Schlachtfest: Eichelmastschweinen geht es an den Kragen

10.10.2014, 18:55 Uhr
Schlachtfest: Eichelmastschweinen geht es an den Kragen

© Harald Munzinger

Welcher Genuss sich damit verbindet, weiß man in der Hutewaldgemeinschaft der Emskirchner Ortsteile Gunzendorf und Elgersdorf und bei deren zahlreichen Gästen, die bisher nur zum Schlachtfest am Waldrand eingeladen waren. Ein paar Meter von der Hutung entfernt, in der die Schwäbisch Hällischen Schweine aufgewachsen sind. In freier Natur und mit dem was sie ihnen an Nahrung bietet. Ab Anfang September sind das ausschließlich Eicheln, mit Äpfeln oder Pilzen “zum Dessert”.

Man müsse also nicht Schweine von Holland zum Schlachten nach Italien karren, um dann das Fleisch nach Deutschland zu importieren, macht für Kempe die Rückbesinnung auf die Hutungen deutlich, in die einst das Vieh vom Kuh- oder Schweinehirten getrieben worden war. In einer Zeit, in der sich noch nicht das Fleisch aus aller Herren Länder in Kühltheken und Gefriertruhen der Supermärkte “stapelte”, der Mensch noch mit und von der Natur lebte.

Traditionelle Tierhaltung

Zu erkennen sind die Hutungen an der besonderen Anlage der Eichenwälder, die bei einer Pflanzaktion zwischen Gunzendorf und Elgersdorf aufgefallen und dies der Anstoß gewesen war, es einmal mit dieser traditionellen Tierhaltung zu versuchen. Die Idee von Förster Gernot Käser wurde von Bürgermeister Harald Kempe und vier Waldbesitzern aufgegriffen, das Projekt von Forst- sowie Veterinäramt begrüßt und eine Hutewaldgemeinschaft (GbR) gegründet.

Aus anfänglicher Neugierde ist bei Harald Kempe, Gernot Käser, Karl Steger, Helmut Reidlingshöfer, Thea Götz und Sabine Schönleben-Nöhring (mit Kempe Vertretungsberechtigte der GbR) längst Begeisterung geworden. Und nicht nur beim “harten Kern” des Projektes, hinter dem auch die Dorfgemeinschaften von Gunzendorf und Elgersdorf stehen, “da sind, wenn man sie braucht”, wie es Käser bewundernd berichtet.

Der Kreis der Unterstützer hat sich auf jene ausgedehnt, die den “Hergottswinkel“ am Hutewald mit der großen Aussichtskanzel und der einladenden Sitzgruppe für ein abendliches Vesper entdeckt haben. Sie kommen nicht nur mit ihrer Brotzeit, haben Eicheln und Äpfel für die Schweine “im Gepäck“.

Auch wenn es im anderthalb Hektar großen Eichenwald heuer reichlich Eicheln gibt, ist das “Zusatzfutter” für die Rotte mit ihrem reichlichen Appetit willkommen, kehrt Sabine Schönleben-Möhring auch in anderen Wäldern Eicheln zusammen. Ruft sie “Hutsch, Hutsch” in den Wald, traben die im Mai als kräftige Ferkel eingesetzten und heute rund drei Zentner schweren Schweine in einem Tempo an, als würde sie Rennschwein Rudi Rüssel anführen.

15 Schwäbisch Hällische sind es, die außerhalb ihres Zuchtzentrums im nahen Württemberg nur schwer zu bekommen sind, sich aber als robuste alte Landrasse besonders für die Hutung eignen. Dazu kamen vier “Deutsche Angler”, ebenfalls eine der Rassen, die von den Züchtungen schnellwachsender und damit gewinnträchtigerer Artgenossen verdrängt wurden.

Feiner nussiger Geschmack

Wer allerdings erst einmal festes Fleisch von Eichelmastschweinen mit seinem feinen nussigen Geschmack gekostet hat - “das nicht in der Pfanne zusammenschnurrt“ - sollte eigentlich auf den von Harald Kempe beschworenen Geschmack für die Regionalprodukte kommen, ist man in der Hutewaldgemeinschaft überzeugt.

Sie machte Monika Haidle und Birgit Stark neugierig auf einen interessanten Versuch des ersten “Hutewaldschwein-Schlachtfestes” in der Kreisstadt, zu dem am Donnerstag, 16. Oktober, ab 11 Uhr ins Wirtshaus “Scharfes Eck” eingeladen wird. Die beiden Wirtinnen hätten bei einem Besuch im Gehege nahe Gunzendorf am liebsten eines der kräftigen Borstentiere “totgestreichelt”, können aber nach der Schilderung von Förster Käser sicher sein, dass deren letzte Stunde nicht im Massenbetrieb eines Schlachthofes schlagen wird.

Der Forstmann, der Bürgermeister und die WaldbesitzerInnen wissen, wovon sie reden, wenn sie zu diesem Schlachtfest und einem weiteren am 23. November in Volker Holzwarths Rennhofener “Baumhaus” einen besonderen Genuss verheißen. Schließlich kommt bei ihnen nun schon im zweiten Jahr kein anderes Schweinefleisch mehr auf den Tisch, das auch jene zu schätzen wissen, die “ihr” Eichelmastschwein schon längst geordert haben.

Bestand wird nicht erhöht

Auch wenn die Nachfrage stetig steigt, wird man im Hutewald bei Gunzendorf den Besatz nicht erhöhen, wo nun der Waldboden bis zum Frühjahr regeneriert, ehe ihn wieder Schweinerüssel “umpflügen”. Allerdings gäbe es im Landkreis noch weitere Hutungen, in denen man dem gelungenen Beispiel folgen könnte. Auch wenn viele Eichwälder für die Schwellen zum Eisenbahnbau geopfert worden sind oder dem Kartoffelanbau weichen mussten, wie Hans Herrmann Nöhring viel über die Natur und deren Wandel auch im Zusammenhang mit der Tierhaltung zu berichten weiß.

Ehefrau Sabine Schönleben-Nöhring sieht den Schlachtterminen mit gemischten Gefühlen entgegen, baue man doch in der langen Zeit eine Beziehung zu den Tieren auf. Ihnen Namen zu geben, vermeidet sie, “sonst könnte ich sie nicht essen”. Auch so werden wohl einige Tränen fließen gesteht die mit beiden Beinen im harten Landwirtschaftsleben stehende Frau, ruft erneut “Hutsch,Hutsch” in den Wald, in den die Rotte bei einem unbekannten Geräusch geflüchtet war. Rasch folgen die Tiere ihrer vertrauten Stimme aber wieder an den “Futtertisch”, an dem es beim “fotogenen Wirtebesuch” eine Sonderration Eicheln geben sollte.

Keine Kommentare