Neustadt feiert 40. "Sitzung für Menschen mit Handicap"

12.2.2017, 17:48 Uhr
Neustadt feiert 40.

© Harald Munzinger

Diese waren mit Institutionen der Behindertenarbeit bis aus Nürnberg angereist und boten überwiegend originell kostümiert und geschminkt auch im Zuschauerraum ein fröhlich-buntes Bild der Sitzung, in der Ehrenpräsident Heinz Haffki bei der Verleihung des "Rollstuhlordens" an Elferrat Volker Dresslein an die Anfänge einer Tradition erinnerte, auf die er sich stolz zeigte und dies auch die Neustädter "Geißböcke" sein können.

Entstanden war sie aus einer "Schnapsidee" von Heinz Haffki als damaliger Sitzungspräsident und dem Neustädter Franz Fischer, Vorsitzender der Selbsthilfe Körperbehinderter e. V. im Bereich Nürnberg-Fürth, nach einem Auftritt in der Neustädter Festhalle. Von ihr hatte sich Vorsitzender Werner Seeberger begeistern lassen, so dass 1977 die erste Sitzung für "Menschen mit Handicaps" inszeniert wurde, damals in Losaurach mit dem einzigen behindertengerechten Wirtshaussaal. Nach "Rollstuhlsitzungen" in Fürth und Nürnberg habe man in der "Alten Turnhalle" in Neustadt einen festen Platz gefunden, zeigte Ehrenpräsident Haffki die "40 Jahre Rollstuhlorden" auf.

Dabei konnte er an namhafte Träger der ganz besonderen Auszeichnung für Menschen verweisen, die sich um die Integration behinderter Menschen ins Zentrum der Gesellschaft verdient gemacht haben und dafür mit dem von Geißbock-Elferrat Walter Bartl gestalteten "Goldenen Rollstuhlorden" ausgezeichnet wurden.

Die lange Liste führen die Minister Dr. Werner Dollinger und Renate Schmidt, Landtagspräsidentin Barbara Stamm und MdL Hans Herold, der Vorsitzende des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter, Eduard Knoll und Altlandrat Robert Pfeifer an, der den Orden auch als Vorsitzender der Lebenshilfe im Landkreis trägt, Menschen mit Handicaps neue Perspektiven eröffnete. Ferner die schwerbehinderte Künstlerin Elfriede Zehelein oder die FCN-Behindertenbeauftragte Rosi Friedrich und Hermann Veeh, Erfinder der nach ihm benannten Harfe für behinderte Menschen, Kinder und Senioren.

Geißböcke leben seit jeher Inklusion

"Goldene Rollstuhlorden" waren auch den Schriftstellern Luise Habel und Ernst Klee verliehen worden, die den Fokus auf die Menschen mit Handicaps richteten, als die Welt noch weit davon entfernt war, Inklusion als Menschenrecht zu verankern, diese aber schon lange von der Neustädter Fastnachtsgesellschaft gelebt wurde. Sie nimmt diese Menschen gleichberechtigt an, "egal wie unterschiedlich sie auch sind", lässt sie "selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen", auch wenn die UN-Behindertenrechtskonvention 2008 in ihrer Charta wohl kaum an das närrische Treiben gedacht haben dürfte.

Da aber eben auch dieses Teil des gesellschaftlichen Lebens ist, ziehen die Neustädter "Geißböcke" für die "Menschen mit Handicaps" alle Register des Frohsinns und zeichneten mit Volker Dresslein einen dieser Menschen mit dem 40. "Goldenen Rollstuhlorden" aus. Er behauptet sich trotz seines Handicaps erfolgreich im Berufsleben, ist ganz selbstverständlich Teil der großen Geißbockfamilie und bringt sich, wo immer die geht, aktiv ein. Zur Ehrung trug Volker Dresslein die Elferratsrobe.

Mit dem Glückwunsch verband Sitzungspräsident Holger Wesp die mit viel Beifall quittierte Versicherung, dass man die Tradition dieser "Kostüm-Sitzungen" noch viele Jahren fortsetzen werde, da es einen Riesenspaß mache, mit diesen Gästen zu feiern. Unter ihnen verlieh er Altlandrat und Ehrensenator Robert Pfeifer den Sessionsorden ebenso wie Bürgermeister Klaus Meier, der FCN-Behindertenbeauftragten Rosi Friedrich als treuem Gast dieser Sitzungen und stellvertretendem Landrat Bernd Schnizlein, Behindertenbeauftragter der Kreisstadt. Die Behinderten im Landkreis vertrat deren Beauftragte Bianca Meyerhöfer-Klee. 

Turbulente Bühnenshow präsentiert

Von zahlreichen Geißbock-Service-Geistern liebevoll betreut, erlebten die Gäste eine turbulente Bühnenshow, bei der sie die "Wieberle", Kinder- und Jugendgarde ebenso bei ihren temperamentvollen Darbietungen klatschend begleiteten, wie die "Geißlein" oder "Hupfer", die Starparade der "Wum’s 2.0" und Tanzmariechen Christina Faust. Natürlich erwiesen die Hoheiten Tabea Fösel und Pascall Fraaß mit ihrem Hofstaat ihrem närrischen Volk die Ehre, das in der Bütt die jugendliche Revoluzzerin Tamara Rosner ebenso begeisterte, wie Franziska Popp und Niklas Steziwka mit ihrer köstlichen Persiflage auf die TV-Quizshows.

Ramona Rupprecht, ein Talent der Markt Bibarter Faschingsgesellschaft seit früher Jugend, bringt seit vielen Jahren im Rollstuhl Inklusion auf die Bühne und sorgte diesmal mit allerlei Handicaps in der Fahrschule für eine Zwerchfellmassage ebenso wie der "zertifizierte Franke" Heinz Haffki, der seinen Volksstamm herrlich auf die Schippe zu nehmen versteht. Ob lokales Geschehen oder Eheinternas, das Geißbock-Traumpaar "Harry und Marie" betrachtet dies durch die Humorbrille und setzt Pointe auf Pointe, wofür Vorsitzende Sylvia Seeberger und Harry Steziwka einmal mehr der Lacherfolg sicher war.

Die Begeisterung am Ende der heiteren Parade war für Präsident Holger Wesp, wie auch für das Vorstandsduo Sylvia Seeberger und Michael Eckendörfer Verpflichtung, in zwei Jahren wieder zur "Sitzung für Menschen mit Handicap" einzuladen. Nur ein Jahr müssen die Senioren auf so unvergessliche Stunden warten, wie sie ihnen die "Fastnachtsgesellschaft Geißbock" erneut bei der "Seniorensitzung" am Wochenende bot.

Beim "närrischen Doppelpack" wurden ebenfalls alle Register des Frohsinns gezogen. Schon zuvor war bei Kurzsitzungen in den beiden Heimen jenen Senioren Freude bereitet worden, die ihrer Einladung in die "NeuStadtHalle" nicht folgen konnten.

Neben ihrer erneut eindrucksvoll demonstrierten äußerst aktiven und erfolgreichen Jugendarbeit genießen die "Neustädter Geißböcke" für ihr soziales Engagement hohes Ansehen im Fastnachtsverband Franken.

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