Musikalischer Brückenschlag: "Konzerte bei Kerzenschein"

19.5.2014, 16:32 Uhr
Musikalischer Brückenschlag:

© Harald Munzinger

Für Pfarrer Eberhard Hüttmeyer war es ein „schöner Zufall und Gleichklang“ dass die Texte und geistlichen Lieder der Benediktinerin Hildegard von Bingen zu jener Zeit verfasst worden waren, in der die Klosterkirche in Münchsteinach entstand. Sich knapp 900 Jahre von zutiefst christlichen Botschaft durch ihre musikalische Umsetzung inspirieren zu lassen, bot das Konzert eine ebenso spannende wie tief berührende Gelegenheit.

Das „Ensemble Cosmedin“ hat sich der überlieferten Sammlung von 77 liturgischen Gesängen und der visionären Gedanken in Dichtungen und Briefen einer der bedeutendsten Universalgelehrten des Mittelalters auf seine ganz eigene, nicht museal reproduzierende Art angenommen und stellt fest, dass Hildegard von Bingens „Zeitgenossen gleichermaßen von ihr fasziniert waren, wie Menschen, die heute nach spiritueller Orientierung, Ganzheit und Heilung suchen“.

Mystische Zeitreise

Beim langen Nachschwingen der Röhrenglocken ließ Stephanie Haas, von der Fachwelt als eine der großen Hildegard-Sängerinnen unserer Zeit gewürdigt, das erste Lied vom Altar erklingen, um damit in dem vom flackernden Kerzenlicht mystisch beleuchteten Münster jene Eindringlichkeit spüren zu lassen, mit der Hildegard von Bingen ihre Botschaften versehen hatte. Sei es an die Menschen gewesen, die sie schon zu Lebzeiten als Heilige verehrt hatten, oder an Mächtige in Politik und Kirche mit prophetischen Mahnungen.

Musikalischer Brückenschlag:

© Harald Munzinger

Die Sängerin mit ihrer ausdruckstarken Stimme und ihr Partner, der sie subtil begleitende Komponist und Musiker Christoph Haas, boten den Zuhörern mit Textauszügen Zugänge zu den Inhalten des Konzertes „Du aber sei ohne Angst“, auch wenn der besondere Reiz der teilweise orientalisch anmutenden, magischen Klangbilder für sich schon Jahrhunderte überbrücken, das Jetzt vergessen lassen sollte. Sei es, dass zum Schellentamburin heiter getanzt wurde (im Mittealter durchaus in der Kirche üblich), sich der dampfe Schlag der Rahmentrommel durch das Kirchenschiff zog, der hauchfein zweifach gestrichene Psalter oder die ebenso zart angeschlagene  Langhalslaute zum kräftigen, eindringlichen Gesang erklangen, „Schläge“ der Röhrenglocke endlos schwangen, sich Glöckchen oder ein heller Ton der Zimbel „einmischten“. Mal folgte man in beflügelter Fantasie dem Flug der Vögel, ließ sich in brausendes Flohlocken ein, genoss „die Heiterkeit der ewigen Freude“ oder vernahm lieblich tönenden Gesang.

Auszüge an „hohe Herren“

Zwischen Liedbeiträgen aus der Sammlung der liturgischen Gesänge aus dem Mittelalter und Kompositionen von Christoph Haas zitierte das Paar aus Briefen der Hildegard von Bingen an die Prälaten von Mainz oder an den Abt Manegold von Hirsau im schwerer Zeit von Konflikten und Verunsicherung. So entstand eine emotionale Zeitreise mit Gedankensplittern an Münchsteinach in der Phase des Kirchenbaues und an jene visionäre Ordensfrau mit Einflüssen auch in die (Kloster-)Medizin.

Die „Festlichen Konzerte bei Kerzenschein 2014“ sollten mit dem "Ensemble Cosmedin" einen außergewöhnlichen Auftakt erleben, nach dem Stephanie und Christoph Haas sich über langanhaltenden Applaus freuen konnten. Während die über 300 Kerzen im Münster gelöscht wurden, war Christoph Haas von Gästen umringt, die sich über seine ganz spezielle Instrumentierung informieren ließen und dabei von der speziellen Neigung des Paares für die Musik des Mittelalters erfuhren, mit der sie schon auf internationalen Bühnen faszinierten.

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