beispiele des ärztlichen Fahrdienstes 

Hier sei dringenderer Handlungsbedarf als für eine "Gesundheitsregion Plus", meinte der Vorsitzende der UWG-Kreistagsfraktion, zumal diese "in keinster Weise gegensteuert, dass die ländlichen Regionen weiter ausbluten", es keine Praxisnachfolger gebe, es sei denn die Gemeinden übernähmen, wie im Fall Uehlfeld, viele Kosten. Wohin der vielgepriesene, auf die vier Bereiche, Ansbach, Rothenburg, Neustadt und Dinkelsbühl ausgedehnt ärztliche Fahrdienst führe, machte er an drastischen Beispielen – Anruf 8.30 Uhr, Arzt kommt um 18.30 Uhr – deutlich und kommentierte die KVB-Prognose einer besseren Versorgung mit "Wers glaubt wird selig".

Reiß kritisierte weiter, dass "die Kommunalen Kliniken so lange gegängelt werden, bis ihnen die Luft ausgeht". Bei klarem Plädoyer der UWG-Kreistagsfraktion für die beiden Kliniken merkte er an, dass das, "was uns hier erwartet, alles andere als rosig" sei. Die voraussichtlichen Betriebsdefizite beliefen sich auf zwei Millionen Euro, mit den Mehrerlösen könnten nicht einmal die Tarifsteigerungen aufgefangen werden. Zum mutmaßlichen neuen Gesundheitszentrum in Bad Windsheim, das bis zum 4. März noch vom Landwirtschaftsministerium in Berlin gefördert wird, merkte Reiß an, dass man für ein solches Projekt sei, "wenn es fundiert vorbereitet, von den Firmen mitgetragen, und von der Politik vor Ort unterstützt wird. Luftschlösser, die uns nicht weiterbringen, brauchen wir aber keine mehr. Deshalb warten wir es ab".

Bürokratie-Wahnsinn angeprangert 

Reiß ging schließlich auch noch auf das Hickhack und das Kommunalwahlrecht in Bayern sowie auf "Förderprogramme und den Bürokratie-Wahnsinn vor Ort" ein, der manch Bürgermeister abschrecke, "wegen der paar Euros und den bürokratischen Monstern etwas anzufangen". Da die staatstragende CSU offensichtlich nur noch auf Druck aus dem Volk reagiere - Beispiele Volksbegehren zum 9-stufigen Gymnasium oder zur Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzungen – teilte Reiß mit vielen Gästen des Politischen Aschermittwoch die Hoffnung, "dass mit dem 14. Oktober 2018 die 'Alleinherrschaft' hier in Bayern ein Ende hat". Die UWG freute sich über den mit überwältigender Mehrheit eroberten zweiten Platz von Gabi Schmidt auf der Liste der Freien Wähler in Mittelfranken zur Landtagswahl und die Kandidatur der Zirndorfer Stadträtin Elke Eder für den Bezirkstag sowie "beachtliche fast 42 Prozent aus dem Nichts" für Jutta Schnappauf-Weiß bei der jüngsten Bürgermeisterwahl in Wilhelmsdorf.

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